Seyne-les-Alpes/Berlin/Hamburg. Trauergottesdienst für Absturzopfer in Haltern. Deutsche Experten trafen am Unglücksort ein. Wirbel um Absturzvideo.
Haltern trauert - eine Woche nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in Frankreich kommen die Menschen der Stadt zu einem öffentlichen Gottesdienst zusammen. Um 17 Uhr begann der Gottesdienst mit Pfarrern der katholischen und der evangelischen Kirche sowie dem Halterner Bürgermeister Bodo Klimpel in der St.-Sixtus-Kirche. Es wurden viele Teilnehmer erwartet, deshalb wurde der Gottesdienst über Lautsprecher auch nach draußen übertragen. Unter den Opfern der Tragödie sind 16 Schüler und zwei Lehrerinnen eines Halterner Gymnasiums.
An der Absturzstelle in den französischen Alpen wurde am Mittwoch damit begonnen, persönliche Gegenstände der Toten zu sichern. Die Bergung der Opfer wurde nach Angaben der Gendarmerie am Dienstag abgeschlossen. Bis spätestens Ende der Woche sollen alle Opfer identifiziert sein. Außerdem geht die Suche nach dem Flugdatenschreiber weiter.
Der Airbus war am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf an einer Felswand in Frankreich zerschellt. Der 27 Jahre alte Co-Pilot wird verdächtigt, seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine mit Absicht in die Katastrophe gesteuert zu haben. Nach Erkenntnissen der Ermittler war er vor Jahren suizidgefährdet. Für den Unglückstag war er krankgeschrieben.
Schwere Flugunglücke der vergangenen Jahre
Die Verkehrsfliegerschule der Lufthansa wusste während der Ausbildung des Mannes, dass er früher an Depression gelitten hatte. In einer E-Mail habe der damalige Flugschüler 2009 im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme seiner Ausbildung die Fliegerschule über eine „abgeklungene schwere depressive Episode“ informiert, hieß in einer Mitteilung des Unternehmens am Dienstagabend.
Abendblatt.de hält Sie über die Folgen von Unglücksflug 4U 9525 auf dem Laufenden:
Suche in Absturzregion konzentriert sich auf Flugschreiber
20.16 Uhr: Bei den Arbeiten in der Absturzregion konzentrieren sich die Experten am Donnerstag auf die Suche nach dem zweiten Flugschreiber. Die Blackbox mit den Flugdaten wurde in der ersten Woche nach dem Unglück noch nicht gefunden. Sie soll weiter Aufschluss geben über die Abläufe im Airbus A320 vor dem Absturz. Die Suchtrupps setzen zudem die Bergung von Teilen der zerstörten Maschine fort. Dabei werden erstmals auch zwei Hubschrauber der Bundeswehr eingesetzt. Die Hubschrauber waren am Mittwoch im baden-württembergischen Niederstetten gestartet. Frankreich hatte um die Hilfe der Bundeswehr gebeten. Auch ein Ermittlerteam aus Düsseldorf ist an der Absturzstelle.
Haltern gedenkt der Opfer in Trauergottesdienst
19.05 Uhr: In einer ökumenischen Gedenkfeier in Haltern am See haben Hunderte von Trauernden Abschied von den Opfern genommen. „Wir können einander stützen, miteinander weinen und füreinander da sein“, sagte der katholische Priester Martin Ahls zu Beginn der Feier. „Verstehen können wir es nicht“, fügte der Theologe in der voll besetzten St.-Sixtus-Kirche hinzu. Unter den Absturzopfern waren 16 Schüler und zwei Lehrerinnen aus Haltern. Der evangelische Pfarrer Karl Henschel sagte: „Ich hab bisher noch nicht gewusst, dass eine Stadt trauern kann, aber jetzt erlebe ich es, in der Kirche, auf der Straße, beim Einkaufen.“ Nicht jeder sei direkt betroffen, aber jeder hier kenne jemanden, der betroffen sei und jeder gebe seiner Trauer und seiner Suche nach Trost eine besonderen Ausdruck. Das geschehe in der Stille, im Niederlegen von Blumen, in Gesprächen, in einer Umarmung. Mancher sei so traurig, dass er noch keinen Trost finde.
Dobrindt berät mit Luftfahrtbranche über Germanwings-Absturz
18.34 Uhr: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will mit Spitzenvertretern der deutschen Luftfahrtbranche über die Situation nach dem Germanwings-Absturz beraten. Bei dem Treffen an diesem Donnerstag in Berlin soll es um die vorliegenden Erkenntnisse und mögliche Schlussfolgerungen gehen. Erwartet werden Chefs mehrerer Fluggesellschaften und von Verbänden. Dobrindt und der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Fluggesellschaften, Klaus-Peter Siegloch, wollen sich nach dem Gespräch (11.30 Uhr) äußern. Als Reaktion auf den Absturz hatten die deutschen Airlines bereits entschieden, dass immer zwei Personen im Cockpit sein sollen.
Auswärtiges Amt korrigiert deutsche Opferzahl
17.46 Uhr: Unter den 150 Toten waren weniger Deutsche als bisher angenommen. Das Auswärtige Amt korrigierte am Mittwoch die Zahl von 75 auf 72 herunter. Der Grund für die späte Berichtigung der Zahl ist, dass es ursprünglich Unklarheiten bei den Passagieren mit doppelter Staatsangehörigkeit gab.
Trauergottesdienst in Haltern hat begonnen
17 Uhr: Um kurz vor 17 Uhr begannen die Glocken der St.-Sixtus-Kirche in Haltern zu läuten. Sie riefen die Trauernden zusammen. Dann begann der Trauergottesdienst für die 16 Schüler und die zwei Lehrerinnen aus der Stadt, die bei dem Flugzeugabsturz ihr Leben verloren. Schon um 16.30 Uhr war die Kirche voll. Doch vor der Kirche sind Lautsprecher aufgestellt, so dass Trauernde den ökumenischen Gottesdienst auch vor der Kirche verfolgen können.
Ermittler der Sonderkommission "Alpen" an Absturzort eingetroffen
14.30 Uhr: Das Ermittlerteam der Sonderkommission „Alpen“ aus Düsseldorf ist am Mittwochmittag an der Absturzstelle angekommen. Unter ihnen ist auch der Chef, Roland Wolff. Der 55-Jährige gilt als erfahrener Polizeiführer, hat schon viele wichtige Ermittlungsverfahren und große Einsätze geleitet. Man wolle „schnellstmöglich Gewissheit über die Umstände des Unglücks erlangen“, versicherte Wolff. An seiner Seite ist außerdem ein Spezialist des Landeskriminalamts für lasergestützte Tatortvermessung und digitale Spurenkarten.
Ministerium will vor möglichen Konsequenzen Ermittlungen abwarten
14.20 Uhr: Das Bundesverkehrsministerium will vor Entscheidungen über mögliche Konsequenzen für die Pilotenauswahl die weiteren Ermittlungen abwarten. Die bestehenden Anforderungen an die Flugtauglichkeit von Piloten bei Bewerbungen und den jährlichen Überprüfungen seien hoch, sagte eine Sprecherin am Mittwoch in Berlin. Zunächst sei nun wichtig zu sammeln, was an Erkenntnissen zusammengetragen werde. Diese seien in Ruhe auszuwerten, um dann möglicherweise Schlüsse aus den Ergebnissen zu ziehen.
Kinos warnen Zuschauer vor Szenen in "Wild Tales" wegen Parallelen zum Absturz
12.42 Uhr: Wegen frappierender Parallelen zum Absturz der Germanwings-Maschine haben mehrere britische Kinos den argentinischen Film "Wild Tales" mit einem ausdrücklichen Warnhinweis versehen. Der Film enthalte Szenen, die einige Zuschauer nach dem Absturz vom 24. März verstören könnten, hieß es auf der Internetseite der Kinokette Curzon. Die Filmförderung British Film Institute wies ausdrücklich daraufhin, dass der Film reine Fiktion und alle Ähnlichkeit rein zufällig sei.
Der Episodenfilm des argentinischen Regisseurs Damián Szifrón war am Freitag in die britischen Kinos gekommen. In einer der Kurzgeschichten entdecken die Passagiere eines Flugzeugs nach und nach, dass sie mit dem Flugbegleiter bekannt waren und ihm in irgendeiner Weise Leid zugefügt haben - dieser verschanzt sich im Cockpit und will die Maschine zum Absturz bringen.
Versicherer sagen schnelle und faire Regulierung zu
11.53 Uhr: Das Versicherungskonsortium hat unter Führung der Allianz eine umfassende, faire und schnelle Bearbeitung der Schäden zugesagt. „Dabei wird eine enge Abstimmung mit den Angehörigen der Passagiere sowie deren Vertretern erfolgen“, erklärte der Industrieversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) am Mittwoch in München. Jeder Schadenersatzanspruch werde individuell geprüft. Angesichts der schwierigen Umstände werde die Bewertung jedes Einzelfalls allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen.
Zugleich bestätigte AGCS, dass ein vorläufiger Betrag von rund 300 Millionen Dollar (rund 279 Mio Euro) zurückgestellt worden sei, um alle Ansprüche und Kosten zu decken, die sich aus den Luftfahrtversicherungen ergeben. Diese „erste, vorläufige Reserve“ umfasse sowohl Entschädigungszahlungen an die Angehörigen der Passagiere als auch den Versicherungswert des Flugzeugs. Außerdem sei die Reserve für weitere Kosten etwa für Sicherungsmaßnahmen und Untersuchungen am Absturzort, für die rechtliche Unterstützung und Betreuung der Angehörigen vorgesehen.
Lufthansa-Chef verspricht Opfern Hilfe solange wie nötig
11.45 Uhr: Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat den Opfern zugesagt, dass beide Unternehmen solange wie nötig Hilfe leisten werden. „Wir helfen nicht nur diese Woche. Wir möchten solange helfen, wie Hilfe benötigt wird“, kündigte er bei einem Besuch mit Germanwings-Chef Thomas Winkelmann am Mittwoch in Le Vernet nahe der Absturzstelle in den französischen Alpen an. Zu den am Vorabend bekanntwordenenen neuen Details über die Erkrankung des Co-Piloten äußerte sich Spohr nicht. Der Konzernchef dankte allen Einsatzkräften, Helfern und den Menschen im Absturzgebiet erneut für ihre Unterstützung. Er zeigte sich „tief beeindruckt von der Professionalität, der Energie, dem Mitgefühl und der Sympathie“.
Südkorea ändert Cockpit-Regeln
10.56 Uhr: Als Folge des Absturzes hat nun auch Südkorea neue Regeln für die Besetzung des Cockpits eingeführt. Es werde verlangt, dass sich ständig mindestens zwei Crew-Mitglieder im Steuerbereich der Flugzeuge befinden müssten, teilte das Verkehrsministerium des Landes am Mittwoch mit. Die Vorschrift "Rule of two" trete sofort in Kraft. Betroffen seien unter anderem Korean Air Lines, Asiana Airlines und Billiganbieter wie Jeju Air. Südkorea folgt damit dem Vorbild vieler Fluggesellschaften, die diese Regel nach dem Unglück eingeführt hatten, darunter auch die Lufthansa und Air Berlin.
Wirbel um angebliches Absturzvideo
Staatsanwalt fordert Herausgabe von mutmaßlichem Absturzvideo
10.30 Uhr: Die französische Justiz hat die Herausgabe des Videos gefordert, das die letzten Sekunden im Inneren der abgestürzten Germanwings-Maschine zeigen soll. "Wenn eine Person ein solches Video besitzen sollte, muss sie es umgehend den Ermittlern übergeben", erklärte der zuständige Staatsanwalt von Marseille, Brice Robin. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liege den Ermittlern kein Video vor, das den Absturz des Airbus A320 zeige. Es seien eine Reihe von Handys gefunden worden, die noch ausgewertet würden. Sie seien aufgrund des Aufpralls aber in einem sehr schlechten Zustand. „Ich weiß nicht, ob sie ausgewertet werden können“, so Robin. Die "Bild"-Zeitung und das französische Magazin "Paris Match" hatten berichtet, ein solches Video sei auf einem am Absturzort gefundenen Speichermedium entdeckt worden.
Chefs von Lufthansa und Germanwings besuchen Absturzort
10.01 Uhr: Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Germanwings-Geschäftsführer Thomas Winkelmann haben am Mittwoch den Unglücksort besucht. Mit einem Hubschrauber flogen die Airline-Chefs am Vormittag zu der nahe der Absturzstelle gelegenen Ortschaft Seyne-les-Alpes, von wo aus die Bergungsarbeiten geleitet werden. Dort sprachen sie mit Einsatzkräften. Anschließend wollten Spohr und Winkelmann in der nahegelegenen Ortschaft Le Vernet an einer Gedenktafel der 150 Opfer der Flugzeugkatastrophe gedenken. Geplant ist auch eine Pressekonferenz.
Medienberichte über Video von letzten Momenten des Germanwings-Flugs
8.48 Uhr: Über die letzten Augenblicke an Bord vor dem Absturz ist Medienberichten zufolge ein Video aufgetaucht. Die Gendarmerie bezeichnete entsprechende Angaben des Magazins „Paris Match“ und der „Bild“-Zeitung allerdings als „vollkommen falsch“. Auf der Internetseite von „Paris Match“ hieß es, auf dem nur wenige Sekunden dauernden Video seien „Oh, mein Gott“-Rufe in mehreren Sprachen zu hören. Laut der "Bild"-Zeitung sind die Aufnahmen stark verwackelt. Einzelne Menschen seien nicht zu identifizieren. Das Video wurde demnach im hinteren Teil des Germanwings-Fliegers aufgezeichnet. Gefunden wurde das Speichermedium laut "Bild" von jemandem aus dem "Kreis der Ermittler".
„Paris Match“ und „Bild“ zufolge stammt das Video von einem am Absturzort gefundenen Handy. Der Vertreter der Gendarmerie, Jean-Marc Ménichini, bestritt die Angaben in einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN. Die Ermittler hätten die am Absturzort gefundenen Handys noch nicht ausgewertet. Die Geräte würden im Zuge weiterer Untersuchungen an ein spezialisiertes Institut in Rosny-sous-Bois bei Paris geschickt.