Düsseldorf. Nutzerin wegen Link auf Text und Foto abgemahnt. Anwälte verlangen mehr als 1000 Euro. Viele Facebook-Nutzer sind jetzt verunsichert.
Dass im Internet viele Fallen lauern, ist den meisten Nutzern bewusst. Selbst harmlos scheinende Aktionen können mitunter unabsehbare Folgen haben. Zum Beispiel das Anklicken des „Teilen“-Buttons. Das tun jeden Tag Millionen Surfer. Sie wollen einen interessanten Beitrag auf einer Webseite über ein soziales Netzwerk wie Facebookan Freunde und Bekannte weitergeben. Zu diesem Zweck platzieren die meisten Seitenbetreiber neben jedem Artikel eine Schaltfläche in Facebook-Blau. Klickt man darauf, wird ein Link erstellt und automatisch mit einem Vorschaubild versehen – in der Regel ein Foto oder eine Grafik aus dem Originalbeitrag im Miniaturformat.
Genau das wurde nun der Inhaberin einer Fahrschule zum Verhängnis. Sie hatte einen auf „Bild.de“ veröffentlichten Beitrag geteilt, in dem es um dem gefälschten Führerschein des Borussia-Dortmund-Stars Marco Reus ging. Der Fotograf, der den Fußballer beim Aussteigen aus seiner Luxuskarosse festgehalten hatte, war mit dieser Art der Veröffentlichung seiner Arbeit nicht einverstanden. Beim Einbauen des Vorschaubildes in die Facebook-Statusmeldung wird der Name des Urhebers nämlich automatisch entfernt. Streng genommen ein Bruch des Urheberrechts, das der Nutzer billigend in Kauf nimmt. Mehr als 1000 Euro verlangten die Anwälte des Geschädigten im Fall des Reus-Fotos.
Zu einer Klage kam es allerdings nicht. Stattdessen wird derzeit ein ausgerichtlicher Vergleich angestrebt. Bei Facebook-Nutzern macht sich nun Unsicherheit breit: Was darf man überhaupt noch teilen, ohne Gefahr zu laufen, zur Kasse gebeten zu werden?
Der Düsseldorfer Anwalt Michael Terhaag ist ein renommierter Experte für IT-Recht. Er hält die Abmahnung gegen die Fahrschulbetreiberin im Grundsatz für berechtigt. Beim Teilen auf Facebook liege juristisch gesehen eine Vervielfältigung vor. Anders als etwa bei in Webseiten eingebetteten Videos bleiben Vorschaubilder auf Facebook nämlich auch dann noch gespeichert, wenn das Original von der ursprünglich verlinkten Seite gelöscht wurde. „Grundsätzlich“, so Terhaag, „sind zwei Rechtsansprüche zu unterscheiden: das des Abgebildeten und das des Urhebers. Beide können darauf bestehen, dass diese Rechte gewahrt werden.“ Im Internet und insbesondere auf Facebook bewege man sich in einem öffentlichen Bereich. Mit dem Weitergeben von Bildern oder Texten gehe deshalb stets ein gewisses Risiko einher. „Die gängige Argumentation, man stelle nur eine erlaubte Privatkopie her, greift hier nicht“, so Terhaag.
Die Prophezeiung, dass jetzt eine Flut von Klagen über arglose Facebook-Nutzer hereinbricht, hält der Experte dagegen für „blanken Unsinn“ und „Panikmache“. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte. „Im Fall der Fahrschulbetreiberin ist die Rechtslage schon insofern anders, als sie mit dem Teilen der Reus-Meldung ganz offensichtlich auch werbliche Zwecke verfolgt hat.“ Da die süffisante Anspielung auf den gefälschten Führerschein auf die Rechnung des Kickers ging, hätte sich im Grunde auch dieser dagegen verwahren können. „Die Grenzen sind hier natürlich fließend, man wird deshalb immer den Einzelfall betrachten müssen.“ Wer auf Nummer sicher gehen will, kann das Vorschaubild einfach entfernen. Zum Beispiel, indem er nur den betreffenden Link aus der Adresszeile des Browsers in seine Facebook-Statuszeile kopiert und das Bild weglässt.