Wollte der Täter die Gewalt gegen Schwarze rächen? Die Warnung vor dem Mann kam zu spät. Der Polizistenmörder flüchtete in die New Yorker U-Bahn und starb auf dem Bahnsteig.
New York. Die Ermordung von zwei Polizisten in New York erschüttert die USA und wirft Fragen zum Motiv des Täters auf. Ein 28-jähriger Afroamerikaner tötete am Sonnabend zwei in ihrem Streifenwagen sitzende Beamte mit Kopfschüssen. Er sei plötzlich an der Beifahrerseite des Autos erschienen und habe ohne Vorwarnung durch das Fenster auf die Männer gefeuert, sagte Polizeichef William Bratton. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio sagte, die Tat habe einer Exekution geähnelt. Zunächst war unklar, ob sich der Mann für Opfer von Polizeigewalt rächen wollte. US-Präsident Barack Obama verurteilte die Ermordung scharf.
Laut Polizeichef Bratton hatten die beiden Beamten keine Chance, sich zu verteidigen. Der mutmaßliche Täter flüchtete den Angaben zufolge nach dem Anschlag im Stadtbezirk Brooklyn in eine nahe gelegene U-Bahn-Station. Er sei von anderen Polizisten verfolgt worden und habe sich dann auf einem Bahnsteig mit einem Schuss in den Kopf selbst getötet.
Von den beiden Opfern des 28-Jährigen in New York war eines asiatischer Herkunft, der andere Mann ein Lateinamerikaner. Bratton sagte, der mutmaßliche Täter habe in einem sozialen Netzwerk Kommentare hinterlassen, die gegen die Polizei gerichtet gewesen seien. Aufschluss über das genaue Motiv müssten aber die anstehenden Ermittlungen liefern.
Der Doppelmord trifft New York in einer Zeit des Aufruhrs über Polizeigewalt gegen schwarze Mitbürger. Nach dem Tod des Afroamerikaners Eric Garner, der bei einer Festnahme nach einem Würgegriff eines weißen Polizisten starb, demonstrierten Tausende auf den Straßen der Millionenmetropole. Zuvor hatten auch die Todesschüsse eines weißen Polizisten auf den unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Michael Brown in Ferguson (US-Bundesstaat Missouri) landesweite Proteste nach sich gezogen.
Die „New York Post“ berichtete von einer Nachricht, die der mutmaßliche Täter bei Instagram veröffentlicht haben soll. „Sie nehmen 1 von uns... Lasst uns 2 von ihnen nehmen“, habe er geschrieben. Die Nachricht ist allerdings nicht mehr im Original zu lesen, das Profil wurde gesperrt.
US-Justizminister Eric Holder verurteilte das Attentat auf die beiden Beamten. Es sei ein „unsäglicher Akt der Barbarei“. Präsident Obama erklärte laut einer Mitteilung des Weißen Hauses: „Die Beamten, die unseren Gemeinden dienen und sie beschützen, riskieren für uns jeden Tag ihre Sicherheit“. Dafür verdienten sie Respekt und Dankbarkeit. „Ich bitte die Menschen darum, Gewalt und Wörter zu verdammen, die verletzen“.
Die Familie des Jugendlichen Brown verurteilte den Polizistenmord als sinnlos. „Wir lehnen jede Art von Gewalt gegen Gesetzeshüter ab“, teilten die Anwälte der Familie in der Nacht auf Sonntag mit. „Es kann nicht toleriert werden. Wir müssen zusammenarbeiten, damit in unseren Gemeinden Frieden herrscht.“
Nach Angaben Brattons hatte der mutmaßliche Täter wenige Stunden zuvor in Baltimore seine frühere Freundin angeschossen und verletzt. Die Polizei von Baltimore warnte die Kollegen in New York, dass der 28-Jährige unterwegs nach Brooklyn sein könnte. Der Hinweis kam jedoch zu spät. Zuletzt war ein Polizist in New York während seines Dienstes im Jahr 2011 erschossen worden.
Unterdessen haben Teilnehmer eines Massenprotestes gegen Polizeigewalt mitten im Weihnachtsgeschäft ein Einkaufszentrum in Minnesota blockiert. Die Organisatoren sprachen von 3000 Teilnehmern, die am Sonnabend die Rotunde der Mall of America in Bloomington besetzten.
Die Polizei holte die Protestierenden aus dem Gebäude und meldete 25 Festnahmen, unter anderem wegen Hausfriedensbruchs. Verletzte oder Schäden gab es laut Polizei aber nicht.