BVB-Profis und ihre Autos: Der Fall Marco Reus steht in einer schlimmen Tradition. Einen Nationalspieler von Borussia Dortmund traf es besonders hart.
Dortmund/Hamburg. Immer wieder Borussia Dortmund – und immer wieder Autos: Es hat schon eine tragische Note, dass sich Marco Reus und seine Führerschein-Affäre einreiht in die unrühmliche Geschichte von BVB-Profis, die mit ihren Fahrzeugen polizei-auffällig geworden sind. Im Laufe der Bundesliga-Historie kamen dabei Mercedes, Porsche, Aston Martin und andere Nobel-Karossen zum unplanmäßigen Halt. Bei der Dortmunder Polizei fielen schon in den siebziger Jahren BVB-Profis auf, die morgens Schlangenlinien fuhren und nachmittags wundersam im Westfalenstadion Tore schossen – oder verhinderten.
Wichtigster Protagonist in dieser traurigen Geschichte: Eike Immel, Deutschlands größtes Torwart-Talent seiner Generation. Schon ganz jung stand er im Tor der deutschen Nationalmannschaft. Immel schrottete mehrere Autos, darunter bereits als 18-Jähriger einen Porsche. Inzwischen kann er darüber sprechen, lebt von Zuwendungen, denn seine finanzielle Achterbahnfahrt gleicht seinen Auto-Touren, und er begab sich ins RTL-Dschungelcamp.
Weniger mit den Autos, dafür umso schlimmer mit ihren privaten Abstürzen fielen ehemalige Dortmunder Profis wie Reinhard „Stan“ Libuda und Erwin Kostedde auf. Beide rutschten in die finanzielle Pleite, Libuda starb praktisch mittellos. Kostedde wurde für einen Raubüberfall auf eine Spielhalle verantwortlich gemacht, den er aber offenbar nicht begangen hat. Schlimm genug, dass man ihm das zutraute.
Auch in anderen Clubs fielen Profis auf, die ohne Führerschein fuhren, zu schnell oder Unfälle hervorriefen. Sogar Bundestrainer Joachim Löw, Weltmeister-Trainer Löw, musste wegen zu schnellen Fahrens seinens „Lappen“ abgeben. Das wurde im Vorfeld der WM in Brasilien bekannt. Er hat sich für seine Eselei entschuldigt.
Im Fall von Marco Reus kommt vieles zusammen: Experten rechnen damit, dass er den BVB im Sommer verlässt, denn seine Ablösesumme ist dann offenbar auf 25 Millionen Euro festgeschrieben, ein Schnäppchen. Mit dem FC Barcelona wird er in Verbindung gebracht, mit Real Madrid und dem FC Bayern München.
Beim FC Bayern München geht man pfleglich mit Sündern um
Dort geht man mit Sündern besonders liebevoll um. Brandstifter Breno wurde unterstützt, Franck Ribery durfte sich über Rückhalt freuen, als er wegen einer Prostitutions-Affäre vor Gericht stand. Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Ottmar Hitzfeld hatten alle außereheliche Affären, die sehr hoch kochten, aber vom Rekord-Club lässig pariert wurden. Und schließlich hat nicht einmal Uli Hoeneß‘ Verurteilung in seiner gigantischen Steuer-Affäre dem Verein oder dem Ex-Manager und Ex-Präsidenten in den Augen der Anhänger geschadet.
Ob Reus mit diesem Sündenvergeben ebenfalls rechnen kann? Borussia Dortmund gibt sich zurückhaltend. Vereinschef Hans-Joachim Watzke will die neuen Erkenntnisse im Fall Marco Reus nicht weiter kommentieren. Nach WDR-Informationen soll der 25 Jahre alte Nationalspieler, der jahrelang ohne Führerschein mit dem Auto unterwegs war, bei einer Kontrolle einen gefälschten niederländischen Führerschein vorgezeigt haben.
Warum Marco Reus 540.000 Euro zahlen muss
„Auch dieser Vorgang ist ganz offensichtlich strafrechtlich bewertet worden. Mehr kann ich zu diesem Thema nicht sagen“, sagte Watzke der „Bild“-Zeitung. Gegen Reus wurde auch wegen Urkundenfälschung ermittelt. Das Ermittlungsverfahren wurde allerdings eingestellt, weil dem Ex-Gladbacher wegen Fahrens ohne Führerschein bereits eine höhere Strafe drohte.
Reus muss 540.000 Euro Strafe zahlen, weil er sich ohne Fahrerlaubnis hinters Steuer gesetzt hatte und mehrmals wegen zu schnellen Fahrens geblitzt worden war.
Die Strafe berechnet sich nach Reus‘ Gehalt. Wie Markus Schäpe, Verkehrsexperte und Jurist beim ADAC in München, der dpa erklärte, stelle ein Tagessatz „immer ein Dreißigstel des monatlichen Netto-Einkommens dar“. So gehe die Staatsanwaltschaft offenbar bei Reus von einem monatlichen Nettoeinkommen von 180.000 Euro aus. „Der Tagessatz beträgt also 6000 Euro. Das hochgerechnet auf drei Monatsgehälter, also 90 Tage, ergibt 540.000 Euro.“ Wer weniger verdiene, werde bei derselben Tat gleich behandelt, zahle also entsprechend weniger.
Bei 91 Tagessätzen wäre Marco Reus vorbestraft gewesen
Reus bekam 90 Tagessätze aufgebrummt, bei 91 Tagessätzen wäre er vorbestraft gewesen. Dazu sagte der Jurist: „Bei jemandem, der wiederholt und nachweislich mehrere Fahrten ohne Führerschein gemacht hat, sind 90 Tage der gängige Tarif. Höhere Strafen werden nur verhängt, wenn jemand wegen ähnlicher Delikte schon vorbestraft ist.“
Das wird für Reus kein Trost sein. Fahren darf er erst einmal nicht. Zur Fahrschule und Führerscheinprüfung müsste er sich neu anmelden. Jurist Schäpe sagte: „Mit den fünf Straftaten hat er gezeigt, dass ihm das Ganze in den vergangenen Jahren egal war. Und bei Eignungszweifeln sieht der Gesetzgeber eine medizinisch-psychologische Untersuchung vor. Hier könnte überprüft werden, ob sich die generelle Einstellung zum Straßenverkehr nun geändert hat.“ Heißt: Reus muss zum Idiotentest.