Nach der Explosion der Trägerrakete beim Start des „Cygnus“-Raumfrachters hat Russland die Versorgung der ISS übernommen. Die Sojus-Rakete startete ohne Probleme vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan.

Washington. Flammendes Inferno und ein dramatischer Rückschlag für die US-Raumfahrt beim Start der „Cygnus“-Versorgungsmission für die internationale Raumstation ISS ist am Dienstagabend: Wenige Sekunden nach dem Start explodierte im US-Bundesstaat Virginia eine Trägerrakete, die den unbemannten Raumtransporter ins All hätte schießen sollen. Laut der US-Raumfahrtbehörde Nasa gab es keine Verletzten, dafür entstand erheblicher Sachschaden. „Absolut dringend“ benötigter Nachschub für die ISS-Besatzung sei durch das Flammeninferno nicht zerstört worden.

Die Antares-Rakete war um 18.22 Uhr Ortszeit (23.22 Uhr MEZ) gezündet worden und Augenblicke später infolge einer „katastrophalen Unregelmäßigkeit“ zerborsten, wie die Nasa-Kontrollstation mitteilte. Die genaue Ursache blieb zunächst unklar.

„Riesiger Feuerball“

Die Explosion ließ über dem Weltraumbahnhof auf Wallops Island vor der Küste Virginias einen riesigen Feuerball in den Abendhimmel steigen. Die Trümmer stürzten zurück auf den Boden, wo die Flammen noch lange nach dem Unfall weiter loderten. Das Gelände wurde weiträumig abgesperrt.

Die „Cygnus“-Versorgungskapsel des privaten Unternehmens Orbital Sciences hätte etwa 2,2 Tonnen Material zur Raumstation ISS bringen sollen. „Irgendetwas ist schief gelaufen“, sagte der stellvertretende Generaldirektor der Firma, Frank Culbertson. Ermittler würden nun die Trümmer und Telemetriedaten der Rakete untersuchen, um den Ablauf zu rekonstruieren. Ingenieure berichteten, dass es vor dem Start keinerlei Anzeichen für technische Probleme gegeben habe.

200-Millionen-Dollar-Feuerwerk

Die Kosten der Rakete und des Versorgungsmaterials wurden auf mehr als 200 Millionen Dollar beziffert. Nicht enthalten sind in dieser Summe die Schäden an den Bodeneinrichtungen des Weltraumbahnhofs durch die Explosion.

Auf der ISS sind zurzeit sechs Raumfahrer stationiert. Drei von ihnen, darunter der Deutsche Alexander Gerst, sollen in zwei Wochen nach 165 Tagen auf der ISS zur Erde zurückkehren. Ihre Nachfolger, ein russischer Kosmonaut und zwei US-Astronauten, sollen zwei Wochen später auf der Raumstation eintreffen.

Private Unternehmen führen seit mehreren Jahren im Auftrag der Nasa Versorgungsflüge zur ISS aus, während die Astronauten mit russischen Sojus-Kapseln ins All gebracht werden. Die US-Raumfahrtbehörde stellte ihr eigenes Shuttle-Programm im Sommer 2011 nach drei Jahrzehnten vor allem aus Kostengründen ein, will aber wieder einsteigen – nicht zuletzt, um die derzeitige Abhängigkeit von Russland in der bemannten Raumfahrt zu beenden.

Orbital Sciences hat einen Vertrag im Umfang von 1,9 Milliarden Dollar (rund 1,5 Milliarden Euro) mit der Nasa geschlossen, der insgesamt acht Versorgungsmissionen vorsieht. Der Flug am Dienstag hätte der vierte im Rahmen des Programms werden sollen.

Russland schickt Transporter zur ISS

Wenige Stunden nach der Explosion des Raumfrachters „Cygnus“ beim Start in den USA hat Russland einen Transporter mit Nachschub für die Internationale Raumstation ISS ins All geschossen.

Die Sojus-Trägerrakete mit mehr als 2,5 Tonnen Nahrungsmitteln, Treibstoff und privater Post hob am Mittwochmorgen wie geplant gegen 8.10 Uhr (MEZ) vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ab, wie die Flugleitzentrale bei Moskau mitteilte. Die Progress sollte nach rund sechs Stunden an der ISS festmachen. Derzeit arbeiten drei Russen, zwei US-Amerikaner und der Deutsche Alexander Gerst auf dem Außenposten der Menschheit in rund 400 Kilometer Höhe.