Der Vater der Schwestern Venus und Serena Williams veröffentlicht ein Buch über sein Leben und die Karriere seiner Töchter. Manches von dem, was er schreibt, sorgt für Stirnrunzeln.

Washington. Um Tennis geht es in seinem Buch „Black and White“ wenig, ist der erste Eindruck. Zwar hat der 72-jährige Autor für die Eingangsszene den Rasen von Wimbledon gewählt. Doch danach lässt der in Shreveport in Louisiana aufgewachsene Williams sein eigenes Leben Revue passieren.

Da ist die Allgegenwart des Rassismus der 50er-Jahre im Süden der USA mit seiner Gewalt und dem Ku-Klux-Klan. Und da ist auf der anderen Seite der titanenhafte Wille des (von einem Ghostwriter unterstützten) Williams, der als die Weißen hassender Straßendieb beginnt und seinen Teil vom amerikanischen Traum verlangt. Er will der Armut entkommen und „echten Reichtum, Ruhm und Macht“ gewinnen.

Das aber ist nicht vorgesehen in der amerikanischen Gesellschaft jener Zeit. Ein Jugendfreund von Williams wird vom Ku-Klux-Klan im Wald erhängt, weil er einem Weißen ein Schwein gestohlen hat. Die Hände werden abgehackt und am Zaun aufgehängt – so jedenfalls berichtet es Williams.

Dieser entflieht der Bedrückung des Südens nach Chicago. Obwohl er dort nicht mehr so offen als „Nigger“ beschimpft wird, ist auch der Norden noch weit von Gleichberechtigung entfernt. Polizisten sollen Williams verprügelt haben, weil er zu Fuß in einer weißen Nachbarschaft unterwegs war und es bei der Befragung an der erwarteten Unterwürfigkeit fehlen ließ. So reist er nach Kalifornien und lässt sich im Speckgürtel von Los Angeles nieder. Er arbeitet in einer Auto-Waschanlage, steigt wegen seiner Tüchtigkeit rasch auf, bemerkt, dass der Besitzer ihn und andere Mitarbeiter um Teile ihres Lohnes betrügt.

Kurz darauf gründete Williams seine eigenen Unternehmen. Er heiratet das erste Mal. Sie bekommen Kinder und lassen sich 1973 scheiden. Einige Jahre später findet er seine zweite Frau, die drei Töchter mit in die Ehe bringt.

Und hier beginnt der unglaublichste Teil der Erinnerungen, der uns zurück in große Tennisarenen bringen wird. Der sportliche Williams, der bis zu jenem Tag nie einen Tennisschläger in der Hand hielt, sieht 1980 im Fernsehen, wie die 25-jährige Rumänin Virginia Ruzici ein Turnier gewinnt und 40.000 Dollar Preisgeld bekommt. Williams’ Reaktion: „Wenn eine Frau so viel Geld gewinnen konnte, wollte ich zwei Töchter, um in dieser Disziplin mitzumischen. Danach setzte ich mich in mein Büro und begann, alles zu durchdenken und zu planen.“

Kann man glauben, dass jemand den Aufstieg seiner beiden Töchter zur Weltspitze plant – bevor sie gezeugt sind? Williams behauptet dies. Er sei gleich herumgefahren, um Trainingsplätze zu finden. Seine Frau brachte 1980 Venus und 1981 Serena zur Welt.

Umzug ins Getto für mehr Kämpfermentalität

Es gibt weitere Punkte der Biografie, die eine krause Stirn auslösen: Lebte Williams, der in seiner Security-Firma bis zu 40 Angestellte beschäftigte, mit seiner Familie zunächst in Long Beach, zog er nach der Geburt der Töchter nach Compton, einer damals hoch kriminellen Stadt südlich von L.A. Seine Begründung: Damit blieb mehr Geld für das Training der Töchter, das der Autodidakt in deren fünften Lebensjahr selbst beginnen würde. Außerdem sei er der Überzeugung, „dass die größten Champions aus Gettos kamen. Ich sah, woher sie kamen. Als Teil meiner Planes beschloss ich, dort sollten auch die Mädchen aufwachsen. Das würde ihnen eine Kämpfermentalität mitgeben.“

Er besorgte alte Schläger und gebrauchte Turnierbälle, um seinen Töchtern mehr Laufleistung abverlangen zu können. Und er heuerte Schulkinder an, die seine Töchter ausbuhten und gegen Bezahlung beschimpfen mussten. Der Rest ist Sportgeschichte. Die berühmten Töchter zogen aus, als sie 18 und 16 Jahre alt waren. Venus Williams gewann 45 Titel im Einzel. Im Doppel gewann sie mit Serena, derzeit Weltranglistenerste, 24 Titel.

Was mag in dem Vater vorgegangen sein, als Serena in dieser Woche in Wimbledon für Entsetzen sorgte, weil sie im Doppel mit ihrer Schwester derart schwächelte, dass sie aufgeben musste? Sie soll unter einer Virusinfektion gelitten haben. Außerdem wird gemunkelt, sie könnte schwanger sein. Richard Williams ist inzwischen in dritter Ehe verheiratet ist und hat einen weiteren Sohn. Nein, sagt der Vater, Tennis werde er dem Jungen nicht beibringen. „Er soll Milliardär werden. Ich denke immer noch groß.“