Zumindest wenn es nach modischen Aspekten geht, können Italienfans ihre Trikots gut im Alltag tragen. Das deutsche Nationaltrikot in Weiß, Schwarz und Rot ist eher eine problematische Farbkombination.
Köln. Deutschland im Ausnahmezustand: Zu WM-Zeiten ticken die Uhren anders. Spätestens Punkt 18 Uhr wird an vielen Spieltagen des deutschen Teams der Computer aus- und der Fernseher angeschaltet. Ein alberner Hut kommt auf den Kopf, die Tröte in den Mund und das Trikot wird übergestreift: Der Fan ist schließlich der zwölfte Mann im Spiel und will Flagge zeigen. Aber wie sieht es vor und nach den 90 Spielminuten aus? Ist Fan-Bekleidung auch im Alltag, gar im Büro tragbar?
Das Heimtrikot der deutschen Nationalmannschaft hat in diesem Jahr alle überrascht. Es sieht ein wenig anders aus. Die Hauptfarben sind zwar immer noch das klassische Weiß-Schwarz. Aber nun prangen drei breite Streifen in verschiedenen Rottönen auf der Brust. „Sie wirken fast wie ein Brustpanzer“, sagt Gerd Müller-Thomkins vom Deutschen Mode-Institut (DMI) in Köln. „Die Linienführung ist trichterförmig und wirkt daher sehr dynamisch.“
Doch in dem Roten ist mehr versteckt: Ein dünner schwarzer Streifen oben und ein goldener Streifen unten komplettieren die Deutschlandflagge. Mit der Betonung auf dem roten Anteil liege die Nationalmannschaft voll im Trend, sagt Müller-Thomkins. „Das ist aktuell eine superangesagte Farbe.“
Sportliche Kleidung ist derzeit angesagt
Sportmode im Alltag ist ohnehin gerade ein Trend. „Sportive Moderne“ nennt der Experte das. Dazu gehören Kleidungsstücke, die an Outfits aus dem Fitnessstudio oder eben Sportplatz erinnern. Trotzdem rät der Modeexperte, ein Fußballtrikot während der WM nur dann im Alltag zu tragen, wenn auch das Umfeld mitmacht. Und die Image- und Typberaterin Anneli Eick weist darauf hin, dass ein Trikot nur dann etwas im Büro zu suchen hat, wenn die Abteilung mit dem Segen des Chefs beschlossen hat, die Fußballzeit zu feiern.
Auch der Versuch, das Trikot in das Outfit zu schmuggeln, gelingt nur bedingt stilvoll. Für Stilberater Bernhard Roetzel wäre die Kombination von Trikot und Sakko gar ein Stilbruch. „Aber wenn legere Outfits normal sind in dem Büro, kann ich statt des Poloshirts auch ein Trikot anziehen.“ Jeder wisse schließlich: „WM ist Ausnahmezustand. Da steht dann die Eleganz zurück.“ Wie auffällig man seine Fußballbegeisterung zur Schau stellt, hänge vom Dresscode im Büro ab. „Wenn ich Geschäftsführer eines Baumarktes auf dem Land bin, ist es eher noch als Gag akzeptabel als als Vorstand einer Bank.“
Optisch ist das deutsche Trikot nur schwer mit anderer Büro-Kleidung in Einklang zu bringen, sagt Roetzel. „Weiß und Schwarz sind ja Unifarben. Alle Trikots mit echten Farben sind da einfacher zu kombinieren.“ Besonders eine Farbe passe gut: „Blaue Trikots sind unter dem modischen Aspekt am ehesten zu empfehlen.“ Blau soll auch eine der Farben der Saison werden – und ist in verschiedenen Nuancen Bestandteil des Trikots von Nationen wie Italien, Frankreich oder Argentinien. „Die Italiener haben es deshalb besser.“
Mit Trikotfarben im Outfit spielen
Wie zeige ich als Deutscher dann im Büro, dass ich Fan bin? Das Trikot ist nicht die einzige Möglichkeit, seine Verbundenheit zum runden Leder kundzutun – und längst nicht die beste, sagen Experten. Gerd Müller-Thomkins rät etwa dazu, einfach mit den typischen Trikotfarben im Outfit zu spielen: Also Schwarzes, Weißes und eben Rotes zu nehmen.
Die beste Figur machen eingefleischte Anhänger mit dezenten Fanartikeln. Besonders geschickt ist es, wenn die Fußballbegeisterung nicht sofort ins Auge springt, sagt Eick. „Bei den Damen können das kunstvoll schwarz-rot-gold lackierte Fingernägel sein, Ohrringe, Haarband oder Armreifen in den Landesfarben.“ Und die Männer? „Die setzen witzige Akzente mit Socken in den bekannten drei Farben oder einem Poloshirt mit Fanaufdruck, der auch mal schnell unter dem Sakko verschwinden kann.“ Auch Roetzel rät zu dezentem Einsatz von Fanartikeln. „Eine Krawatte mit Schwarz-Rot-Gold kann durchaus relativ stilvoll sein. Man könnte sich auch einen Pin mit der deutschen Fahne ans Revers pieken.“
Vor allem aber bei Meetings sollte vorher überlegt werden, was geht und was nicht. „Nehmen wir die Bundeskanzlerin als Beispiel: Zu einem wichtigen internationalen Event kann sie nicht mit Fantrikot gehen“, erklärt der Modeexperte. „Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass sie spaßeshalber mit einem Fanschal ins Kabinett geht.“
Auf der sicheren Seite sind Fußballbegeisterte, die Schwarz-Rot-Gold erst in der Kaffeeküche auspacken. „Natürlich schmeckt der Kaffee zu dieser spannenden Zeit aus einer Fantasse besonders gut“, sagt Eick.