Die Angehörigen der Opfer sollten offenbar aus einem illegalen Fonds entschädigt werden. Wie kriminell ist die Reederei der gekenterten Fähre?
Jindo/Seoul. Eine Woche nach dem Untergang der südkoreanischen Fähre „Sewol“ hat die Justiz ihre Ermittlungen gegen die Reederei und deren Partner ausgeweitet. Geschäftsräume von zehn Firmen mit Verbindungen zur Chonghaejin Marine Company seien durchsucht worden, sagte Staatsanwalt Kim Hoe Jong am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Überdies wurden gegen mehr als 70 Mitarbeiter von Chonghaejin und Partnerfirmen 30-tägige Reiseverbote erlassen.
Der Verdacht gegen die Betroffenen reicht von Steuerhinterziehung über Unterschlagung bis zu krimineller Fahrlässigkeit. „Wir versuchen auch, Gewinne aus illegalen Geschäften und versteckte Guthaben einzuziehen, die für die Entschädigung der Familien der Unglücksopfer genutzt werden sollen“, sagte Kim.
Die „Sewol“ war vor einer Woche auf dem Weg zur Insel Jeju mit 476 Menschen an Bord gekentert und später gesunken. 174 Insassen wurden gerettet. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg am Mittwoch auf 146. Die Vermissten werden noch in dem Schiff vermutet und von Tauchern gesucht.
Die Umstände des Unglücks sind noch nicht aufgeklärt. Sieben Crewmitglieder wurden verhaftet, darunter Kapitän Lee Joon Seok. Sie sollen die Evakuierung verzögert und die Passagiere im Stich gelassen haben, weil sie frühzeitig das Schiff verließen. Die Ermittler prüften, ob der Kapitän, 68, wegen Totschlags durch Unterlassen angeklagt werden könne, berichtete der staatliche Sender Arirang. Zwei weitere Besatzungsmitglieder sind seit Dienstag in Polizeigewahrsam, aber bisher noch nicht angeklagt.
Taucher bergen immer mehr Leichen aus dem Wrack. Bei den Tauchgängen wurden bisher keine Überlebende entdeckt. Besseres Wetter als zu Beginn der Suchaktion und Niedrigwasser erleichterten den Einsatzkräften die Arbeit. Dabei werden auch Tauchroboter eingesetzt. Die Suche konzentrierte sich den Berichten zufolge zuletzt auf die Kabinen und einen Speisesaal auf Deck drei und vier. Es wird vermutet, dass dort die meisten Passagiere eingeschlossen wurden.
Die Familien der Vermissten hatten gefordert, die Suchaktion in dieser Woche abzuschließen. In der Nähe der Unglücksstelle stehen seit Tagen riesige Schwimmkräne bereit, um das Schiff zu heben.