Hoeneß gibt zu, 18,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Experte rechnet mit weiteren Maßnahmen der Staatsanwaltschaft. „Ich bin kein Sozialschmarotzer“, sagt der Präsident des FC Bayern vor Gericht.
München. Ein 18,5-Millionen-Euro-Geständnis bringt Uli Hoeneß in seinem spektakulären Steuerprozess noch mehr in die Bredouille. Der Präsident des FC Bayern München räumte zum Auftakt des Verfahrens vor dem Münchner Landgericht am Montag ein, 15 Millionen Euro mehr an Steuern hinterzogen zu haben als in der Anklageschrift angenommen. Die Staatsanwaltschaft hatte Hoeneß vorgeworfen, 3,5 Millionen Euro zwischen 2003 und 2009 am Fiskus vorbeigeschleust zu haben. „Ich bin froh, dass jetzt alles auf dem Tisch liegt. Ich werde alles dafür tun, dass dieses für mich bedrückende Ereignis abgeschlossen wird“, betonte Hoeneß.
Schon bei der jetzigen Anklage droht dem Bayern-Boss im für ihn schlimmsten Fall eine Haftstrafe ohne Bewährung. Jetzt ist die Summe rund fünfmal so hoch wie von der Staatsanwaltschaft vermutet – der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sah in einem N24-Interview schon eine „Gefängnisstrafe am Ende des Tunnels“. Hoeneß' Verteidiger Hanns W. Feigen wollte die neuen Zahlen als Zeichen der Geständigkeit verstanden wissen.
Der Münchner Wirtschaftsexperte und promovierte Jurist Manuel Theisen sagte, dies sei nun eine ganz andere Dimension. „Es geht nicht nur um eine knapp fehlerhafte Selbstanzeige.“ Man müsse auch überlegen, ob es weitere Beteiligte gegeben haben könnte. „20 Millionen Euro. Das kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass es einen Mann und ein Konto betrifft“, sagte Theisen am Rande des Prozesses. „Der Richter muss das hinterfragen.“
Steuer-Strafrechtler Arne Lißewski erwartet nun weitere Maßnahmen der Staatsanwaltschaft gegen Hoeneß. „Da ist es möglich, dass eine Nachtragsanklage vonseiten der Staatsanwaltschaft erhoben wird“, sagte der Krefelder Jurist. „Die Staatsanwaltschaft wird bemüht sein, diese 15 Millionen in den Prozess einzubinden“, fügte Lißewski hinzu.
Gerichtssprecherin Andrea Titz wollte sich nach dem Ende des ersten Verhandlungstages nicht konkret zu Konsequenzen aus dem spektakulären Geständnis äußern. „Man hat einen größeren Schaden, aber er hat auch ein Geständnis abgelegt zu Dingen, die noch gar nicht bekannt waren.“ Was das für die Prozessdauer oder gar das Strafmaß bedeute, sei noch nicht absehbar. Experte Theisen meinte, Hoeneß habe weitere Sympathien verspielt. „Dass er sich damit selbst vom Thron gestürzt hat, ist klar.“
Erst vor gut einer Woche hätten Hoeneß und seine Verteidigung die spektakulären Unterlagen dem Gericht vorgelegt, sagte Gerichtssprecherin Titz. Aus ihrer Sicht waren die neuen Zahlen in Hoeneß' ohnehin schon umstrittener Selbstanzeige außerdem nicht zu finden. Am Dienstag soll eine Finanzbeamtin gehört werden, die die neuen Unterlagen derzeit prüft.
Hoeneß gab sich zu Beginn des auf vier Tage angelegten Prozesses betont reu- und demütig. „Ich habe Steuern hinterzogen. Mir ist bewusst, dass daran auch die Selbstanzeige nichts ändert. Ich habe aber gehofft, mit meiner Selbstanzeige einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen“, sagte der 62-Jährige. Er hatte vor der Selbstanzeige vergeblich auf das – kurz zuvor gescheiterte – Steuerabkommen Deutschlands mit der Schweiz gesetzt.
Der Bayern-Patriarch berichtete von seiner Zockerei an der Börse; er schob Unsummen herum, manchmal rief er nachts bei der Bank an. 50.000 Transaktionen habe er zwischen 2001 und 2010 gehabt. Das könne geschehen, „wenn man zockt und verrückt ist, wie ich es damals war“, bekannte Hoeneß.
Staatsanwalt Achim von Engel warf Hoeneß vor, etwas mehr als 33 Millionen Euro an Kapitalerträgen, Spekulationsgewinnen und sonstigen Einkünften verschwiegen zu haben. Damit habe er rund 3,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen (Az: W5 KLs 68 Js 3284/13). Weiterhin habe der Angeschuldigte zu Unrecht Verlustvorträge privater Veräußerungsgeschäfte in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro erhalten. Insgesamt wird Hoeneß der „Steuerhinterziehung in sieben selbstständigen Fällen“ bezichtigt.
„Hohes Gericht, die mir in der Anklage zur Last gelegten Steuerstraftaten habe ich begangen“, sagte Hoeneß in seiner Auftakterklärung. „Ich bin aber kein Sozialschmarotzer, ich habe fünf Millionen an soziale Einrichtungen gegeben, 50 Millionen Steuern gezahlt. Ich will damit nicht angeben, ich will nur reinen Tisch machen.“ Zehn Millionen Euro hat er schon beim Finanzamt hinterlegt und zur Aussetzung seines Haftbefehls fünf Millionen Euro gezahlt.
Am Nachmittag sagten zwei Steuerbeamte als Zeugen aus. Ein weiterer inzwischen pensionierter Steuerfahnder, der Hoeneß bei der Erstellung seiner Selbstanzeige geholfen hatte, wollte die Aussage mit dem Hinweis auf eine mögliche Ordnungswidrigkeit, derer er sich selbst beschuldigen müsste, verweigern. Obwohl das Gericht den Verweigerungsgrund nicht anerkannte, las Richter Heindl stattdessen eine frühere Aussage vor.
Der Medienandrang war beim ersten von vier angesetzten Verhandlungstagen groß. 14 Monate nach seiner Selbstanzeige nahm Hoeneß pünktlich um 9.30 Uhr im Münchner Justizpalast auf der Anklagebank Platz. Minutenlang hatte er zuvor dem Blitzlichtgewitter der Fotografen standgehalten. Seine Ehefrau Susi verfolgte den Prozess von der ersten Reihe aus.