Günther Jauch diskutiert mit seinen Gästen den Fall Uli Hoeneß, als ein Mann auf die Bühne zustürmt. Sicherheitskräfte können den Mann niederringen. Jauch reagiert gelassen.

Hamburg. Nach dem Hamburg-“Tatort“ ging es auch bei Günther Jauch im Anschluss turbulent zu: Nur wenige Minuten nach Beginn stürmt ein unbekannter Mann auf den Theologen und ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber zu und ruft dabei lautstark „Freiheit, Freiheit“. Im letzten Moment können drei Sicherheitskräfte den Mann überwältigen und trotz Gegenwehr aus dem Studio tragen. Der Gastgeber reagierte souverän: „Ich weiß nicht, was der Herr wollte. Aber es ist nicht das erste Mal, dass das passiert.“

In der Sendung unter dem Titel "Der Prozess - muss Uli Hoeneß ins Gefängnis?" diskutierte Jauch mit dem Altbischof Huber, dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, dem "Stern"-Redakteur Johannes Röhrig, dem früheren "Spiegel"-Chef Georg Mascolo und der Anwältin für Steuerstrafrecht Simone Kämpfer über den am Montag beginnenden Prozess gegen den Präsidenten des FC Bayern München.

Im Anschluss an die Diskussion ging der Talkmaster noch einmal auf das Motiv des Störers ein. Demnach habe dieser „private Probleme mit seiner Wohnung“ und sei außerdem der Meinung, die Sendung sei eine „große Verarsche“. „Dem Mann geht es entsprechend gut“, sagte Jauch und bat die Zuschauer um Verständnis. „Es ist ein privates Problem, daher haben wir uns damit nicht weiter beschäftigt.“ Man könne ihn schließlich auch nicht einfach zu den Gästen dazusetzen, um seine privaten Probleme zu diskutieren.

Im Internet sorgte der Zwischenfall bereits für großen Wirbel. „Tschiller ist gerade bei Jauch reingestürmt“, scherzt ein Twitter-Nutzer. Ein anderer antwortet spöttisch: „Man frag sich, was schlechter gesichert ist: Flugzeuge in Malaysia oder die Sendung von Günter Jauch.“

Stoiber: Hoeneß ist „unverzichtbar“

Bayern-Aufsichtsrat Edmund Stoiber betonte in der Sendung die zentrale Rolle von Uli Hoeneß für den deutschen Fußball-Rekordmeister. „Er ist für uns alle in dieser Situation unverzichtbar, gerade jetzt in den schwierigen Zeiten“, sagte der frühere bayerische Ministerpräsident. Hoeneß sei „ein tragender Pfeiler“ für den FC Bayern München.

Stoiber verteidigte erneut das Vorgehen des Aufsichtsrats, der einen Rücktritt von Hoeneß als Chef des Kontrollgremiums abgelehnt hatte. Der Aufsichtsrat habe in erster Linie die Interessen des Vereins zu würdigen, erklärte der CSU-Politiker. „90 Prozent der Mitglieder und 92 Prozent der Fans wollen den Uli Hoeneß behalten“, sagte Stoiber. „Da kann man nicht so ohne weiteres als Aufsichtsrat, so lange noch nichts entschieden ist, einfach jetzt Konsequenzen ziehen, die zum Schluss gar nicht gezogen hätten werden können, und dann ist der Schaden viel größer für den Verein“, fügte Stoiber hinzu.

Hoeneß sei weiterhin „ein Freund“ für ihn, versicherte Stoiber. Der Bayern-Präsident wisse, was er getan habe und dass er Konsequenzen aus dem jeweiligen Urteil ziehen müsse. Stoiber rechnet fest mit einem fairen Verfahren. „Ich vertraue darauf, wir haben eine außerordentlich starke Justiz“, sagte er.

150 Polizisten sollen Prozess schützen

Vor dem Münchner Landgericht beginnt am Montag der mit Spannung erwartete Prozess gegen Uli Hoeneß. Der Präsident des FC Bayern muss sich wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe verantworten. Kernfrage des Verfahrens im Justizpalast ist, ob die Richter der Wirtschaftskammer Hoeneß' Selbstanzeige von Anfang 2013 ganz oder wenigstens teilweise anerkennen. Im für ihn schlimmsten Fall droht dem 62-Jährigen eine Gefängnisstrafe. Voraussichtlich am Donnerstag soll das Urteil fallen.

Die Entscheidung, ob das irgendwie Undenkbare eintritt, wird die 5. Strafkammer am Landgericht München II treffen. Vorsitzender Richter ist Rupert Heindl (47), ein Mann, der als harter Hund gilt. Unter ihm wird im „Strafverfahren gegen Ulrich H. wegen Steuerhinterziehung“ zu klären sein: Hat Hoeneß seine Steuerhinterziehung rechtzeitig und korrekt angezeigt, sprich: Ist seine Selbstanzeige wirksam?

Diese Selbstanzeige ist es, um die sich im Sitzungssaal 134 im Justizpalast nahe des Stachus in München wohl zunächst alles drehen wird. Hoeneß hat Steuern hinterzogen, das gibt er mit der Einreichung der Selbstanzeige zu. Er hat die Anzeige abgegeben, weil er davon ausging, dass sie strafbefreiend wirkt. Das kann sie auch, aber: Die Staatsanwaltschaft hält die Selbstanzeige von Hoeneß für unwirksam; sie soll unvollständig sein.

Sollte die Selbstanzeige tatsächlich unwirksam sein, wird gerechnet werden müssen: Was ist verjährt? Wie hoch liegt der Steuerschaden wirklich? Eine Million Euro oder mehr bedeutet laut Bundesgerichtshof: Eine Bewährungsstrafe ist nicht mehr möglich. Also: Gefängnis. Es sei denn, Hoeneß kann mildernde Umstände geltend machen.

Das Gericht rechnet mit einem Ansturm von Journalisten und Schaulustigen. 22 Justizbeamte und 150 Polizisten sollen im Einsatz sein. Die 49 Presseplätze im Gerichtssaal waren innerhalb weniger Sekunden nach Beginn der Anmeldefrist schon vergeben.