In den kommenden Tagen soll es auch im Norden wieder heiß werden. Grund genug für Rettungsschwimmer, sich intensiv auf übermotivierte Badegäste vorzubereiten.
Hamburg/München. Leichtsinn, Übermut, Selbstüberschätzung, Unkenntnis der Gefahren und auch mangelnde Schwimmfähigkeiten – das sind laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Hauptursachen für Badeunfälle. „Momentan ist es warm und es zieht viele Menschen ans Wasser“, sagte der Pressereferent der DLRG, Sebastian Löw. „In den vergangenen Jahren hatten wir viele verregnete Sommer. Dementsprechend weniger Menschen sind ins Wasser gegangen – und entsprechend weniger sind ertrunken.“
Für das kommende Wochenende erwarten die Meteorologen wieder Temperaturen über 30 Grad. Rund 50.000 ehrenamtliche Rettungsschwimmer der DLRG werden laut Löw bundesweit im Einsatz sein, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Dabei werden in manchen Regionen Deutschlands händeringend Rettungsschwimmer gesucht. Gerade bei den heißen Temperaturen kann der Nachwuchsmangel lebensgefährlich werden.
„Gerade an Badestellen, die nicht überwacht werden, kommt es besonders häufig zu Unfällen“, sagt Löw. Vor allem an den Küsten seien die Strände tagsüber meistens überwacht.
Bei schönem Wetter träfen sich junge Menschen aber auch abends zum Feiern am Wasser. „Da kommt natürlich schnell die Kiste Bier ins Spiel.“ Wer sich dann zu weit hinauswage, bringe sich in Gefahr.
Uunterschiedliche Kälteschichten im Wasser
Unterschätzt werde an Seen oft auch die Wassertemperatur. An der Oberfläche sei das Wasser warm, in tieferen Schichten aber kalt. Die Folge seien Krämpfe, die auch zu tödlichen Unfällen führen könnten.
Immer wieder wagen Leichtsinnige Kopfsprünge in zu seichtes Wasser – trotz Warnschildern. Gerade habe es wieder Fälle an einer Brücke an der Nordsee gegeben. „Das Wasser ist an der Stelle 50 Zentimeter tief. Es gibt drei Warnschilder. Trotzdem sind zwei junge Menschen innerhalb von zwei Tagen da hinuntergesprungen.“ Beide seien verletzt. „So etwas kann ganz schnell auch zu einer Querschnittlähmung führen. Die Jungs haben Glück gehabt. Aber man muss natürlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn man so viel Leichtsinn sieht.“
Starke Strömungen in Flüssen
Unwägbare Gefahren drohten in fließenden Gewässern, Flüssen wie Donau, Rhein oder Ruhr, oder auch am Meer. Gegen starke Strömung anzuschwimmen, sei praktisch unmöglich. „Das ist eine große Gefahr auch für geübte Schwimmer.“ Die Fließgeschwindigkeit sei oft von außen nicht einzuschätzen. Hinzu kämen Strudel. „Wenn man da hineingerät, ist ganz schnell die Kraft weg und dann geht man unter.“
Ein Problem sei auch die abnehmende Schwimmfähigkeit der Kinder. Angesichts klammer Kassen gebe es immer weniger Lehr-Schwimmbäder. Die mangelnden Schwimmkenntnisse beim Nachwuchs hätten aber bisher nicht zu einem Anstieg der Unfallzahlen geführt, sagte Löw.
Tragische Badeunfälle im Norden
Die Lebensretter sind an den Stränden von Nord- und Ostsee, an Badeseen und an Badestellen an den Flüssen und Kanälen im Norden im Dauereinsatz. Am Badestrand von Borgstedt im Nord-Ostsee-Kanal haben Taucher ein sechsjähriges Mädchen tot aus dem Wasser geborgen. Ein Jugendlicher aus Sögel kam bei einem Badeunfall in Wilhelmshaven ums Leben. In Wyk auf Föhr konnten Retter eine 76-jährige Frau aus dem Meer retten, die beim Schwimmen einen Schwächeanfall erlitten hatte und zu ertrinken drohte. Vor der Ostseeinsel Poel wurde im Wasser die Leiche eines 67-Jährigen entdeckt. In einem Schwimmbad im niedersächsischen Bad Pyrmont ertrank ein Zweijähriger.
Tote in Bayern
Vor allem in Bayern gab es Tote: Am vergangenen heißen Wochenende starben an bayerischen Seen und Flüssen mindestens neun Menschen. Der traurige Rekord sei vor allem der großen Hitze geschuldet.
Gerade Bayern sei ein Urlaubsland. Viele Menschen aus der Mitte Deutschlands machten derzeit Ferien im Freistaat, sagte Löw zu den hohen Zahlen in Bayern. Schon 2012 ertranken in keinem Bundesland mehr Menschen als im Freistaat: 75 Badetote gab es hier; deutschlandweit waren es 383.
Lebensretter mit Nachwuchssorgen
Angesichts der heißen Temperaturen ist jedoch der Nachwuchsmangel bei Vereinen wie der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) oder der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) besonders verheerend. Rettungsschwimmer sind dringend nötig, wie viele tödliche Unfälle zeigen.
Die DLRG in Sachsen-Anhalt sucht dringend Nachwuchs, die DRK-Wasserwacht in Thüringen hat ähnliche Sorgen. Der Sprecher der DLRG Nordrhein, Michael Grohe, nennt verschiedene Ursachen für die Probleme. So erschwere in einigen Städten auch das Bädersterben und damit der Wegfall von Trainingsmöglichkeiten die Ausbildung neuer Rettungsschwimmer.
Rund 130.000 ehrenamtliche Rettungsschwimmer sind laut Dieter Schütz, Pressesprecher des DRK, für die Wasserwacht an 3000 Wachstationen bundesweit im Einsatz. Bei der DLRG helfen nach eigenen Angaben in ganz Deutschland über das Jahr verteilt rund 50.000 Rettungsschwimmer.