Eine neue Ära in Belgien: König Philippe übernimmt in einer bewegenden Zeremonie die Macht von seinem Vater Albert II.. Tausende jubeln in Brüssel. Aus Moskau und Washington kommen Glückwünsche.

Brüssel. Belgien hat einen neuen König. Der 53-Jährige Philippe legte am Sonntag vor dem Parlament in Brüssel den Amtseid ab. Er folgt seinem Vater Albert II. nach, der offiziell abdankte. Philippe ist in der 182-jährigen Geschichte der Dynastie der siebte König.

Der neue Souverän beschwor in der Uniform eines Vier-Sterne-Generals die Einheit Belgiens: „Der Reichtum unseres Landes (...) liegt vor allem darin begründet, dass wir aus unserer Verschiedenheit eine Stärke machen.“ Wegen eines Dauerstreits zwischen französischsprachigen Wallonen und Niederländisch sprechenden Flamen drohte Belgien schon mehrfach die Spaltung.

Tausende Menschen säumten am Nationalfeiertag die Brüsseler Straßen, als bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um 30 Grad das neue Königspaar Philippe und seine Frau Mathilde (40) vom Balkon des Stadtpalastes der Menge zuwinkte. Auch die älteste Tochter des neuen Königs und Thronfolgerin Elisabeth (11) bekam viel Beifall. Bei den bewegenden Feierlichkeiten konnten Königin Paola (75) und ihre Schwiegertochter Mathilde die Tränen nicht zurückhalten.

Der 79 Jahre alte Albert geht aus Altersgründen in Rente – wie zuvor im Nachbarland Niederlanden auch Königin Beatrix. Das belgische Königshaus hat seine Wurzeln in Deutschland, als erster König stieg Leopold von Sachsen-Coburg-Gotha 1831 auf den Thron. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Dynastie, dass ein Souverän vollkommen freiwillig die Macht abgibt. Der Wachwechsel gilt deshalb als historisch.

US-Präsident Barack Obama wünschte Philippe, Mathilde und dem Volk „das Beste“. Zugleich schickte Obama an Albert II. Grüße und würdigte dessen Führungskraft und „Warmherzigkeit“. Auch der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte. „Europäischer Geist und Schicksal Belgiens im Herzen einer bewegenden Inthronisierungs-Feier“, kommentierte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter.

Philippe nahm am Nachmittag die traditionelle Militärparade zum Nationalfeiertag ab. Etwa 1500 Soldaten defilierten am Stadtpalast vorbei.

Albert wünschte bei der Abdankung Philippe viel Erfolg und betonte, sein Sohn sei gut vorbereitet: „Philippe, Du hast alle Eigenschaften des Herzens und des Geistes, um unserem Land in Deiner neuen Verantwortung aufs Beste zu dienen.“

Der scheidende Monarch mahnte auch, „ohne Unterlass für den Zusammenhalt Belgiens zu arbeiten“. Der als Lebemann bekannte Albert genießt hohes Ansehen in der Bevölkerung. Zuletzt war die königliche Familie aber wieder mit Skandalen in die Schlagzeilen geraten. Eine angeblich uneheliche Tochter Alberts II. zog mit einer Vaterschaftsklage vor Gericht.

Philippe gab sich bei den Feierlichkeiten zurückhaltend. Er gilt als gut beraten. Chef des engsten Mitarbeiterstabes soll der frühere Topdiplomat Frans Van Daele (65) werden. Er war bis zu kurzem Kabinettschef des EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy. Belgiens Premier Elio Di Rupo sagte zu Philippe: „Wir wissen alle, dass Ihr Amt fordernd sein wird.“ Philippe wird im Flämischen Filip heißen und auch mit diesem Namen offizielle Urkunden unterzeichnen.

Wie in der Verfassung vorgeschrieben, legte Philippe seinen Amtseid vor den beiden Kammern des Parlaments ab. „Ich schwöre, die Verfassung und die Gesetze des belgischen Volkes zu beachten, die Unabhängigkeit des Landes zu erhalten und die Unversehrtheit des Staatsgebietes zu wahren.“ Er sprach den Eid in den drei Landessprachen Niederländisch, Französisch und Deutsch und hob die Hand zum Schwur. „Es lebe Belgien!“, rief er den Abgeordneten zu.

Philippe nahm im Parlament auf einem thronähnlichen goldenen Sessel Platz. Vor dem Gebäude wurden 101 Kanonenschüsse abgefeuert. Mathilde zog mit einem klassisch-raffinierten elfenbeinfarbenen Kleid die Blicke auf sich. Es stammte aus dem heimischen Modehaus Natan. Schwiegermutter Paola wählte ein grünes Kostüm aus dem selben Atelier.