In vielen Städten im Süden und Osten herrscht Katastrophenalarm. Zehntausende mussten ihre Häuser verlassen. Kanzlerin Merkel verspricht Hilfe.

Berlin. Kein Trinkwasser, kein Strom und braune Brühe im Keller: Die Flut nimmt kein Ende. Land unter heißt es weiterhin im Süden und Osten Deutschlands. Überquellende Flüsse überfluten weiter ganze Regionen. Und die Situation spitzt sich in manchen Orten bedrohlich zu. In Passau erreichte die Donau den höchsten Wasserstand seit mehr als 500 Jahren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich am Dienstag ein Bild über das Hochwasser in Bayern und in Ostdeutschland machen. In der überschwemmten Altstadt von Passau sind Trinkwasser und Strom ausgefallen. Bewohner werden teils aus Tankwagen mit Wasser versorgt.

In Städten in Bayern, Thüringen und Sachsen galt Katastrophenalarm. Zehntausende mussten ihre Häuser verlassen. In reißenden Bächen und Flüssen starben in Deutschland, Tschechien und Österreich etwa zehn Menschen. Weitere Opfer wurden vermisst.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren seit Sonnabend 4000 Kräfte des Bundes im Hilfseinsatz – darunter rund 1400 Soldaten. Das Ausmaß der Hochwasserschäden in Deutschland lässt sich bisher noch nicht beziffern, sagte Ernst Rauch vom Rückversicherers Munich Re. Einen Lichtblick gibt es: Der Deutsche Wetterdienst rechnet damit, dass der Regen in den kommenden Tagen fast überall in Deutschland nachlässt.

Am Montag stellte Merkel den Betroffenen Hilfe in Aussicht: „Der Bund wird auch schauen, was wir helfen können, genauso wie die Länder“, sagte die Kanzlerin in Berlin. Auch andere Politiker aus Berlin und den betroffenen Landeshauptstädten fuhren in die Krisengebiete oder kündigten ihren Besuch an.

Die deutschen Hochwassergebiete im Überblick:

BAYERN: An der Donau in Passau wurde ein neuer Hochwasser-Rekord gemessen: Das Wasser stand 12,50 Meter hoch – das gab es seit mehr als 500 Jahren nicht. Nur aus dem Jahr 1501 ist ein höherer Wert überliefert. In der Altstadt und anderen Bereichen des Zentrums kletterte das Wasser teilweise bis zum ersten Stockwerk der Häuser. Die Trinkwasserversorgung wurde eingestellt, in der Altstadt gab es zum Teil keinen Strom.

SACHSEN: An 15 Pegeln war am Montag die höchste Hochwasseralarmstufe 4 überschritten. In Grimma stand das Wasser der Mulde meterhoch in der Altstadt, die nur noch mit Schlauchbooten befahrbar war. Im Landkreis Leipzig mussten rund 6000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Sorge bereitete den Behörden die Elbe, die unvermindert anschwoll. In Schöna wurde der Richtwert für die höchste Alarmstufe 4 bei 7,50 Metern am Abend überschritten. Der Wert am Pegel Dresden stand bei 6,93 und damit noch unter der 7-Meter-Marke. Dort galt trotzdem schon Warnstufe 4. Die Stadt evakuierte ein Altenheim in Elbnähe und den Dorfkern von Gohlis und kündigte die Sperrung der ersten Elbbrücke, des Blauen Wunders, für die Nacht an.

THÜRINGEN: Teile Ostthüringens haben sich in ein Katastrophengebiet verwandelt. Etwa 2599 Menschen musste ihre Häuser und Wohnungen verlassen. In Gera sowie in den Kreisen Greiz und Altenburger Land, wo Katastrophenalarm herrschte, mussten sich mehr als 2000 Menschen in Sicherheit bringen. Der am Wochenende evakuierte Ort Serbitz stand komplett unter Wasser. Rund 12 000 Haushalte in Gera und dem Altenburger Land waren am Montag ohne Strom. Massive Probleme meldete auch der Kreis Weimarer Land rund um den Zusammenfluss von Saale und Ilm bei Großheringen und flussaufwärts an der Ilm. In der kommenden Woche will die Landesregierung eine erste Bilanz ziehen und entsprechende Hilfen beraten.

SACHSEN-ANHALT: Sachsen-Anhalt droht nach offiziellen Einschätzungen ein noch schlimmeres Hochwasser als bei der Jahrhundertflut. Halle befürchtet das schlimmste Hochwasser seit 70 Jahren. In der Stadt wurden im Wettlauf mit der Zeit Deiche mit Sandsäcken und einem mobilen System verstärkt, um Teile der Altstadt, die Plattenbausiedlung Halle-Neustadt und die Bundesstraße 80 vor Überflutung zu schützen. Es werde mit einem Wasserstand von 7,50 Meter für die Saale gerechnet, hieß es.

In anderen Bundesländern sah die Situation am Montag nicht ganz so dramatisch aus: In Baden-Württemberg entspannte sich die Lage an den Flüssen deutlich. Am Montag wurde dort jedoch die Leiche eines vermisstem Hochwasseropfers gefunden, für einen zweiten Vermissten aus dem Kreis Reutlingen bestand laut Polizei kaum noch Hoffnung. In Hessen stiegen die Pegelstände am Main nach Angaben des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie dagegen weiter.

Länder im Ausland im Überblick:

TSCHECHIEN: Landesweit sind durch die Überschwemmungen sechs Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 7000 Menschen mussten nach Angaben der Feuerwehr ihre Häuser verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen. Die Zahl der Toten stieg seit Sonntag auf sechs. Im Riesengebirge etwa fanden Rettungskräfte in der Nacht auf Montag im Fluss Upa die Leiche eines Mannes. Östlich von Prag ertrank ein 82-jähriger Rentner in den Fluten eines Baches. Bei Pilsen fiel ein 69-Jähriger in einen Abflusskanal und ertrank. Ein Elektriker starb an einem Stromschlag in einer überfluteten Trafostation. Bereits am Wochenende waren zwei Menschen in ihrem Haus gestorben. Mindestens vier Wassersportler wurden weiter vermisst.

In Prag hatte die Feuerwehr mobile Hochwasserbarrieren errichtet, um die Altstadt zu schützen. Die Stadt ging davon aus, dass diese einem Jahrhunderthochwasser standhalten könnten. Der U-Bahn-Verkehr im Zentrum der Millionenstadt wurde aus Sicherheitsgründen eingestellt.

ÖSTERREICH: In vielen Landesteilen löste das Hochwasser katastrophale Zustände aus. Zugverbindungen waren gesperrt, Innenstädte standen unter Wasser. In Tirol entgleiste in der Nacht zu Montag am Brenner ein Zug, weil eine Schlamm- und Gerölllawine die Gleise verschüttete. Zwei Menschen starben bisher durch die Wetterlage, zwei weitere wurden vermisst.

SCHWEIZ: In der Schweiz hat sich die Lage am Montag weiter entspannt. Nachdem die schweren Regenfälle Sonntagmorgen aufhörten, konnten die meisten Kantone Entwarnung geben und mit den Aufräumarbeiten beginnen. Im Kanton war möglicherweise ein Todesopfer zu beklagen: In der Ortschaft Kaltbrunn riss ein Bach in der Nacht zum Samstag einen 72-jährigen Mann mit, der zunächst nicht gefunden werden konnte.

SLOWAKEI: Die Hauptstadt Bratislava bereitet sich auf die nahende Donau-Flutwelle vor. Der slowakische Wetterdienst rief die höchste Warnstufe aus. Der Schiffsverkehr auf der Donau wurde eingestellt.