Nach dem Thronwechsel gedenken die Niederländer der Opfer des Zweiten Weltkriegs. Es war der erste Auftritt des neuen Königspaares. Mit der neuen Generation hat auch eine neue Ära begonnen.
Amsterdam. Der Kontrast konnte nicht größer sein. Statt großen Jubels herrschte am Samstag Totenstille auf dem Dam in Amsterdam. Die Fahnen hingen halbmast, statt orangener T-Shirts trugen die Tausenden Menschen schwarz. Vier Tage nach dem großen Oranje-Fest zum Thronwechsel gedachten die Niederlande der Opfer des Zweiten Weltkrieges. Es war auch der erste öffentliche Auftritt und die erste Bewährungsprobe für das neue Königspaar Willem-Alexander und Máxima.
Der Totengedenktag am 4. Mai ist traditionell ein sehr beladener Tag für das Land, in dem das Leiden im Zweiten Weltkrieg noch immer präsent ist. Jedes Jahr liegt das öffentliche Leben um Punkt 20 Uhr für zwei Minuten still, wenn die Mehrheit der rund 17 Millionen Niederländer schweigend der schätzungsweise 200 000 niederländischen Kriegsopfer gedenkt. Doch in diesem Jahr war es anders. Denn zum ersten Mal trauerte das Land gemeinsam mit einem neuen König.
Ganz in Schwarz stand das Königspaar vor dem Monument auf dem zentralen Platz der Hauptstadt. Schweigend legten sie dort einen Kranz für die Opfer nieder. König Willem-Alexander trug erstmals keine Uniform, sondern einen schwarzen Anzug. Auch Königin Máxima erschien ganz in Schwarz. Statt des sonst so strahlenden Lachens sahen die Niederländer nun die ernsten Gesichter ihres neuen Staatsoberhauptes und seiner Frau.
Über 5,6 Millionen Menschen verfolgten live auf den Bildschirmen die zentrale Gedenkfeier in Amsterdam. Mehr als 15 0000 waren zum Dam gekommen. Es waren weitaus mehr als in den Jahren zuvor. Viele wollten auch ihr neues Königspaar bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Thronwechsel am 30. April sehen.
An diesem Gedenktag wurde für jeden deutlich, dass wirklich eine neue Ära begonnen hat. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten war die bisherige Königin Beatrix (75) nicht dabei. Stattdessen stand dort ein Staatsoberhaupt, das erst 1967, also weit nach Ende des Krieges geboren wurde. Willem-Alexander ist auch der erste Monarch seit Generationen, der keinen deutschen Ehepartner hat.
Das Leiden unter der deutschen Besatzung von 1940 bis 1945 hatte Jahrzehnte lang die deutsch-niederländischen Beziehungen belastet. Seit 1945 ist das jährlich an diesen Mai-Tagen noch immer spürbar. Vor allem für die Oranje-Familie ging es dabei auch um eine sehr persönliche Geschichte. Königin Juliana, die Großmutter von Willem-Alexander, war mit dem deutschen Prinz Bernhard verheiratet, Königin Beatrix mit dem deutschen Prinz Claus.
Nun stand auf dem Dam ein König mit einer Argentinierin an seiner Seite, die über ihren Vater allerdings mit einem anderen Unrechtsregime verbunden ist. Jorge Zorreguieta war Staatssekretär des Videla-Regimes in Argentinien.
Auch daran dachten viele Niederländer, als das Paar zum Denkmal schritt. Alle Augen, aber auch viele Kameras und Handys waren auf das Königspaar gerichtet. Máxima und Willem-Alexander blieben davon aber äußerlich unberührt. Ihr Auftritt war nicht verkrampft, sondern würdig, lobten Kommentatoren und Besucher.
Nach den Schweigeminuten ergriff der frühere General Peter van Uhm das Wort. Sein Sohn war 2008 beim Einsatz in Afghanistan gefallen, einen Tag, nachdem Van Uhm selbst Oberbefehlshaber der niederländischen Streitkräfte geworden war. „Es waren dunkle Tage“, sagte Van Uhm. „Vor fünf Jahren und 16 Tagen.“ Beifall erklang. König Willem-Alexander und Königin Máxima waren deutlich ergriffen. Und in dem Moment wurde vielen deutlich: Der 4. Mai wird ein würdiger Gedenktag bleiben, auch und gerade mit dem neuen Königspaar.