Entsetzen in Berlin: Gruppe verletzt jungen Mann mit brutalen Schlägen und Tritten. Einen Tag lang kämpft er um sein Leben – vergeblich.
Berlin. Einen Tag nach dem Gewaltexzess am Berliner Alexanderplatz ist das 20-jährige Opfer im Krankenhaus gestorben. „Der Mann ist am Montag um 14.35 Uhr seinen schweren Verletzungen erlegen“, sagte eine Polizeisprecherin. Sie bestätigte damit Informationen der „Berliner Morgenpost“. Der betrunkene Mann war am Sonntag gegen 4.00 Uhr nach einem Clubbesuch in der Nähe des Roten Rathauses von mehreren Männern schwer am Kopf verletzt worden. Er musste noch vor Ort von wiederbelebt werden und lag seither im Koma.
Der schreckliche Angriff mit tödlichen Folgen erinnert in seiner Brutalität an eine Attacke mehrerer Männer im U-Bahnhof Friedrichstraße am Ostersamstag 2011. Damals wurde das Opfer ebenfalls von blindwütigen Fußtritten gegen den Kopf getroffen. Der Verfolgte kam mit dem Leben davon. Die Videobilder hatten damals bundesweit Entsetzen ausgelöst.
Innensenator Frank Henkel (CDU) kündigte an, alles dafür zu tun, um die Täter zu fassen und so lange wie möglich wegzusperren. „Hier ist eine rote Linie weit überschritten, wenn ein Mensch in unserer Stadt solch unfassbarer Gewalt ausgesetzt ist.“ Bei solch einer Tat dürfe es nicht die geringste Nachsicht geben. „Wer soviel Leid über andere bringt, der darf nicht daraufsetzen, dass Gesellschaft und Justiz Verständnis aufbringen.“
„Wir haben noch keine Hinweise auf die Täter“, sagte ein Polizeisprecher. Geprüft werde nun, ob Überwachungskameras die Tat oder die Schläger gefilmt haben. Die Polizei überlegt nun, mehr Beamte rund um den Alexanderplatz auf Streife zu schicken. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach sich dafür aus, kritisierte aber, dass in den vergangenen Jahren 4000 Stellen bei der Hauptstadt Polizei gestrichen worden seien.
„Ich halte eine größere Polizeipräsenz für sehr wichtig, um das Sicherheitsgefühl zu stärken“, sagte Henkel. „Aber wir müssen ehrlich sein: Auch wenn wir 20.000 Polizisten hätten, würden wir nur bedingt weiterkommen. Polizei und Justiz stehen am Ende einer langen Kette.“
Zwar wirkten harte Urteile abschreckend und seien zu begrüßen, sagte Henkel. Letztlich beginne das Problem aber in den Köpfen und im Wertegefüge der Bürger. „Bei einigen sind offenbar sämtliche zivilisatorischen Standards verloren gegangen. Das ist eine Herausforderung für uns alle.“
Der 20-Jährige hatte mit zwei 25 und 29 Jahre alten Freunden den Geburtstag eines Bekannten in einem Club gefeiert. Sie mussten aber den Laden wegen ihres Alkoholpegels verlassen. Die Freunde setzten den kaum noch gehfähigen 20-Jährigen an der Rathausstraße auf einen Stuhl vor einem geschlossenen Lokal und gingen weiter, um ein Taxi anzuhalten.
Laut Polizei riss dann plötzlich ein Unbekannter den Stuhl weg, so dass der 20-Jährige zu Boden stürzte. Als er sich wieder aufgerappelt hatte, erhielt er einen Faustschlag ins Gesicht. Weitere Schläger kam hinzu und prügelten und traten ebenfalls auf den am Boden Liegenden ein. Als der 29-jährige Freund des Opfers zur Hilfe eilte, wurde er von der auf sieben Köpfe angewachsenen Gruppe ebenfalls verletzt.
Henkel sprach sich für eine „schonungslose Debatte über diese Gewaltspirale“ aus. Schon im April habe er nach Schüssen auf einen 22-Jährigen in Neukölln versucht, eine gesellschaftliche Diskussion anzustoßen. Dies sei jedoch auf wenig Resonanz gestoßen. „Wir dürfen aber nicht die Augen vor diesem Problem verschließen und stillschweigend zusehen, wie sich Verrohung und Gefühlskälte in unserer Mitte breitmachen und Hemmschwellen sinken.“
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte eine bessere Vernetzung der Sicherheitsakteure. Am Alexanderplatz seien Polizei und BVG-Sicherheitsdienst für die U-Bahn zuständig, im oberen Bereich der S-Bahn hingegen die Bundespolizei und die Deutsche Bahn, sagte Berlins Landesvorsitzender Bodo Pfalzgraf.
„Die Beteiligten müssen sich im Notfall schnell gegenseitig informieren, um auch einschreiten zu können, wenn ein Täter etwa von unten nach oben flüchtet. So sei etwa eine gemeinsame Leitstellenarbeit denkbar, die für bestimmte Brennpunkte die Koordination übernehme.