Mehr als 170 Tote sind schon gezählt, und Helfer suchen weiter nach Opfern der Flutkatastrophe. Kremlchef Putin fordert eine lückenlose Aufklärung.
Moskau. Nach der verheerenden Flutkatastrophe im Süden Russlands mit mehr als 170 Toten haben die Behörden Fehler eingeräumt. Die Menschen seien vor der nahenden Gefahr nicht in vollem Umfang und wie vorgeschrieben gewarnt worden, sagte der russische Zivilschutzminister Wladimir Putschkow. Die Suche nach weiteren Opfern in der Ferienregion Krasnodar dauerte an, wie der Radiosender Echo Moskwy berichtete. Fernsehen und Kultureinrichtungen sollten wegen der nationalen Trauer am Montag auf Unterhaltungsprogramme verzichten.
„Seitens der Leiter vor Ort sowie der Dienststellen sind Fehler gemacht worden“, sagte Minister Putschkow nach der schlimmsten Hochwasserkatastrophe seit dem Zerfall der Sowjetunion vor gut 20 Jahren. Präsident Wladimir Putin verlangte erneut eine lückenlose Aufklärung. Es müsse alles objektiv aufgearbeitet werden, damit sich ein solches Unglück nicht wiederhole.
Minister Putschkow betonte, aus Stauseen sei kein Wasser abgelassen worden. Er habe sich an den Anlagen selbst davon überzeugt. Das Hochwasser sei ausschließlich Folge extremer Regenfälle gewesen. Die Wassermassen hätten die Flüsse zu reißenden Strömen verwandelt und alles vernichtet. Insgesamt seien von der Katastrophe mehr als 20 000 Menschen in der Region Krasnodar betroffen, sagte Putschkow.
Bewohner der besonders stark betroffenen 60.000-Einwohnerstadt Krimsk hingegen äußerten Zweifel an der offiziellen Version. Sie gingen weiter davon aus, dass an einem Stausee die Schleusen geöffnet worden seien.
Offenbar hatten die Behörden die Bürger nicht rechtzeitig über die herannahende Flut informiert, obschon alle Informationen vorlagen. Der Gouverneur der Region Krasnodar, Alexander Tkatschjow, feuerte die Bürgermeister der Stadt sowie auch den Chef des Bezirkes Krimsk. „Es ist erwiesen, dass sie über die Hochwassergefahr drei Stunden vorher eine Warnung erhalten haben“, teilte Tkatschjow mit. Die Menschen hätten diese Information aber nicht bekommen.
Putin sagte nach Angaben der Agentur Interfax bei einer Sitzung mit Regierungsvertretern, „man muss verstehen, dass es um das Schicksal von Menschen geht“. Er hatte am Wochenende das Überschwemmungsgebiet besucht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt angesichts der vielen Opfer wegen fahrlässiger Tötung.
Teile von Krimsk lagen weiter unter Wasser. Dort hatte überraschend eine sieben Meter hohe Welle eingeschlagen. Augenzeugen berichten in russischen Medien, dass die Zahl der Toten möglicherweise deutlich höher liege. Die Lage galt als unübersichtlich, weil viele Menschen in der Region Feriengäste bei sich aufnehmen, ohne diese zu melden. In Internetblogs beschwerten sich Bürger, dass die Behörden das Ausmaß der Katastrophe verheimlichten.
In dem Hochwassergebiet warteten Tausende Menschen, die ihre Wohnungen verloren haben, weiter auf Hilfe. Vielen fehlte es am Nötigsten wie Nahrungsmitteln und Kleidung. Die Flut hatte in der Region 1200 Kilometer südlich von Moskau mehr als 5000 Häuser überschwemmt.
Tausende Helfer waren nach der Katastrophe vom Wochenende im Einsatz. Die Behörden warnten vor möglichen neuen starken Regenfällen. Zudem waren Brücken, Straßen und Gebäude einsturzgefährdet. Mehrere Ex-Sowjetrepubliken boten Russland Hilfe an. Die russischen Behörden teilten mit, dass die Lage unter Kontrolle und Hilfe nicht nötig sei.
Krasnodar, die Partnerstadt von Karlsruhe, war selbst nicht von Hochwasser betroffen. Es gebe dort keine Opfer und auch keine nennenswerten Schäden, sagte eine Sprecherin der Stadt Karlsruhe. Deshalb werde erst einmal von Hilfslieferungen abgesehen, hieß es.