Josef Ackermann will weiter in der Öffentlichkeit auftreten. Linksautonome Organisation FAI in Italien bekennt sich zu dem Attentat.

Frankfurt/Berlin. Nach außen hin demonstriert man Normalität. Der einzige Wagen, der an diesem Donnerstag am Eingang zur Deutsche-Bank-Zentrale patrouilliert, ist der Putzkarren einer Reinigungskraft. Die üblichen zwei Sicherheitsmänner stehen mit den üblichen versteinerten Mienen an den Türen. Polizisten sieht man nur ein paar Hundert Meter weiter - sie regeln den Verkehr an einer Baustelle. Es müsse ja alles seinen normalen Gang gehen, sagt ein Mitarbeiter im BrandSpace im Erdgeschoss der Frankfurter Zwillingstürme, wo sich die Bank in schillernden Farben selbst feiert.

Tatsächlich aber ist seit Mittwochvormittag nicht mehr viel normal in der Zentrale des größten deutschen Kreditinstituts. Da ging ein brauner Umschlag im C5-Format in der Poststelle ein, adressiert an Vorstandschef Josef Ackermann persönlich. Den Mitarbeitern kam er eigenartig vor, eine Röntgenuntersuchung bestätigte dem Vernehmen nach verdächtige Formen: Drähte und Metallteile waren da auf dem Bildschirm zu sehen. Gegen Mittag schaltete die Bank die Polizei ein. Die Mitarbeiter hätten sehr gut reagiert, lobte das hessische Landeskriminalamt. Denn im Umschlag befand sich eine "sehr brisante, gefährliche Bombe", wie es die Ermittler ausdrückten.

+++"FAI": Italienische Anarchisten bekennen sich zu Anschlag+++

+++LKA: Sendung an Ackermann war Briefbombe+++

Der Schweizer gilt hierzulande für viele als das Gesicht des Kapitalismus schlechthin und damit auch als Feindbild - und dies offensichtlich selbst über die Grenzen Deutschlands hinaus. Zu dem Anschlag bekannte sich eine linksautonome Organisation namens Federazione Anarchica Informale, kurz FAI. Das hessische Landeskriminalamt konnte ein entsprechendes Bekennerschreiben in italienischer Sprache sicherstellen. Der Verfasser spricht von "drei Explosionen gegen Banken, Bankiers, Zecken und Blutsauger".

Das LKA geht daher davon aus, dass noch zwei weitere Briefbomben verschickt worden sein könnten. Bei der FAI handelt es sich nach Angaben der Polizei um eine terroristische, linksanarchistische Organisation. Die Gruppe habe bereits mehrfach die Verantwortung für Anschläge gegen staatliche Organisationen übernommen - so auch für eine Briefbombe, die 2003 an die Europäische Zentralbank geschickt wurde. Schon einmal war ein Vorstandssprecher der Deutschen Bank das Ziel eines Attentats: Im Jahr 1989 ermordete die linksradikale RAF den damaligen Bankchef Alfred Herrhausen. Auf den neuerlichen Anschlagsversuch reagierte das Institut schockiert. "Die Deutsche Bank ist sehr betroffen über den gewalttätigen Anschlagsversuch auf ihren Vorstandsvorsitzenden", hieß es in einer Stellungnahme.

Ackermann ist der mit Abstand bekannteste Manager Deutschlands. Der Schweizer steht für Rekordgewinne und standhaften Widerstand gegen staatliche Hilfe für seine Bank, andererseits aber auch für sein arrogantes Victory-Zeichen zum Auftakt des Mannesmann-Prozesses und für manchen selbstgefälligen Auftritt. Polarisiert hat er seit eh und je, Drohungen sind daher keine Seltenheit. Aber einen Anschlag gegen ihn gab es noch nie.

Die von Polizei und LKA entschärfte Bombe sei ersten Untersuchungen zufolge funktionstüchtig gewesen. Allerdings sei kein Profi-Sprengstoff verwendet worden, weder militärischer noch gewerblicher Herkunft, sagte die Frankfurter Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu. Das brennbare Pulver hätte beim Öffnen des Umschlags aber Ermittlern zufolge Verbrennungen verursachen können.

Die Finanzmarktkritiker der Occupy-Bewegung, die nahe der Deutschen Bank ihr Protest-Camp aufgeschlagen haben, verurteilten den Anschlag in einer Mitteilung "aufs Schärfste". Auch die globalisierungskritische Organisation Attac ging auf Distanz: "Es gibt bei uns einen ganz klaren Konsens: Von uns geht keine Gewalt aus."

Der Vorstandschef ist in eine hohe Sicherheitsstufe eingeordnet. So bewegt sich Ackermann grundsätzlich nicht ohne Leibwächter. Schutz durch Polizeibeamte soll er stets abgelehnt haben. Er werde sich auch künftig nicht aus der Öffentlichkeit zurückziehen, hieß es im Umfeld der Bank. Allerdings werde der Personenschutz womöglich verstärkt und nicht mehr so unauffällig sein wie bisher. (abendblatt.de)