Margrethe II. spricht in einer Biografie über ihre Ehe, das Altern und eine ihrer größten Schwächen: “Ich rede wie ein Wasserfall“.
Kopenhagen. Sie ist der Paradiesvogel unter den Royals. Dänemarks Königin Margrethe II. raucht 60 Zigaretten am Tag, kann fluchen wie ein Kesselflicker und hat eine Vorliebe für Knallfarben. Sie fand früher King Elvis doof, sieht sich als Ehefrau sowie Mutter selbstkritisch und hat R. R. Tolkiens Fantasy-Klassiker "Herr der Ringe" fast zehnmal gelesen. Anderthalb Monate vor einem runden Jubiläum gibt die bei ihrem Volk beliebte Dänen-Regentin jetzt in den Interviews ihrer Biografie "M - 40 Jahre auf dem Thron" neue Einblicke in ihr royales Innenleben.
Noch deutlich vor dem Thronjubiläum am 14. Januar, aber eben rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft können die Dänen nachlesen, ob ihre Königin sich mit ihren 71 Jahren und nach vier Jahrzehnten als Staatsoberhaupt wie eine "langweilige alte Tante" fühlt. Ganz und gar nicht: "Man guckt in den Spiegel, und - hoppla - schon schmeißt man sich auf das nächste spannende Projekt." Als Beispiele nennt die hochgewachsene Dänin (sie misst stattliche 1,86 Meter) so unterschiedliche Aktivitäten wie einen Skilanglauf, einen Besuch bei Soldaten in Afghanistan und eine Reise nach New York. Allem gemeinsam: "Man vergisst total, welches Alter man in Wirklichkeit hat."
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Ganz anders war ihr am 14. Januar 1972 zumute, als der Vater, König Frederik IX., starb und die als schüchtern und unsicher geltende Kronprinzessin mit 31 Jahren zur Königin ausgerufen wurde. Auf ihre danach nicht nur einmal gestellte Frage an Königin Ingrid ("Mutter, was sollen wir tun?") gab es als Antwort: "Daisy (das ist ihr Kosename), jetzt musst du entscheiden. Du hast das Sagen." Das half, berichtete Margrethe ihrem Biografen Jens Andersen. "Als ich kapiert hatte, dass man den Kopf nicht abschalten muss, wenn das Herz spricht, hatte das Ganze plötzlich Sinn."
Eine ganz besondere Rolle spielt für die selbstkritische Königin ("Manchmal rede ich wie ein Wasserfall") ihre Begegnung mit Tolkiens Romanzyklus "Herr der Ringe". 1969, als sie Prinz Joachim stillte, sei sie bei der Suche nach Lektüre in einer Buchhandlung rein zufällig auf das Buch gestoßen: "Es hat meine Fantasie freigesetzt. Als ich fertig war, konnte ich es nicht weglegen. Ich musste wieder von vorn anfangen." Fast zehnmal habe sie es gelesen und mindestens zweimal komplett Joachim und dem älteren Bruder, Prinz Frederik, vorgelesen. Und sie gesteht: "Ich habe mich die ganze Zeit über meine Kinder gefreut, das war es nicht. Aber es gab so viel anderes, das mich damals beschäftigte. Das muss ich schon zugeben."
Auch gegenüber ihrem aus Frankreich stammenden Ehemann, Prinz Henrik, plagt die Königin offenbar ein schlechtes Gewissen. Der heute 77-Jährige hatte 2002 öffentlich geklagt, dass er sich durch seine Rolle am Hof als Nummer drei hinter der Königin und dem Thronfolger "gedemütigt" fühle. Und nicht genug: Henrik war für eine Weile auf sein Weinschlösschen Château de Cayx in Frankreich geflüchtet.
Knapp ein Jahrzehnt später kommentiert die Königin: "Die meisten Menschen erleben wohl irgendwann so etwas in ihrer Ehe, im Freundes- oder Familienkreis." Über die eigene Rolle meint sie: "Ich habe meinem Mann wohl nicht wieder so auf die Beine geholfen, wie es hätte sein sollen. Ich habe das Problem übersehen. Ich glaube, ich habe einfach nicht genug nachgedacht."
Henrik ist längst zurück, die Königin, die übrigens ein Diplom in Archäologie hat, inzwischen siebenfache Großmutter - und Künstlerin. Schon 1977 illustrierte sie unter dem Pseudonym Ingahild Grathmer Tolkiens "Herr der Ringe". Nicht äußern wollte sich Margrethe allerdings zu ihrem inzwischen legendären Tränen- und Wutausbruch, als es harte fachliche Kritik an einem von ihr entworfenen Altar-Teppich gab.
Lieber führt sie ihren Humor zu unverfänglicheren Themen vor: "Bei uns wurde immer viel gelacht." Und alle Dänen haben schon mal gehört, wie laut ihre Königin lachen kann. So wohl auch, als sie dem kleinen Prinz Joachim im Jahr 1978 das Landgut Schackenborg vorführte, das er mal erben sollte und auch geerbt hat. Als der anderthalb Jahre ältere Kronprinz Frederik leicht verstimmt fragte, was er denn noch erben würde, tröstete ihn Joachim: "Du kriegst doch den Rest."