Im Nordwesten Russlands ist ein Passagierflugzeug des Typs Tupolew TU-134 mit 52 Insassen abgestürzt. 44 Menschen starben, acht überlebten die Bruchlandung. Nach ersten Erkenntnissen ist ein Pilotenfehler nicht auszuschließen.

St. Petersburg. Bei dem Absturz eines Passagierflugzeugs im Nordwesten Russlands mit 52 Insassen starben nach Behördenangaben am Montagabend 44 Menschen. Acht Menschen überlebten die Bruchlandung, darunter eine Mutter und ihre zwei Kinder - ein neunjähriger Junge und ein 14-jähriges Mädchen. Sie wurden schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und befinden sich derzeit in kritischem Zustand. Die Sprecherin des Katastrophenschutzministeriums, Oksana Semjonowa, sagte der Nachrichtenagentur AP, die Maschine der Fluggesellschaft RusAir sei auf dem Weg von Moskau nach Petrosawodsk gewesen

Absturz kurz vor der Landebahn

Das Ministerium machte zunächst keine Angaben zu einer möglichen Unglücksursache. Das Flugzeug sei kurz vor der Landebahn ungefähr 100 Meter von einem Dorf entfernt abgestürzt und dann auf einer Straße in Flammen aufgegangen, hieß es. Anwohner wurden Berichten zufolge nicht verletzt. Petrosawodsk liegt nahe der finnischen Grenze rund 650 Kilometer nordwestlich von Moskau in der Region Karelien.

Die staatsübergreifende Flugkommission (IAC) nannte drei mögliche Unfallursachen: schlechtes Wetter, menschliches Versagen oder technische Störungen. So sei zu dem Zeitpunkt, als die Maschine ihre letzte Landung gemacht habe, ausgerechnet die für schlechte Sicht vorgesehene Spezialbefeuerung der Landebahn ausgefallen, meldete die russische Nachrichtenagentur ITAR-Tass unter Berufung auf den stellvertretenden IAC-Vorsitzenden Alexei Morozow. Dies habe die wegen dichten Nebels ohnehin schon heikle Landung noch zusätzlich erschwert.

War es ein Pilotenfehler?

"Nach ersten Erkenntnissen ist ein Pilotenfehler unter schlechten Wetterverhältnissen offensichtlich. Er setzte nicht auf der Landebahn auf, sondern abseits“, sagte Vizeregierungschef Sergej Iwanow am Rande der weltgrößten Luftfahrtschau in Le Bourget bei Paris. Die Chartermaschine der russischen Fluggesellschaft Rusair vom Typ Tupolew Tu-134 zerschellte 400 Kilometer nordöstlich von St. Petersburg nahe der Stadt Petrosawodsk im Landeanflug am Boden.

Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte den Direktor des Flughafens von Petrosawodsk, Alexei Kusmitzki, außerdem mit den Worten, dass das Flugzeug nach vorläufigen Informationen bei der Landung ein Kabel abgetrennt habe, woraufhin die Landebahnbeleuchtung unterbrochen worden sei.

Der Fluglotse Sergei Schmatkow, der den Landeanflug der Unglücksmaschine überwachte, äußerte sich gegenüber dem Nachrichtenportal "lifenew.ru“ zum Unfallhergang. Obwohl sich die Sicht zum Zeitpunkt des Absturzes nur knapp über dem zugelassenen Wert bewegt habe, habe sich der Pilot für eine Landung entschieden, berichtet er. Sobald die Beleuchtung ausgefallen sei, habe er die Besatzung dazu aufgefordert, die Landung abzubrechen. Es sei jedoch bereits zu spät gewesen, erklärte Schmatkow. Die Flugdatenschreiber der Maschine wurden Berichten zufolge geborgen.

52 Personen befanden sich an Bord

An Bord des Flugzeugs befanden sich nach Angaben des Katastrophenschutzministeriums 52 Personen, darunter neun Besatzungsmitglieder. Die Maschine befand sich nach Angaben der Fluggesellschaft RusAir in einem guten Zustand. Das Flugzeug ist nach offizieller Darstellung erst kürzlich gewartet worden. Tupolews wurden schon zu Sowjetzeiten gebaut. "Wenn man sich die Zahl der Unglücke bei dem seit 40 Jahren hergestellten Typ anschaut, dann lässt sich sagen, dass dies eines der zuverlässigsten Flugzeuge der Welt überhaupt ist“, sagte der prominente Pilot Magomed Tolbojew. Er kritisierte den Zustand der Ausbildung von Piloten in Russland, die mit zu wenig Erfahrung in die Luft gelassen würden.

Die Niederlassung des Katastrophenschutzministeriums in der Region Karelien berichtet, am Montag um 23.40 Uhr Ortszeit (21.40 Uhr MESZ) sei der Funkkontakt zum Piloten abgerissen. Auf Bildern russischer Fernsehsender waren verkohlte Metallfragmente zu sehen, die auf der Straße verstreut waren. Etwa einen Kilometer von ihr entfernt zeichnete sich die Landebahn ab. Über dem Wald im Hintergrund hing dichter Nebel. Das einzige identifizierbare Bauteil des Flugzeugs war ein aus dem Boden herausragendes Fahrgestellteil.

Deutsch-Russe unter den Opfern

Unter den Todesopfern befand sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch ein deutsch-russischer Passagier. Nähere Angaben machte das Ministerium nicht. Das Außenministerium steht in Kontakt mit den Angehörigen des Mannes. Das russische Katastrophenschutzministerium bestätigte zudem den Tod von vier Passagieren mit amerikanischer und russischer Staatsbürgerschaft, eines Schweden, eines Niederländers sowie zwei Ukrainern.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew sprach den Familien der Opfer in einer Stellungnahme sein Beileid aus und entsandte seinen Verkehrsminister Igor Lewitin nach Petrosawodsk.

Am Montag hatte die Internationale Luftfahrverband (IATA) mitgeteilt, dass Russland in jüngster Zeit Fortschritte bei der Luftverkehrssicherheit gemacht habe. Demnach hatte in den vergangenen drei Jahren keine der 13 großen Fluggesellschaften tödliche Unfälle verzeichnet.

Für Dienstag ist ein Auftritt des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin bei der Luftfahrtschau in Le Bourget bei Paris zur Unterstützung der russischen Luftfahrtindustrie geplant. (Mit Material von dapd und dpa)