In seiner Osterbotschaft äußerte sich das Oberhaupt der katholischen Kirche auch zur europäischen Flüchtlingspolitik.
Vatikanstadt. Papst Benedikt XVI. hat den Christen in aller Welt den traditionellen Ostersegen "Urbi et Orbi“ ("Der Stadt und dem Erdkreis“) erteilt. Vor zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom sprach das deutsche Oberhaupt der katholischen Kirche von der Benediktionsloggia des Petersdom den Segen in 65 Sprachen. Vor der Osterbotschaft hielt Benedikt XVI. die Ostermesse. Die Zeremonie wurde in zahlreiche Länder übertragen. Am Nachmittag begibt sich der 84-Jährige zu einem kurzen Erholungsurlaub nach Castelgandolfo im Süden Roms. Zur Seligsprechung von Johannes Paul II. am 1. Mai wird er im Vatikan zurückerwartet.
Bevor er die Osterglückwünsche übermittelte, sagte der Papst auf dem Petersplatz, die Hoffnung der Auferstehung des gekreuzigten Christus müsse vor allem für die Orte der Welt gelten, an denen Armut und Krieg herrsche.
"Hier in dieser Welt steht das österliche Halleluja noch im Gegensatz zum Klagen und Schreien, das aus vielen schmerzvollen Situationen hervordringt: Elend, Hunger, Krankheit, Krieg und Gewalt“, sagte Benedikt. Vor Zehntausenden Pilgern aus aller Welt äußerte der Papst zugleich die Hoffnung auf Versöhnung, vor allem in der Region um den Geburtsort von Jesus im Nahen Osten. Das "Licht des Friedens und der Menschenwürde“ möge die "Finsternis der Teilung, des Hasses und der Gewalt“ überwinden.
Vor dem Hintergrund kriegerischer Gewalt in Libyen forderte das Kirchenoberhaupt dringend eine Rückkehr zu diplomatischen Verhandlungen, um zu einer friedlichen Lösung des Konflikts zu gelangen. Diese müsse zunächst vor allem die Zufuhr humanitärer Hilfe für die betroffene Bevölkerung garantieren.
Die Bevölkerungen der arabischen Länder, die sich seit Jahresbeginn gegen diktatorische Regime auflehnen, rief Benedikt auf, gemeinsam Gesellschaftssysteme aufzubauen, in denen Armut überwunden und politische Entscheidungen von der Achtung vor der Menschenwürde getragen sind. An die europäischen Länder appellierte der Papst, die zahlreichen Flüchtlinge aus den von den Unruhen betroffenen Ländern "gemeinsam solidarisch“ aufzunehmen.
Sorge um Elfenbeinküste
Besondere Sorge äußerte Benedikt über die bürgerkriegsartigen Unruhen zwischen den Anhängern des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo und seinem international anerkannten Nachfolger Alassane Ouattara in der Elfenbeinküste. "Dort muss dringend ein Weg der Versöhnung und der Vergebung beschritten werden, um die tiefen Wunden zu heilen, die die Gewalt in letzter Zeit geschlagen hat.“
Seine Solidarität äußerte das Kirchenoberhaupt zudem mit der japanischen Bevölkerung, die unter den Folgen der verheerenden Erdbebenkatastrophe vom März leidet, sowie mit Christen weltweit, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Die Auferstehung, die Christen an Ostern feierten, sei "nicht das Ergebnis von Spekulation oder mystischer Erfahrung, betonte der Papst. Mit dem Hinweis auf den historischen Zeitpunkt von Kreuzigung und Auferstehung unterstrich er den Wahrheitsanspruch der christlichen Botschaft, obgleich diese “gewiss die Geschichte überschreitet“.
Am Karfreitag hatte sich der Papst erstmals in einem Fernsehinterview Fragen von Bürgern gestellt. Außerdem gedachte Benedikt XVI. mMit einem Gottesdienst im Petersdom des Leidens und Sterbens Jesu. Nach Schriftlesungen und den Großen Fürbitten stand die Verehrung des Kreuzes im Zentrum der zweieinhalbstündigen Feier. Zahlreiche Kardinäle und Bischöfe sowie beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomaten nahmen an der Zeremonie teil.
Der apostolische Segen "Urbi et Orbi"
Der apostolische Segen "Urbi et Orbi“ gehört zu den bekanntesten Riten der römisch-katholischen Kirche. Die imperiale Formel "der Stadt und dem Erdkreis“ geht auf die alten Römer zurück. Das antike Reichsbewusstsein setzte die Stadt Rom (urbs) mit dem Erdkreis (orbis) gleich. Die Kirche fügte sie erstmals im 13. Jahrhundert in das offizielle Ritual ein.
Heute wird der Segen zu feierlichen Anlässen etwa am Ostersonntag, am ersten Weihnachtstag oder nach einer Papstwahl erteilt. Er muss vom Papst als Bischof von Rom und als Oberhaupt der Weltkirche gespendet werden. Mit päpstlicher Erlaubnis können auch Kardinäle, Bischöfe oder Priester den Segen erteilen.
Die Zeremonie auf dem Petersplatz ist für alle Gläubigen mit einem Sündenablass verbunden. Die Grußbotschaft wird traditionell in mehr als 60 Sprachen gesprochen. Inzwischen ist der Segen zum Quotenrenner geworden. Tausende strömen alljährlich auf den Petersplatz, Millionen verfolgen weltweit über Radio, Fernsehen oder Internet das Geschehen.
Christen feiern Ostern in Jerusalem
Auch in Jerusalem haben sich am Ostersonntag gläubige Christen aus aller Welt zum Osterfest versammelt. In der Grabeskirche in der Altstadt begann am Vormittag das traditionelle Gebet der katholischen Glaubensgemeinde. Es wurde von dem lateinischen Patriarchen Fouad Twal zelebriert, dem höchsten Repräsentanten der katholischen Kirche im Heiligen Land.
Gläubige anderer christlicher Kirchen hatten dort bereits in der Nacht Gottesdienste abgehalten. Die Grabeskirche ist die heiligste Stätte der Christen. Sie steht der Überlieferung nach am Ort der Kreuzigung und Wiederauferstehung von Jesus Christus. (epd/kna/afp/dpa)