Pfarrer Johannes Pricker erklärt, warum der Karfreitag wichtig ist
Karfreitag ist ein Tag für jene, die dem Kreuz nicht ausweichen. Die vielleicht darunter zusammenbrechen wie Jesus; die am Ende sind mit ihrer Schuld, mit ihrem Leben, die aber dennoch ihren Weg weitergehen. Unter Schreien und Tränen ist Jesus diesen Weg gegangen.
Der Karfreitag ist der Gedächtnistag der Kreuzigung. Er wird als Fastentag und im Zeichen der Trauer in Stille und Besinnung begangen. Es ist Tradition, dass die Gemeinde an diesem Tag den Atem anhält. Der Schmerz und dieses Geheimnis des Sterbens Jesu sind so groß und unsagbar, dass der Gottesdienst am Nachmittag zur Todesstunde Jesu um 15.00 Uhr wortlos beginnt: Wir Menschen können uns nur in Stille vor der Größe des Leidens verneigen.
Im Karfreitagsgottesdienst wird uns die Passion Jesu im Johannesevangelium vor Augen geführt.
Aber auch die von Jesus angedeutete Erlösung. Erlösung, das ist nicht der leise Mantel einer Fee, der sich über alles legt: Es ist ja doch nicht so schlimm, es wird alles wieder gut. Das wäre ein Hohn auf das Leid, auch auf die Leidenden in dieser Welt. Nein: Jesus Christus ist gestorben für alle.
Wie soll man das verstehen? Niemand außer dem Christentum wagt zu behaupten, dass uns aus dem Leiden und Sterben das Heil zukommen soll. Was soll an einem Sterben Besonderes sein? Es sind viele für andere, auch für eine angeblich bessere Welt gestorben, sogar geopfert worden. Die Passion Christi ist mehr als ein Martyrium. Sie ist mehr als das Sterben eines den Menschen gütig zugeneigten Unschuldigen.
Christen "feiern" das Leiden Jesu, weil sich in diesem Leiden, in dieser Hingabe bis zum Äußersten, uns eine Hand entgegenstreckt, die nicht unsere Hand ist. Es gibt Erlösung, weil es eine Liebe gibt, die durch nichts in Hass umgewandelt werden kann: die Liebe Gottvaters.
In der Passion Jesu zeigt sich die grenzenlose Passion Gottes für uns. Das Standhalten unter dem Kreuz ist nur möglich in der Gewissheit, dass er uns Auferstehung und ewiges Leben schenken will. Gott hat Jesus aus dem Tod genommen und die Menschen erfahren lassen, was Jesus jemals gelehrt und getan hatte.
Hier wird nichts von der Gemeinheit, von der Folter, vom Verrat weggewischt. Wir sollten die ganze Brutalität unserer Tage darin wiederfinden. Im Gottesdienst erfordert nichts so sehr unsere Menschlichkeit und unser Bemühen, Ängste zu überwinden und der Berührung mit dem Leid nicht aus dem Weg zu gehen.