20 der Fukushima-Helfer sind radioaktiv verseucht. Der verzweifelte Kampf gegen die Kernschmelze geht weiter.
Tokio/Berlin. Eine Woche nach dem Erdbeben in Japan läuft im Kampf gegen eine atomare Katastrophe im Katastrophen-AKW Fukushima 1 die Zeit davon: Techniker und Soldaten arbeiten mit Hochdruck an den Reaktoren 1 bis 4 gegen die tödlichen Bedrohungen aus dem Reaktorkern und den Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe. Der Einsatz gegen den drohenden Super-GAU forderte die ersten Strahlenopfer. Schon 20 Arbeiter und Polizisten sind bei ihrem Einsatz in Fukushima radioaktiv verstrahlt worden. Einer der Helfer habe "eine sehr hohe Strahlendosis" abbekommen, teilte die internationale Atombehörde IAEA mit.
Die deutsche Botschaft in Tokio hat mittlerweile Konsequenzen aus der dramatischen Entwicklung in dem schwer beschädigten Atommeiler Fukushima 1 gezogen. Wegen der hohen Strahlengefahr arbeiten die Diplomaten jetzt von Osaka aus. Tokio liegt nur gut 250 Kilometer vom Katastrophen-AKW entfernt.
Die Techniker, Ingenieure, Feuerwehrleute und Arbeiter, die direkt auf dem Kraftwerksgelände versuchen, die Reaktoren unter Kontrolle zu bringen, müssen schon jetzt um ihr Leben bangen. "Das sind Todeskandidaten", sagte Sebastian Pflugbeil, Präsident der deutschen Gesellschaft für Strahlenschutz. Die gewaltige radioaktive Strahlung sei für die Helfer eine "Katastrophe". Nuklearmediziner sind überzeugt, dass viele der Männer an Krebs erkranken werden.
Gestern wurden über dem Kraftwerk zeitweise knapp 90 Millisievert Strahlung pro Stunde gemessen. In Deutschland gilt ein Grenzwert von einem Millisievert - pro Jahr. Auch in der Evakuierungszone rund um das Kraftwerk stieg die gemessene Strahlung nach Angaben der IAEA stark an.
Trotz der großen Strahlengefahr meldeten sich beim Kraftwerksbetreiber Tepco gut 20 Freiwillige für den Katastropheneinsatz in Fukushima 1. "Ich begebe mich auf eine Art Mission", sagte einer von ihnen seiner Tochter zufolge. Der 56 Jahre alte Mann steht wenige Monate vor seiner Pensionierung.
Alle Versuche, die möglicherweise kurz vor einer Kernschmelze stehenden Reaktorblöcke 3 und 4 zu kühlen, hatten keinen nachhaltigen Erfolg. Zeitweise wurde die Anlage mit Wasserwerfern beschossen, zeitweise warfen Hubschrauber Meerwasser ab. Eine Notstromleitung, mit deren Hilfe die Kühlsysteme wieder in Gang gesetzt werden könnten, wurde nach Angaben der IAEA bis zum Block 2 verlegt.
In den von der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe zerstörten Regionen im nordöstlichen Japan kämpfen die Menschen gegen die bittere Kälte. Benzin und Nahrungsmittel werden dort zunehmend knapp, vielerorts gibt es weder Strom noch Trinkwasser. Die Zahl der offiziell registrierten Todesopfer stieg auf fast 6000. Knapp 10 000 Menschen gelten als vermisst.
In Deutschland bleibt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch nach der vorübergehenden Abschaltung alter Kernkraftwerke auf Atomkurs. In einer Regierungserklärung im Bundestag ließ sie offen, ob die für drei Monate stillgelegten Meiler danach wieder ans Netz gehen. "Was wir brauchen, ist ein Ausstieg mit Augenmaß", sagte Merkel. Forderungen der Opposition nach einem schnelleren Ausstieg hielt sie entgegen, Deutschland könne nicht sofort auf Kernkraftwerke verzichten. "Sie gehören zu den weltweit sichersten", betonte die Kanzlerin.
Von den acht AKWs, die vorerst vom Netz gehen sollen - es sind die sieben ältesten und Krümmel - waren gestern die meisten bereits abgeschaltet. Neckarwestheim 1, Philippsburg 1 und Isar 1 wurden heruntergefahren, heute soll Unterweser folgen. Biblis B, Brunsbüttel und Krümmel (beide Schleswig-Holstein) stehen derzeit ohnehin still.
Freitag, 18. März
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14.31 Uhr: Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat Japans Ministerpräsident Naoto Kan erneut die Hilfe seines Landes angeboten. Sarkozy würdigte in dem Telefonat nach Angaben seines Amtes „den Mut und die außergewöhnliche Würde“ des japanischen Volkes angesichts der Katastrophe in dem Inselreich. Frankreich stehe bereit, um weitere Hilfe für den Schutz der Bevölkerung sowie bei der Krisenbewältigung im Atomkraftwerk Fukushima Eins zu leisten. Schon vor Tagen hatte Sarkozy als „Geste der Solidarität Frankreichs und der Länder der G-8 und der G-20“ einen Besuch in Japan vorgeschlagen. Voraussetzung wäre aber das Einverständnis der japanischen Behörden.
13.42 Uhr: Am Katastrophen-AKW Fukushima 1 sind am Freitag fast 140 Feuerwehrleute aus Tokio zum Einsatz gekommen. Diese rückten mit 30 Fahrzeugen an, berichtete das staatliche Fernsehen NHK am Freitagabend (Ortszeit). Sie verspritzten 50 Tonnen Wasser auf den havarierten Reaktor 3, um eine Kernschmelze darin zu verhindern. Es handelte sich um Fahrzeuge, die normalerweise für Einsätze an hohen Gebäuden gedacht sind: Mit ihnen können die Feuerwehrleute aus 22 Metern Wasser spritzen.
13.08 Uhr: Noch mehr als 30 Kilometer vom Katastrophen-AKW Fukushima 1 entfernt ist eine deutlich erhöhte Strahlenbelastung festgestellt worden. Die Verstrahlung nordwestlich der havarierten Anlage lag bei 170 Microsievert am Donnerstag und 150 Microsievert am Freitag, wie das japanische Wissenschaftsministerium mitteilte. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Die höchste Belastung habe dabei in einer Zone gelegen, die bisher nicht evakuiert worden ist. Die Menschen hier wurden lediglich aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben. Nach Expertenmeinung nehmen Menschen bei der gemessenen Belastung innerhalb von sechs bis sieben Stunden so viel Strahlung auf, wie sonst innerhalb eines Jahres gerade noch verträglich wäre.
Die Strahlung direkt am Reaktor ist um ein Vielfaches höher: Erst am Donnerstag hatten die Betreiber nach eigenen Angaben wieder 400 Millisievert am Block 3 gemessen. Ein Millisievert sind 1000 Microsievert. Die japanische Regierung hat den Umkreis von 20 Kilometern um das Kraftwerk evakuiert. Wer bis zu 30 Kilometer entfernt lebt, soll im Innern von Häusern bleiben.
12.41 Uhr: Ministerpräsident Naoto Kan hat sich in einer Fernsehansprache an die Menschen in Japan gewandt. „Japan als Land wird die Katastrophe überwinden und sich erholen“, betonte Kan. Die Bevölkerung habe die erste Woche nach der Katastrophe mit Ruhe bewältigt. Die atomare Krise erlaube keinen Optimismus. Den Opfern und Angehörigen der Opfer drückte er sein Beileid und Mitgefühl aus. Ministerpräsident Kan erklärte weiter, Japan stehe vor der größten Krise der Nachkriegszeit. Als Antwort würden alle verfügbaren Kräfte gebündelt.
12.37 Uhr: Das US-Militär hat Japan Unterstützung durch 450 Strahlenexperten angeboten. Die Einheit könne dem Land bei der Bewältigung seiner Nuklearkrise helfen, sagte der Befehlshaber des US-Pazifikkommandos, Admiral Robert Willard. Ein Team aus neun US-Spezialisten sei bereits nach Japan geschickt worden. Es soll die Behörden unterstützen, den drohenden Super-GAU in den außer Kontrolle geratenen Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima abzuwenden. Die US-Experteneinheit könne unter anderem zur Strahlenmessung und Dekontamination verstrahlter Menschen oder Objekte eingesetzt werden, hieß.
11.42 Uhr: Auf die massive Kritik am Krisenmanagement der japanischen Regierung hat Ministerpräsident Naoto Kan mit dem Versprechen reagiert, mehr Informationen über die Atomkrise zu liefern. „Ich möchte versprechen, dass wir der internationalen Atomenergiebehörde IAEA so viele Informationen wie möglich zur Verfügung stellen wollen, auch der ganzen Welt“, sagte Kan nach einem Treffen mit IAEA-Chef Yukiya Amano am Freitag in Tokio.
11.11 Uhr: Neben Wasserwerfern und Hubschraubern ist zur Kühlung der Reaktoren im Atomkraftwerk Fukushima 1 jetzt auch ein Diesel-Generator im Einsatz. Der Generator sorge von Reaktor 6 aus für die Wasserzufuhr in die Abklingbecken mit gebrauchten Brennstäben der Reaktoren 5 und 6, berichtete die Internationale Atomenergiebehörde IAEA unter Berufung auf japanische Behörden. Nach den der IAEA vorliegenden Daten scheinen die bisherigen Kühlungsversuche bei den Abklingbecken am Donnerstag nur wenig Wirkung gehabt zu haben.
10.41 Uhr: Japan hat die Gefährlichkeit des Störfalls im Atomkraftwerk Fukushima hochgestuft. Der Störfall wurde von der Stufe 4 auf die Stufe 5 der internationalen Bewertungsskala Ines eingeordnet, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Die Bewertungsskala ist in 7 Stufen unterteilt. Danach beschreibt Stufe 4 einen „Unfall mit lokalen Konsequenzen“, Stufe 5 einen „Unfall mit weitreichenden Konsequenzen“. Schon vor Tagen hatten die französische Atomsicherheitsbehörde (ASN) und das unabhängige US-Institut für Wissenschaft und Internationale Sicherheit (Isis) den Unfall auf der zweithöchsten Stufe 6 - „ernster Unfall“ - eingeordnet.
Die Skala für nukleare Ereignisse heißt Ines (International Nuclear Event Scale) und reicht von Stufe 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung) bis 7 (schwerste Freisetzung mit Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in einem weiten Umfeld).
9.48 Uhr: Japans Ministerpräsident Naoto Kan besucht möglicherweise am Montag das Katastrophengebiet im Nordosten des Landes. Das deutete Regierungssprecher Yukio Edano nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo an. Eine Woche zuvor hatten das Erdbeben mit der Stärke 9,0 und ein Tsunami die Region zerstört. Mehr als 6500 Menschen starben, Tausende werden noch immer vermisst. In rund 2200 Notfalllagern leben Kyodo zufolge derzeit mehr als 380.000 Obdachlose. Einige sind schon wegen der Kälte gestorben. Die Versorgung etwa mit Lebensmitteln ist immer noch sehr schwierig.
9.34 Uhr: Sie werden die "Fukushima 50“ genannt - jetzt bekommen die Männer, die im havarierten Atomkraftwerk in Japan gegen den Super-GAU kämpfen, Verstärkung. Mehr als 120 Männer seien inzwischen am Ort des Geschehens im Einsatz, darunter auch Spezialisten anderer Atomkonzerne, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft Tepco. Japanische Medien berichteten am Freitag, es seien rund 140 Feuerwehrleute auf dem Weg zum Kraftwerk, um die Armee zu unterstützen.
9.16 Uhr: Der Betreiber des japanischen Unglücksreaktors Fukushima erwägt erstmals öffentlich, das Kraftwerk unter einer Schicht aus Sand und Beton zu begraben. "Es ist nicht unmöglich, die Reaktoren mit Beton zu überziehen“, teilte Tokyo Electric Power mit. Zunächst solle aber versucht werden, den Reaktor abzukühlen.
8.37 Uhr: Die japanische Regierung hat den Betreibern des Atomkraftwerks Fukushima 1 einem Bericht zufolge verboten, seine Mitarbeiter von der Anlage abzuziehen. Laut der Zeitung "Mainichi Shimbun“ äußerte der Energieversorger Tepco am Montag gegenüber der Regierung Sorge über die Sicherheit seiner Angestellten. Demnach kam das Unternehmen zu dem Schluss, dass es "schwierig“ sein werde, das Kraftwerk nach den Explosionen und Bränden an den Reaktoren wieder unter Kontrolle zu bringen. Regierungschef Naoto Kan habe aber die Bitte, die Mitarbeiter abziehen zu dürfen, zurückgewiesen.
8.17 Uhr: Der AKW-Betreiber Tepco hofft, die Reaktoren 1 und 2 am Sonnabend mit der wiederhergestellten Stromverbindung versorgen zu können. Das berichtet der Sender NHK.
7.39 Uhr: Die Kühlversuche per Wasserwerfer sollen nun auch auf Reaktor 1 des Atomkraftwerks Fukushima 1 ausgeweitet werden. Das sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Zuvor war der Einsatz der Wasserwerfer nur für die Blöcke 3 und 4 geplant gewesen. Um die Situation zu entschärfen, war geprüft worden, ob auch Reaktor 1 auf diese Weise gekühlt werden könne. Edano betonte laut TV-Sender NHK, dass die Lage an Reaktor 1 nicht so dramatisch sei wie an den Blöcken 3 und 4.
6.57 Uhr: Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Yukiya Amano, fordert den japanischen Ministerpräsidenten Naoto Kan auf, mehr spezifische Informationen über die Situation in den Reaktoren des Kernkraftwerks Fukushima bereitzustellen.
6.15 Uhr: Am havarierten Atomkraftwerk Fukushima 1 haben Feuerwehrleute und Soldaten mit einem zweiten Kühlversuch begonnen. Einsatzfahrzeuge der Armee richteten ihre Wasserfontänen auf die strahlenden Reaktoren.
5.54 Uhr: Zumindest heute werden die Armee-Helikopter nicht erneut zum Einsatz kommen, um die Reaktoren am Unglücks-Atomkraftwerk zu kühlen. Das berichtet der Fernsehsender NHK unter Berufung auf Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa. Zunächst sollen Armee und Feuerwehr vom Boden aus mit Wasserwerfern arbeiten.
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Feuerwehrmänner aus Tokio sollen beim Kühlen der überhitzenden Reaktoren im Atomkraftwerk Fukushima 1 helfen. Mehr als 100 Helfer seien in der Stadt Iwaki südlich der Anlage in Fukushima angekommen, berichtete der Fernsehsender NHK. Er zeigte Aufnahmen von nebeneinander aufgereihten roten Einsatzwagen.
Am Nachmittag sollen die Feuerwehrleute damit beginnen, den Reaktor 3 von außen zu kühlen. Ob dies auch bei Reaktor 1 möglich sei, werde geprüft, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Wenn die Aktion gelinge, würde die Situation weniger gefährlich. Die Feuerwehr habe Ausrüstung dabei, um Tonnen von Wasser über große Entfernungen zu versprühen, berichtete NHK. Die Reichweite der Wasserwerfer, die am Donnerstag eingesetzt wurden, sei nicht ausreichend gewesen.
Am Morgen wurden außerdem Arbeiten fortgesetzt, um die Stromversorgung an dem havarierten Kraftwerk wieder herzustellen. So soll die Kühlung der Reaktoren wieder in Gang gesetzt werden. Zudem sollen auch Hubschrauber weiter Wasser aus der Luft versprühen.
Die am Kraftwerk gemessene radioaktive Strahlung sei derzeit nicht so stark, dass sie der Gesundheit unmittelbar schade, sagte Edano. Allerdings hänge die Intensität von verschiedenen Faktoren wie Windrichtung, Schnee und Regen ab. Es solle sichergestellt werden, dass sich keine Einwohner mehr im Umkreis der Anlage aufhielten.
Die Messungen der Radioaktivität sollen ausgeweitet werden. "Wir wollen die Beobachtungen in der Umgebung erhöhen für weitere Analysen“, sagte Edano. Er nannte einen Radius von 30 Kilometern. (dpa)
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