Im Berliner Bendlerblock hat der 15. deutsche Verteidigungsminister Abschied genommen. Lesen Sie den Verlauf der Zeremonie hier nach!
Berlin. Ein letztes Mal steht Karl-Theodor zu Guttenberg im Rampenlicht. Auf einem kleinen roten Podest vor dem Berliner Bendlerblock folgt er zusammen mit seinem Nachfolger Thomas de Maizière und Generalinspekteur Volker Wieker dem Großen Zapfenstreich. Es ist das höchste militärische Zeremoniell der Bundeswehr, an dem Guttenberg als Verteidigungsminister mehrfach teilgenommen hat – zum Abschied von Generälen und einem Bundespräsidenten. Jetzt gilt die Zeremonie ihm selbst.
Es sei ein „schmerzlicher Abschied“ sagt er bei einem Empfang vor dem Zapfenstreich vor etwa 450 geladenen Gästen. Aus seiner Rede ist Bitterkeit herauszuhören, aber auch Demut. Er habe viel gelernt in den vergangenen Jahren, unter anderem, „was den Wert von Freundschaften angeht“, sagt er. Nun wolle er zur Ruhe kommen, das Geschehene aufarbeiten, sich um seine Familie kümmern. Es stehe aber auch eine „Zeit der Reue, wahrscheinlich auch der Buße“ bevor.
„Ich weiß, die Bundeswehr ist in guten Händen“, ruft er seinem Nachfolger de Maizière zu. Die letzten Worte gelten der Truppe, deren oberster Befehlshaber er 16 Monate lang war: „Gottes Segen der Bundeswehr, ich melde mich ab.“
Seine Musikauswahl für den Großen Zapfenstreich auf dem Paradeplatz des Berliner Bendlerblocks war mit Spannung erwartet worden. Neben zwei Märschen entschied sich der AC/DC-Fan für einen Rock-Klassiker der fast auf den Tag genau so alt ist wie er selbst: „Smoke on the Water“ von Deep Purple.
Er erzählt eine Geschichte, die irgendwann einmal als Parabel auf die Karriere des Oberfranken herhalten könnte. Es geht um die Entstehung des Albums „Machine Head“, das Deep Purple eigentlich im Casino von Montreux aufnehmen wollten. Am 4. Dezember 1971 – einen Tag vor Guttenbergs Geburt – brach dort während eines Konzerts von Frank Zappa Feuer aus, das Gebäude am Genfer See brannte ab, und auch die Produktion der Deep Purple-Scheibe geriet in Gefahr. Die Band wich schließlich ins Grand Hotel aus und produzierte dort eins der wichtigsten und erfolgreichsten Alben der Rock-Geschichte.
Ob auch die politische Karriere Guttenbergs irgendwann wieder in die Erfolgsspur kommt, ist noch offen. Zunächst werde er Zeit brauchen, um seine Wunden zu heilen, betont Guttenberg in seiner Abschiedsrede. Er hat sich aber schon einiges vorgenommen. Unter anderem will er offenbar in einem Buch eine Zwischenbilanz seiner politischen Karriere ziehen. Er wolle die eine oder andere Erinnerung aufschreiben, sagt er, und fügt ironisch im Hinblick auf die ungekennzeichneten Zitate in seiner Doktorarbeit hinzu: „Es sind eigene Gedanken, die ich aufschreiben werde.“
Was Guttenberg in seiner Auszeit sonst noch vor hat, darüber gibt es nur Spekulationen. Seinen Wohnsitz in Berlin will er dem Vernehmen nach auf jeden Fall behalten. Aus dem politischen Berlin verschwindet er trotzdem bis auf weiteres. Neben seinem Ministeramt und den Parteiämtern hat er auch sein Bundestagsmandat nach achteinhalb Jahren niedergelegt – obwohl er 2009 das beste Ergebnis aller Direktkandidaten erzielt hat. Sein Büro im Wahlkreis Kulmbach bleibt dagegen als Anlaufstelle für Bürger geöffnet. „Oberfranken werde ich ... nicht im Stich lassen“, hatte er nach seinem Rücktritt erklärt. „Ebenso wenig meine politische Heimat, die CSU.“
Herzliche Worte hatte der neue Verteidigungsminister de Maizière bei der Verabschiedung für seinen Nachfolger parat. In seiner Rede sprach er mehrfach vom „lieben Karl-Theodor“ und vom „lieben KT“, und geißelte die Kritik in der Plagaiatsaffäre als überzogen. „Was Sie in Ihrer Amtszeit geleistet haben, wird den letzten Eindruck überdauern.“ Als Guttenberg schließlich zusammen mit seiner Frau Stephanie nach dem Großen Zapfenstreich zum letzten Mal in die Dienstlimousine steigt, die sie vom Bendlerblock wegbringt, brandet unter den Zuschauern Beifall auf. Kanzlerin Angela Merkel lässt es sich nicht nehmen, ihren Ex-Minister, der ihr in den vergangenen Tagen so viel Ärger eingebracht hat, selbst zu verabschieden.
Lesen Sie hier noch einmal den Großen Zapfenstreich zum Ausstand von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach:
19.02 Uhr: Die Limousinen fahren vor und holen die geladenen Gäste ab. Vorher schütteln sich Angela Merkel und Stephanie zu Guttenberg noch einmal die Hände.
19 Uhr: Der Große Zapfenstreich ist beendet, Karl-Theodor zu Guttenberg ist nicht mehr länger Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland. Mit einem Händedruck übergibt er das Amt an seinen Nachfolger Thomas de Maizière.
18.57 Uhr: Das Bataillon nimmt Gewehre und Helme wieder auf. "Augen gerade aus!" - und Abmarsch...
18.54 Uhr: Der Kommandeur salutiert Guttenberg zur Deutschen Nationalhymne. Die bundesdeutsche Flagge wird gehisst, Guttenberg und de Maizière singen inbrünstig mit.
18.52 Uhr: Nun folgt das Abschlagen nach dem Gebet.
18.50 Uhr: Die Soldaten setzen ihre Helme ab zum Gebet.
18.48 Uhr: Mit ernster Mine lauscht Guttenberg der "Retraite" des Spielmannszuges.
18.45 Uhr: Der Große Zapfenstreich beginnt nun auch offiziell - mit dem Zapfenstreichmarsch.
18.42 Uhr: Mit der Interpretation des „Großen Kurfürst“ endet die musikalische Einführung des Zapfenstreichs.
18.40 Uhr: Eher in der Blasmusik zuhause ist dagegen der Marsch "König Ludwig II", das zweite Wunsch-Stück Guttenbergs, das nun gespielt wird.
18.36 Uhr: Und wird es rockig: Das Musikcorps des Wachbataillons spielt auf zu Deep Purples "Smoke on the Water" - Eine Coverversion, versteht sich. Da muss selbst Hardrock-Fan Guttenberg schmunzeln.
18.33 Uhr: Das Musikcorps spielt den "Großen Kurfürsten Reitermarsch".
18.32 Uhr: Stephanie zu Guttenberg sitzt neben Kanzlerin Merkel.
18.30 Uhr: Guttenberg erhält die Ehrenurkunde des "Wachbataillons des Bundesministeriums der Verteidigung".
18.28 Uhr: Begleitet von Trommelwirbel und zu zackigen Befehlen des Kommandanten marschieren die Fackelträger weiter.
18.25 Uhr: Der Große Zapfenstreich beginnt: Zum Militärmarsch ziehen die mit Gewehren und Fackeln ausgestatteten Bundeswehrsoldaten zu Ehren Guttenbergs auf. Guttenberg selbst verfolgt das Schauspiel links neben seinem Nachfolger de Maizère.
18.23 Uhr: Guttenberg suchte sich für seinen Abschied drei Stücke aus: Den Rock-Klassiker „Smoke On The Water“ von Deep Purple sowie die Märsche „Großer Kurfürst“ und „König Ludwig II“.
18.18 Uhr: Kanzlerin Merkel rät Guttenberg zu einer Besinnungspause vor einer möglichen Rückkehr. „Ich würde mich freuen, wenn er eines Tages in die Politik zurückkommt, aber jetzt braucht er eine Phase, in der er den nötigen Abstand zu den Geschehnissen findet“, sagte Merkel der „Bild“-Zeitung.
18.10 Uhr: Geehrt wird Guttenberg heute von seinem Nachfolger, Thomas de Maizière (CDU). Kurz vor dem Zapfenstreich hat de Maizière noch einmal die Leistungen Guttenbergs gewürdigt: „Was Sie in Ihrer Amtszeit geleistet haben, das wird den letzten Eindruck überdauern“, sagte de Maizière in Berlin. Er habe „viel Kritik und unglaubliche Häme“ einstecken müssen. „Wir sollten alle nicht so tun, als seien wir ohne Fehl und Tadel.“
18.05 Uhr: Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Opposition wollen nicht am Zapfenstreich teilnehmen. Als häufigste Begründung wurden lange geplante Wahlkampftermine in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt genannt. Auch Schavan und Unions-Fraktionschef Volker Kauder verwiesen auf solche Verpflichtungen, Lammert nannte keine Gründe für seine Absage. Schavan und Lammert galten in der Plagiatsaffäre als schärfste Guttenberg-Kritiker innerhalb der Union.
18 Uhr: Das Medieninteresse an der Zeremonie ist riesig. Mehrere Fernsehsender kündigten Live-Übertragungen an, mehr als 100 Journalisten sind akkreditiert.
Mit Material von dpa