50 Jahre nach dem Weltraumflug von Juri Gagarin will sich die Familie des sowjetischen Astronauten den Namen als Handelsmarke sichern.
Berlin/Moskau. Die Familie des ersten Astronauten der Welt, Juri Gagarin (1934-68), hat die Marktwirtschaft für sich entdeckt. Unmittelbar vor dem 50. Jahrestag seines historischen Fluges vom 12. April 1961 will Galina Gagarina den Namen ihres Vaters gesetzlich schützen lassen. Sie habe am 26. Januar beim Staatlichen Patentamt die Registrierung des Warenzeichens „Juri Alexejewitsch Gagarin“ beantragt, bestätigte die offizielle Raumfahrtagentur Roskosmos am Mittwoch in Moskau. Sie reagierte damit auf entsprechende Presseberichte.
Die Nachricht hat in Raumfahrtkreisen wie eine Bombe eingeschlagen. Patentrechtler beziffern den Wert der Marke „Gagarin“ auf eine Milliarde Rubel. Roskosmos-Chef Anatoli Perminow versucht indes, den Ball möglichst flach zu halten. Er sehe in dem Vorstoß „nichts Anstößiges“, beteuerte er. Wenn alle am Namen Gagarins verdienen, „warum nicht auch seine Familie“.
Doch so einfach wird das wohl nicht werden. Bisher sind die Konsequenzen völlig unklar. Die ganze staatliche Maschinerie zum Gagarin-Jubiläum läuft gerade erst an. Da geht es um Milliarden-Vorhaben und Milliarden-Umsätze mit dem Konterfei und dem Namen des ersten Astronauten - die Palette reicht von ungezählten Publikationen über Filme, T-Shirts über Abzeichen bis hin zum Plan, eine Stadt namens „Gagaringrad“ an seinem Landeort bei Saratow an der Wolga zu errichten.
Bisher war Gagarin Eigentum des Staates
Sicher hat sich die Familie Gagarin genau überlegt, was sie da tut. Und dass ausgerechnet Galina Gagarina (49), die jüngste Tochter, den Antrag gestellt hat, bestätigt das. Die promovierte Ökonomin kennt sich in der Marktwirtschaft bestens aus. Sie ist Dozentin am Lehrstuhl für Regionalwirtschaft und Naturnutzung der Russischen Wirtschaftsakademie „G. W. Plechanow“ in Moskau. Bisher hat ihre zwei Jahre ältere Schwester Jelena Gagarina, die seit 2001 Generaldirektorin der Kreml-Museen ist, die Familie nach außen vertreten. Diesmal hat man offenbar die Fachfrau an die Front geschickt.
Bis heute war Gagarin sozusagen Eigentum des Staates. Die Familie erhielt keinen Rubel aus den Einnahmen, die zuerst die Sowjetunion und dann Russland mit dem Namen erzielten. Im Gegenteil. Selbst zu Sowjetzeiten mussten Gagarins Witwe Walentina, die jetzt 75 Jahre alt ist, und ihre Töchter mit einer mehr als bescheidenen Rente auskommen, wie inzwischen bekannt ist. Mehrfach war die Familie gezwungen, Reliquien zu verkaufen, um sich über Wasser zu halten. So trennte sie sich nach Gagarins frühem Unfalltod Ende März 1968 zuerst von dessen Lieblingsauto, einem Matra-Sportwagen, den ihm die Franzosen geschenkt hatten. Später musste sie auch Originaldokumente auf Auktionen im Westen zu Geld machen.
Die mangelnde Fürsorge des Staates hat sicher auch erheblich dazu beigetragen, dass sich Walentina Gagarina nahezu völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. Im „Sternenstädtchen“ bei Moskau lebt sie, von der Außwelt abgeschirmt, allein mit ihrem Papagei in der alten Wohnung, die Gagarin samt kompletter Ausstattung als Prämie für seinen Flug erhalten hatte. Erst 2001, zum 40. Jahrestag des Gagarin-Fluges, erinnerte sich der damalige Präsident Wladimir Putin wieder des guten Namens des Astronauten und holte die promovierte Kunsthistorikerin Jelena Gagarina in den Kreml.
Nun schlägt das Gagarin-Imperium offenbar zurück. Man darf gespannt sein, wie die Kreml-Führung darauf reagiert.