Die Konzern-Erbin verschenkte eine Milliarde Euro an den Fotografen François-Marie Banier. Ihre Tochter zerrt den Nutznießer jetzt vor Gericht.
Paris. Der Familienzwist im Kosmetikimperium L'Oreal geht in eine neue Runde. Heute beginnt in Nanterre bei Paris der Prozess gegen den Fotografen François-Marie Banier, 63. Er ist der Günstling der L'Oreal-Erbin Liliane Bettencourt, 87, und wurde im Laufe der Jahre großzügig mit Geschenken im Wert von einer Milliarde Euro bedacht. Deshalb wirft ihm Françoise Bettencourt-Meyers, 56, die Tochter von Liliane Bettencourt, Ausnutzung der Mutter vor. Die Familienaffäre ist aber längst auch eine Staatsaffäre.
Liliane Bettencourt ist eine der reichsten Frauen der Welt, ihr Vermögen wird auf rund 17 Milliarden Euro geschätzt. Mit ihrem Geld geht sie allerdings verschwenderisch um. "Ich weiß sehr gut, dass ich einen Teil meines Vermögens hergegeben habe. Ich mache mir wenig aus materiellen Dingen", gestand die alte Dame kürzlich. Die Großzügigkeit ist der Tochter ein Dorn im Auge und sie versuchte vergeblich, ihre Mutter als unzurechnungsfähig erklären zu lassen: "Ich als einzige Tochter muss sie beschützen." Doch um sie zu beschützen, griff sie zu harten Mitteln.
Banier scheint es wert gewesen zu sein, denn er ist seit Jahren einer der besten Freunde der Erbin. Schon zu Lebzeiten ihres 2007 verstorbenen Mannes André Bettencourt machte das Paar oft mit Banier Urlaub und besuchte Ausstellungen mit ihm. Einen Monat nach dem Tod ihres Vaters reichte Bettencourt-Meyers ihre Klage ein. So weit ist es eine reine Familienaffäre. Doch kurz vor dem Prozess spitzte sich die Situation zu. Ein Butler hat die alte Dame heimlich mit einem Diktiergerät abgehört. Die Tochter übergab die Aufzeichnungen der Polizei. Liliane Bettencourt klagte: "Es gab in der Vergangenheit schon häufig Abhörskandale. Aber zwischen einer Mutter und einer Tochter, das ist schon sehr traurig."
Die Aktion wurde sogar zur Staatsaffäre. So war auf dem Band nicht nur die Rede von Geschenken, sondern auch von geheimen Bankkonten in der Schweiz, von Parteispenden für die Regierungspartei UMP und Kontakten zu Politikern. Arbeitsminister Éric Woerth wurde dadurch in Bedrängnis gebracht. Er war vorher Haushaltsminister und damit für Steuerhinterziehung zuständig und außerdem arbeitet seine Frau Florence für eine Firma, die das Vermögen von Liliane Bettencourt betreut.
Oppositionelle Politiker beschuldigten Woerth deshalb, er habe den Steuerbetrug geduldet, und forderten den Rücktritt der Regierung. Doch Staatspräsident Nicolas Sarkozy stand zu ihm: "Herr Woerth hat mein Vertrauen." Die Opposition nutzt die Affäre zu heftigen Attacken. Die ehemalige sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal beschuldigte Sarkozy der Korruption: "Das System Sarkozy ist korrupt. In welchem Land wäre ein Minister noch unter den Bedingungen im Amt, die heute den Franzosen bekannt sind?", fragte Royal. Und Sozialistenchefin Martine Aubry forderte eine parlamentarische Untersuchung.
Liliane Bettencourt kündigte in der Zwischenzeit an, ihre Steuerschulden zu begleichen und das Geld - insgesamt fast 80 Millionen Euro - nach Frankreich zurückzuholen. Ihr steht aber noch eine groß angelegte Steuerprüfung bevor. Durch die Aufzeichnungen des Butlers kam zudem der Verdacht auf, Sarkozy wolle sich in den Rechtsstreit zugunsten der Mutter einschalten. Denn es geht auch um L'Oreal.
Noch hält die alte Dame rund 30 Prozent der Aktien. Würde sie unter Vormundschaft gestellt, könnte das den französischen Einfluss bei L'Oreal schwächen, denn das Schweizer Unternehmen Nestlé würde seinen Anteil von 29 Prozent an dem Kosmetikriesen gern aufstocken. Es heißt, die Bettencourt-Tochter würde gern Hauptaktionärin werden und ihren Anteil dann verkaufen. "Sie will mich als größte L'Oreal-Aktionärin ersetzen, um die Aktien zu verkaufen", glaubt jedenfalls Liliane Bettencourt und betont: "L'Oreal ist mein Leben. Ich werde es bis zum Ende beschützen."