Das Massaker von Utøya schockte Norwegen und die Welt. Nun berichtet Attentäter Breivik vor Gericht von jedem Mord. Um das durchzustehen, habe er sich „entmenschlicht“ – und sei deshalb zurechnungsfähig.
Oslo. Mit einer nüchternen Schilderung seines Massakers unter Jugendlichen hat der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik das öffentliche Entsetzen über seine Taten noch einmal gesteigert. Am fünften Tag des Prozesses berichtete der 33-Jährige, wie er auf der Ferieninsel Utöya systematisch Jagd auf die Teilnehmer eines Jugendcamps der Regierungspartei gemacht hat. Er erklärte am Freitag zudem, er habe sich zur Vorbereitung seiner Taten Gefühlskälte antrainiert. Im Zentrum des Prozesses steht die Frage nach Breiviks Geisteszustand und seiner Schuldfähigkeit. Viele Angehörige der Opfer leiden darunter, wie Breivik im Gerichtssaal seine Gewalt und seine Weltsicht rechtfertigt.
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Er habe die meisten Opfer mit einem ersten Schuss niedergestreckt und mit einem weiteren Schuss in den Kopf getötet, sagte Breivik in emotionslosem Ton. Beim zweiten Schuss sei der Schädel des Opfers geborsten und Hirnmasse herausgetreten. „Daran erinnere ich mich sehr gut.“ Viele Opfer hätten ihn angefleht, sie am Leben zu lassen. „Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was sie gesagt haben.“ Der erste Schuss auf der Insel sei ihm schwergefallen. Das Töten eines Menschen widerspreche der menschlichen Natur und sei das Extremste, was man tun könne. „Aber es muss im Verhältnis zu höheren Motiven gesehen werden.“
Im Jahr 2006 habe er sein Training zur Unterdrückung von Emotionen begonnen, sagte Breivik weiter. Vorher sei er ganz normal gewesen. „Viele Leute würden mich als einen netten Kerl beschreiben.“ Vor allem das Massaker auf Utöya habe mentales Training erfordert. Es sei zwar einfach, per Knopfdruck eine Bombe zu zünden. „Es ist sehr, sehr schwer, etwas so Barbarisches wie einen Waffeneinsatz auszuführen.“ Sein mentales Training habe dem geähnelt, das norwegische Soldaten vor ihrem Afghanistan-Einsatz absolvierten, sagte er.
Breivik hat gestanden, im Juli vergangenen Jahres 77 Menschen getötet zu haben. Im Osloer Regierungsviertel starben acht Menschen durch eine von ihm detonierte Bombe. Auf Utöya machte er Jagd auf Teilnehmer eines Jugendcamps der Regierungspartei. Die meisten der 69 Toten waren Jugendliche. Er betrachtet sich im Sinne der Anklage nicht als schuldig. Er begründet seine Taten damit, Norwegen vor der Einwanderung von Muslimen schützen zu wollen. Seine Opfer nennt er Verräter.
Breivik sagte zudem, dass er nach seinem Massaker auf der Insel Utøya auch kurz an Selbstmord dachte. Er habe überlegt, sich selbst in den Kopf zu schießen, sagte der 33-Jährige am Freitag vor Gericht. Ein Helikopter habe sich der Insel genähert, auf der er 69 Menschen getötet hatte. „Ich dachte: Willst du das überleben?“ Er sei sich bewusst gewesen, dass ganz Norwegen ihn hassen würde und der Rest seines Lebens ein Albtraum werde. Dann habe er aber an das gedacht, was er in seinem Manifest geschrieben habe: Dass er sich stellen und aus dem Gefängnis heraus weiterkämpfen wolle.
Mit Material von dpa und rtr