Der ehemalige italienische Ministerpräsident tauchte überraschend bei seinem Prozess wegen sexueller Kontakte mit einer Minderjährigen.

Rom. Überraschend ist am Freitag der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi bei seinem Prozess wegen sexueller Kontakte mit einer Minderjährigen aufgetaucht. Berlusconi nahm ganz vorne im Gerichtssaal Platz, um den Aussagen von Polizeivertretern zuzuhören. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Politiker vor, die minderjährige marokkanische Prostituierte Karima el Mahrug, genannt „Ruby“, für Sex bezahlt und sein Amt später zur Vertuschung der Angelegenheit benutzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hofft, ihre Behauptung stützen zu können, wonach Berlusconi den Behörden sagte, das Mädchen sei eine Verwandte des mittlerweile gestürzten ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. Berlusconi hat alle Vorwürfe zurückgewiesen. „Ich bin gekommen, um diese Inszenierung zu sehen, eine große mediale Diffamierungsoperation“, erklärte er in einer Verhandlungspause. Es sei ein Skandal, dass staatliche Gelder für diesen „überflüssigen Prozess“ verwandt würden, sagte Berlusconi, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Dutzenden junger Frauen sei von den Staatsanwälten das Leben ruiniert worden, „nur weil sie das Unrecht begingen, meine Essenseinladung anzunehmen“.

Im Zentrum des Prozesses steht der Vorwurf gegen Berlusconi, er habe mit dem damals noch minderjährigen Partygirl "Ruby“ gegen Bezahlung Sex gehabt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war die Marokkanerin eine von vielen damals minderjährigen Besucherinnen bei Berlusconi.

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Berlusconi bislang hatte seine Abwesenheit in dem seit einem Jahr laufenden Verfahren immer mit beruflichen Terminen gerechtfertigt. Jetzt kam der 75 Jahre alte Ex-Premier in den Mailänder Justizpalast, um bei weiteren Zeugenvernehmungen dabei zu sein.

Berlusconi bestritt in der Verhandlungspause erneut, dass es in seiner Villa Arcore bei Mailand wilde Partys gegeben habe. Es seien "elegante Abendessen“ gewesen, danach sei man in das untere Geschoss gegangen, in die frühere Disco seiner Kinder. Aussagen über zwei Frauen, die als Nonnen verkleidet für Berlusconi einen Striptease hingelegt haben sollen, begegnete der Mailänder Milliardär und Medienzar so: "Wir machten scherzhafte Wettbewerbe“, alles in einer Atmosphäre "der Fröhlichkeit, der Heiterkeit und der Sympathie“.

Bei den Zeugenvernehmungen ging es um den Berlusconi vorgeworfenen Amtsmissbrauch. Er hatte als Ministerpräsident nachts bei Beamten interveniert, um die in Polizeigewahrsam genommene "Ruby“ wieder freizubekommen. Sie sei die Nichte des damaligen ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak, warnte er vor diplomatischen Verwicklungen.

Ein Polizist bezeugte, dass die Marokkanerin ausgesagt habe, sich bisweilen als Nichte Mubaraks auszugeben, es aber nicht sei. Zudem erklärte ein höherrangiger Beamter, mit dem Berlusconi telefoniert hatte, er sei im Zuge des Abends zu der Überzeugung gelangt, dass sie nicht Mubaraks Nichte sei. "Es blieb aber ein Restzweifel“, sagte er.

Berlusconi und "Ruby“ haben eine sexuelle Beziehung miteinander bestritten. Der 75-Jährige will auch keinen Amtsmissbrauch begangen haben. Sein Verfahren kommt seit dem Beginn nur schleppend voran. (dapd/dpa)