Nach Unfällen auf Bahnübergängen bleiben Bilder der Verwüstung in Erinnerung. Nun ist die Anzahl der Fälle wieder gestiegen. Ursache ist meist Leichtsinn.
Berlin. Die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen ist wieder gestiegen. 2010 gab es 225 Unfälle, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen, über die auch die „Saarbrücker Zeitung“ berichtete. Aus Sicht der Bahn sind Ungeduld, bodenloser Leichtsinn oder dumme Fehler meist Schuld, wenn es an Bahnübergängen kracht. Auch die Bundesregierung macht vor allem das Fehlverhalten der Fahrer und Fußgänger für die Unfälle verantwortlich. Kritiker der Bahn jedoch schließen nicht aus, dass aus Kostengründen auf sichere Vollschranken verzichtet wird. Die Bahn weist dies zurück.
In den Jahren von 2006 bis 2009 war die Zahl der Unfälle von 231 auf 203 zurückgegangen. 2010 kamen 45 Menschen ums Leben, 2009 waren es 40, 2008 sogar 52. Im Jahr 2010 stieg die Anzahl nun wieder. Aktuellere Zahlen gab die Bahn nicht bekannt.
Vor allem Fußgänger, Rad- und Motorradfahrer versuchten immer wieder, die Gleise trotz geschlossener Halbschranken zu überqueren,heißt es in den Antworten. Der Fahrradclub ADFC kann dies nicht nachvollziehen. „Das kann man aus den Zahlen nicht herauslesen“, sagte ADFC-Sprecherin Bettina Cibulski. Grundsätzlich sollten Bahnübergänge besser gesichert werden. Radler, die trotz Warnsignal und Schranke einen Übergang überqueren, müssten zudem mit 350 Euro Bußgeld rechnen.
Der Verkehrsclub ADAC hält die gestiegenen Zahlen nicht für eine Trendwende. „Am Wichtigsten wäre, dass die Verkehrsteilnehmer die Warnsignale und Schranken beachten“, sagte der ADAC-Referent für Straßenverkehrssicherheit, Christoph Hecht. Eine bessere Sicherung wäre wünschenswert. „Nach unserer Beobachtung passieren die Unfälle aber meist an kleineren Übergängen, - oft durch Anwohner, die meinen, die Gefahr zu kennen.“
„Aus den Antworten der Bundesregierung lässt sich ablesen, dass Halbschranken viel gefährlicher sind als Vollschranken“, sagte der Verkehrsexperte und Bundestagsabgeordnete der Grünen, Anton Hofreiter. Angesichts des menschlichen Leids und hoher Folgekosten durch solche Unfälle sollten kurzfristige finanzielle Erwägungen nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Vollschranken seien nicht immer die beste Lösung, hieß es dagegen bei der Bahn. Schließen sie sich, könne das Fahrzeug eingeschlossen sein. Erst in dieser Woche war in Sachsen-Anhalt ein Schwertransporter beim Rangieren zwischen den Schranken steckengeblieben. Ein Regionalzug konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und rammte den Auflieger bei Staßfurt.
Der Bahnsicherheitsexperte Horst Metzler nannte die kürzeren Schließzeiten der Schranken als mögliche Ursache der häufigeren Unfälle. An Bahnstrecken, die von modernen Stellwerken gesteuert würden, senkten sich die Schranken innerhalb von 20 Sekunden, erklärte der Generalsekretär des Automobil-Clubs Verkehr (ACV).
Nach Angaben der Bahn werden viele Übergänge ganz beseitigt. Dafür werde jährlich ein dreistelliger Millionenbetrag ausgegeben, so ein Unternehmenssprecher. An Strecken, auf denen Züge mit mehr als Tempo 160 verkehren, dürfe es gar keine Übergänge mehr geben. Mit der Kampagne „Sicher drüber“ werde zudem seit Jahren auf die Gefahren an Bahnübergängen hingewiesen.