Vor einer jüdischen Schule in Toulouse sterben vier Menschen - gezielt erschossen. Es ist der dritte Mordanschlag binnen Tagen im Südwesten Frankreichs.
Toulouse/Paris. Eine brutale Anschlagsserie erschüttert Frankreich: Vor einer jüdischen Schule in Toulouse sind am Montag drei Kinder und ein Lehrer von einem Unbekannten erschossen worden. Die Opfer sind ein 30-jähriger Religionslehrer und dessen beiden Kinder im Alter von drei und sechs Jahren, wie Staatsanwalt Michel Valet mitteilte. Das vierte Opfer sei zehn Jahre alt gewesen.
Schon am 11. und 15. März hatte es zwei Anschläge auf Soldaten in Toulouse und in der etwa 50 Kilometer entfernten Stadt Montauban gegeben, bei denen der Täter nach den Schüssen ebenfalls auf einem Motorroller geflohen war. Die Hintergründe der Taten, bei denen Waffen gleichen Kalibers benutzt wurden, sind noch unklar.
Bei dem Anschlag am Montag gab es mindestens einen Schwerverletzten - nach Informationen des TV-Senders BFM ein 17-Jähriger, der in Lebensgefahr schwebt.
Staatspräsident Nicolas Sarkozy eilte noch am Vormittag an den Tatort. Er bezeichnete den Anschlag als „nationale Tragödie“. Für diesen Dienstag ordnete er eine Schweigeminute zum Gedenken in allen Schulen des Landes an, die um 11.00 Uhr eingelegt werden soll.
Die Tat gilt als einer der mörderischsten Anschläge auf eine jüdische Einrichtung seit drei Jahrzehnten, als ein Überfallkommando im jüdischen Viertel in Paris in der Rue des Rosiers in einem Restaurant sechs Menschen tötete.
„Es sind unser aller Kinder“, sagte der konservative Sarkozy, der sich derzeit im Wahlkampf befindet. Auch sein sozialistischer Herausforderer François Hollande sagte alle Parteitermine ab und reiste nach Toulouse.
Bei den Anschlägen zuvor waren drei Soldaten gestorben, sie sollen nordafrikanischer Abstammung sein. Ein viertes Opfer - ein Franzose schwarzer Hautfarbe von der Karibikinsel Guadeloupe - schwebte noch in Lebensgefahr.
Sarkozy sicherte zu, dass alles getan werde, um den Mörder schnell zu fassen. Die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen.
Bei der Tat am Montagmorgen kurz vor Unterrichtsbeginn schoss der Unbekannte nach unbestätigten Berichten aus zwei Waffen um sich. Er eröffnete in dem Wohnviertel unvermittelt das Feuer auf eine Gruppe von Eltern und Schülern. Einige Kinder verfolgte er bis aufs Schulgelände.
In der Region geht nun die Angst vor weiteren Anschlägen um. Der Bürgermeister von Toulouse, Pierre Cohen, verwies im TV-Nachrichtensender BFM auf die Kaltblütigkeit des Täters. „Wir sind extrem beunruhigt“, sagte er.
Vertreter jüdischer Gemeinden und der jüdische Weltkongress äußerten sich schockiert. Dessen Präsident Ronald Lauder sprach von einem „verabscheuungswürdigen Terroranschlag“ und sprach den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus.
Das israelische Außenministerium sprach von „Entsetzen“ über die Nachrichten. Israels Botschafter in Frankreich wollte noch am Montag nach Toulouse reisen.
Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Außenminister Guido Westerwelle verurteilten den Anschlag auf die jüdische Schule.
Der Verband der Rabbiner in Europa forderte mehr Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen. Das Innenministerium ordnete eine verschärfte Überwachung jüdischer Einrichtungen in Frankreich an. Auch für das Militär gelten besondere Sicherheitshinweise.
Die Gewalttaten bringen das Thema Sicherheit im laufenden Präsidentenwahlkampf höher auf die Tagesordnung. Als Präsident und zuvor als Innenminister hat Sarkozy die innere Sicherheit zu seinem Markenzeichen gemacht. (dpa)