Der Finanzskandal um den Schwiegersohn des spanischen Königs kratzt am Ansehen der Monarchie. Jetzt muss der Herzog von Palma eine Aussage machen.
Madrid. Für das Madrider Königshaus dürfte dies der peinlichste Moment seit Jahren sein: Zum ersten Mal in der Geschichte der spanischen Monarchie muss ein Angehöriger der königlichen Familie als Beschuldigter in einem Finanzskandal vor einem Ermittlungsrichter aussagen. Der Schwiegersohn von König Juan Carlos, Iñaki Urdangarín, wird an diesem Samstag in Palma de Mallorca vom zuständigen Richter José Castro zu dem Vorwurf vernommen, mit krummen Geschäften Millionensummen von Steuergeldern veruntreut zu haben.
Der Mann der Königstochter Cristina soll nach den Ermittlungen als Chef der gemeinnützigen Stiftung Nóos von den Regionalregierungen der Balearen und Valencias Fördergelder in Höhe von etwa sechs Millionen Euro erhalten haben. Dafür sollten Kongresse zu Themen wie Sport oder Tourismus veranstaltet werden. Die Stiftung kassierte nach Angaben der Ermittler jedoch völlig überhöhte Preise und stellte fiktive Rechnungen für erfundene Dienstleistungen aus. Zusammen mit einem Geschäftspartner soll der frühere Handballstar einen Teil der Gelder über ein privates Firmennetz beiseitegeschafft haben.
Vor der Vernehmung könnte dem 44-Jährigen ein Spießrutenlauf drohen: Vor dem Gericht auf Mallorca müssen die Verdächtigen üblicherweise die Strecke von der Hofeinfahrt zum Eingang zu Fuß zurücklegen. Die Justiz will auch bei einem Mitglied des Königshauses nicht von dieser Regel abweichen. Dies würde bedeuten, dass Urdangarín auf einer Strecke von gut 30 Metern an Dutzenden von Kamerateams und Fotoreportern vorbeischreiten müsste. Einige Fernsehsender sollen Anwohnern über 1000 Euro dafür gezahlt haben, dass sie ihre Kameras auf den Balkons aufstellen dürfen.
Allerdings kann es sein, dass diese Demütigung dem Herzog von Palma doch noch erspart bleibt. Medienberichten zufolge bat die Polizei darum, Urdangarín ausnahmsweise mit dem Auto bis zum Eingang des Gebäudes vorfahren zu lassen. Damit solle verhindert werden, dass es zu Angriffen von Antimonarchisten auf den königlichen Schwiegersohn komme, hieß es.
Die Affäre ist für das Königshaus in mehrfacher Hinsicht heikel. Zum einen erscheinen in der Presse seit Monaten immer neue Enthüllungen über die angeblich veruntreuten Gelder. Dies fügt dem Ansehen der Monarchie schweren Schaden zu – zumal in Zeiten der Krise, in denen Millionen von Spaniern unter Arbeitslosigkeit und Armut leiden. Zum andern besteht ständig die Gefahr, dass sich der Skandal ausweitet. So war die Infantin Cristina Teilhaberin einer der Firmen, über die Gelder abgezweigt worden sein sollen. Bislang leitete die Justiz aber keine Untersuchungen gegen die 46-Jährige ein, weil die Königstochter nach Ansicht der Ermittler in das Management nicht einbezogen worden war.
„Niemand weiß, wie das Verfahren ausgehen wird“, schrieb der Strafrechtler José Angel González Franco in der Zeitung „El País“. „Es kann sogar zu einer Eskalation von unbekannten Ausmaßen kommen, die auch das Königshaus in Mitleidenschaft zieht.“ José Ramón Soriano, Richter am Obersten Gerichtshof, meinte: „Wenn ich die Ermittlungen führte, ließe ich auch die Infantin vorladen. Irgendetwas wird sie wissen.“
König Juan Carlos ging bereits auf Distanz zu seinem Schwiegersohn. Er ließ Urdangarín bis auf weiteres von allen offiziellen Terminen der königlichen Familie streichen und das Verhalten des 44-Jährigen als „nicht vorbildhaft“ bezeichnen. Der Beschuldigte selbst äußerte sich in zwei Kommuniqués zu den Vorwürfen: In einem beteuerte er seine Unschuld, im anderen bedauerte er den Schaden, den die Affäre dem Ansehen des Königshauses zugefügt hat. Ansonsten meidet er die Öffentlichkeit. In Washington, wo er für den spanischen Konzern Telefónica arbeitet, wurde er kürzlich vom Kamerateam eines spanischen TV-Senders auf der Straße gestellt. Urdangarín machte sofort kehrt und suchte im Laufschritt das Weite.