Es ist viel zu warm in Deutschland. Die Plusgrade zum Jahresbeginn bringen schon erste Blüten hervor. In den nächsten Tagen zieht Sturm auf.
Offenbach/Geisenheim. Deutschland hat den mildesten Jahresbeginn seit vielen Jahren erlebt, im Westen gab es Rekorde. Die wärmste Region am Neujahrstag war das nördliche Rheinland-Pfalz: In Andernach und Bad Neuenahr kletterte das Thermometer auf jeweils 14,2 Grad. Das sei ein Neujahrs-Temperatur-Rekord für die Region, sagte Meteorologe Christoph Hartmann vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach am Montag. Der bisherige Neujahrs-Höchstwert für Bad Neuenahr war 2007 mit 13,4 Grad registriert worden.
Auch in Hamburg und Bremen gab es Höchstwerte bei gut elf Plus-Graden. Der Deutschland-Rekord wurde aber nicht gebrochen - der liegt unverändert bei knapp 15 Grad, die am 1. Januar 2007 in Stuttgart und 1921 in München gemessen wurden.
Das ungewöhnlich milde Wetter weckt die Natur aus der Winterpause. Als erstes werde in den nächsten Tagen im Rheingau die Haselblüte beginnen, zwei bis vier Wochen früher als sonst, sagte der DWD-Agrarmeteorologe Hans-Helmut Schmitt in Geisenheim/Rheingau. Sollte es noch einmal kalt werden, sei das für die Blüten kein Problem. Auch andere Frühblüher regen sich: So schauen in vielen Gärten die ersten Schneeglöckchen aus der Erde.
Dank der milden Witterung bietet der Januar in Brandenburg zum Beispiel auch für Pilzsammler eine Rarität: Pfifferlinge. „An der einen oder anderen Stelle sind die Pilze zu finden“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der Pilzsachverständigen Brandenburgs, Wolfgang Bivour, der Nachrichtenagentur dpa. Zuletzt hatte es Pfifferlinge zum Jahreswechsel 2006/2007 gegeben. Damals wurden nach seinen Angaben sogar Maronen gefunden. Pfifferlinge im Januar seien schon etwas Besonderes. Normalerweise können zu dieser Jahreszeit - wenn es frostfrei ist - Austernseitlinge und Winterrüblinge gesammelt werden.
In den nächsten Tagen bleibt es mild und regnerisch, dazu zieht Sturm auf. Orkantief „Ulli“ bringt ab Dienstag heftigen Wind, der sich im Flachland zu Sturmböen auswachsen kann, auf den Bergen gibt es Orkanböen. Die Temperaturen sinken zunächst nur wenig, frühestens am Wochenende werde es kälter, sagte Meteorologe Hartmann voraus.
Für heimische Insekten sind die hohen Temperaturen eher schlecht. Schädlinge, die als Eier, Larve oder fertiges Insekt den europäischen Winter überleben, vertragen feucht-mildes Wetter nicht. Sie sind an Frost gewöhnt, der sie gegen verschiedene Krankheitserreger schützt. „Feuchte Milde fördert Pilze“, sagte Schmitt. Sie könnten die Insekten befallen und sie erheblich schwächen.
Auf den Feldern, wo im Herbst das Wintergetreide gesät wurde, tut sich derzeit noch nichts. Zum Wachsen brauchten die Pflanzen nicht nur Wärme, sondern auch Licht. Wenn es allerdings wochenlang mild ist und die Tage allmählich länger werden, setzt das Wachstum ein. Das kann gefährlich werden, denn „wenn es danach noch mal kalt wird, kriegen die Pflanzen richtig eins auf die Mütze“, sagte Schmitt. Ganz generell sei krasser Wechsel zwischen mild und frostig schlecht für die heimische Natur, die im Winter an Frost gewöhnt ist.
Der Regen ist nach Angaben der Agrarmeteorologen sehr nötig, um die Trockenheit des vergangenen Jahres auszugleichen.