Harrison Ford, Tom Cruise und andere Stars mussten für ihre neuen Werke zweistellige Gagenkürzungen hinnehmen.
Los Angeles. Tom Cruise (47) weiß, dass er nicht mehr zu den Top-Verdienern in Hollywood gehört. Der Mann, der in der Vergangenheit durch geschickt ausgeklügelte Verträge schon 45 Millionen Dollar pro Film kassierte, war für seinen neuen Einsatz in "Mission: Impossible IV" für einen vergleichbaren Billigpreis von 20 Millionen Dollar zu haben.
Nicht viel anders geht es Harrison Ford (67). "Indiana Jones" musste unlängst kleinlaut zugeben, dass er sein jüngstes Filmprojekt "Extraordinary Measures" nur umsetzen konnte, weil er seine Gage um mehr als 40 Prozent reduziert hatte. "Keine Frage, wir alle müssen uns mit ökonomischen Unwägbarkeiten auseinandersetzen, die wir in dieser Form so noch nicht gesehen haben", sagt Marc Shmuger, Sprecher der Universal Studios. Dass die Zeichen auf Sturm stehen in Hollywood, war schon im Dezember vergangenen Jahres abzusehen. Da musste Universal 70 Manager entlassen. Zum selben Zeitpunkt kürzte Mediengigant Viacom 850 Stellen in diversen Bereichen. Davon betroffen waren auch MTV Networks und Paramount Pictures.
Als Vorsichts- und Sparmaßnahme drehen viele Studios in diesem Jahr weniger Filme. Paramount und MGM mussten ihre Produktionspläne zurückschrauben, selbst Superstars wie Steven Spielberg (63) haben auf einmal Schwierigkeiten, ihre geplanten Projekte zu finanzieren. "Dem Filmbusiness weht ein eisiger Wind entgegen", sagt der Regisseur. Die News Corp., das Stammhaus von 20th Century Fox, hat sich entschlossen, mehr als 400 Millionen Dollar einzusparen. Sprecherin Julie Henderson: "Wir werden drastisch einkürzen bei Produktions-, Reise- und Marketingkosten." Das heißt im Klartext: weniger First-Class-Flüge und weniger Service für Schauspieler und Regisseure.
Bislang war es durchaus normal, dass Stars mit Chauffeur jeden Morgen zum Arbeitsplatz gefahren werden und nach einem langen Drehtag mal eben im Jet von L. A. nach Las Vegas reisen konnten, um für ein paar Stunden auszuspannen. Aber nicht nur Tom Cruise und seine Kollegen müssen abspecken, auch das Management der Filmszene soll in günstigeren Hotels absteigen und im Shuttlebus zum Flughafen fahren. Marty Maplan ist ein ehemaliger Studioboss. Heute arbeitet er als Professor für die USC-Annenberg-Schule für Kommunikation in Los Angeles. Er ist davon überzeugt, dass die Zeiten der großen Limousinen und roten Teppiche der Vergangenheit angehören. "Ein Studio, das noch heute rund 100 Millionen Dollar für Filme ausgibt, die kaum Chancen haben, echte Hits zu werden, kann in dieser wirtschaftlichen Atmosphäre nicht mehr so weitermachen. Da muss der Rotstift angesetzt werden."
War es bis dato noch normal für eine Sharon Stone (52), vor Auftritten auf dem roten Teppich einen Stylisten, mehrere Assistenten und sogar einen Fitness-Trainer auf Studiokosten anzuheuern, so muss sie sich in Zukunft wohl selbst die Haare kämmenn und schminken. "Verwöhn-Bonbons gehören ab sofort der Vergangenheit an in Hollywood", sagt Jon Feltheimer von Lions Gate Entertainment. Die Paramount Studios, in Los Angeles stadtbekannt für extravagante Partys, luden kürzlich auf den Studioparkplatz ein - zu Apfelsaft im Pappbecher.
"Dass gewisse Stars Erfolg an der Kasse garantieren, ist längst ein Mythos", sagt Abraham Ravid, Professor für Ökonomie an der Rutgers-Universität. Und auch deshalb sind die Studiobosse heute nicht mehr bereit, Verträge zu unterschreiben, die Schauspieler wie Tom Hanks (53) oder Russell Crowe (46) über Nacht zu Multimillionären machten. Hinzu kommt, dass das konventionelle Kinopublikum längst andere Alternativen gefunden hat als den harten und teuren Kinosessel - das Internet.
Natürlich will kein Star preisgeben, dass er bei seiner Gage erdrutschartige Einbußen akzeptieren muss. Doch die Studios, von der Rezession und 25-prozentigen Umsatzeinbußen im wichtigen DVD-Verkauf in die Enge getrieben, nehmen immer weniger Rücksicht. So wurde unlängst ein Gagenkampf zwischen Denzel Washington (55) und 20th Century Fox in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Das Fachmagazin "Variety" berichtete, dass Fox dem Schauspieler 16 Millionen Dollar für seine Rolle in dem Streifen "Unstoppable" zahlen wollte. Washington sagte zunächst ab, weil sein "normales" Gehalt bei 20 Millionen Dollar liegt. Das Pokern von Washington ging diesmal nicht auf. Das Studio gab nicht klein bei. Wenige Tage später unterschrieb der Oscar-Gewinner auch für das sehr viel geringere Gehalt.
Die Agenten der Stars meinen übrigens, dass nicht ihre Klienten, sondern ganz andere suspekte Zeitgenossen Schuld haben an der sommerlichen Kinomisere. Twitter, Facebook und die unzähligen iPhones seien die wahren Unruhestifter in Hollywood. Sie ersetzten immer häufiger die Filmkritiker und verbreiteten in Windeseile, ob ein Film das Ticket wert sei oder nicht. Damit hätte wohl auch ein Tom Cruise nicht gerechnet. Dass ausgerechnet das iPhone ihm mal seine Gage madig machen würde.