Vorwürfe gegen Mitarbeiter einer diakonischen Jugendhilfeeinrichtung in Düsseldorf. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Düsseldorf/Berlin. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter einer diakonischen Jugendhilfeeinrichtung in Düsseldorf. Den früheren Mitarbeitern einer ehemaligen Wohngruppe der „Educon“ werde körperliche Misshandlung von Schutzbefohlenen, Freiheitsberaubung und Nötigung vorgeworfen, sagte Staatsanwalt Johannes Mocken am Dienstag dem EPD in Düsseldorf. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) distanzierte sich von den als „Therapie“ an autistischen Kinder angewandten Behandlungspraktiken.
Der Staatsanwalt liege umfangreiches Videomaterial vor, das Educon-Mitarbeiter zur Dokumentation eines neuen Therapieansatzes bei der Behandlung der autistischen, teilweise extrem aggressiven Kinder angefertigt hatten, sagte Mocken weiter. Das Material, das in den kommenden Wochen von der Staatsanwaltschaft vollständig ausgewertet werden müsse, zeige stundenlange Fixierungen der Kinder, Essensentzug und Einsperrungen über Tage. Die betroffenen Kinder, zu deren Alter noch keine Angaben gemacht werden könnten, seien krankheitsbedingt nicht in der Lage, sich zu artikulieren und als Zeugen befragt zu werden, sagte Mocken. Die beschuldigten ehemaligen Mitarbeiter hätten sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert und ließen sich anwaltlich vertreten.
Der Psychologenverband betonte, dass unter den 17 beschuldigten Therapeuten nach Angaben der Educon-Geschäftsbereichsleitung nur eine Psychologin sei. Medienberichte, in denen von 17 Psychologen die Rede war, seien falsch. Die betroffene Einrichtung beschäftige vor allem Sozial- und Heilpädagogen sowie Erzieher. Nach Ansicht des Berufsverbandes trägt auch die Leitungsebene der Einrichtung Verantwortung für die auf den Videos dokumentierten Misshandlungen, da der Einsatz ungeprüfter Therapie-Konzepte nicht zulässig sei.
Wie die Educon-Geschäftsführung in Düsseldorf mitteilte, wurden bereits Mitte 2008 die ersten Vorwürfe gegen die Gruppenleitung bekannt. Aufgrund dieser Vorwürfe habe sich die damalige Geschäftsführung von der zuständigen Gruppenleitung getrennt. Im Sommer des vergangenen Jahres seien der heutigen Geschäftsführung dann weitere Vorwürfe bekanntgeworden. Daraufhin seien intensive Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern geführt und anschließend Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und der zuständigen fachlichen Aufsicht, dem Landesjugendamt, erstattet worden.
Die betroffenen Mitarbeiter und die verantwortliche Bereichsleitung seien mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden, die Anstellungsverhältnisse seien mittlerweile gekündigt, hieß es weiter. Zur Aufarbeitung der Vorfälle und zur Unterstützung der Staatsanwaltschaft sei mittlerweile eine Arbeitsgruppe bei der Educon gebildet worden. Die Educon ist eine gemeinnützige Tochter-Gesellschaft der evangelischen Graf-Recke-Stiftung. Sie beschäftigt nach eigenen Angaben 450 Mitarbeiter, die sich um mehr als 650 Kinder und Jugendliche in den Bereichen Erziehungshilfe, Beratung und Ausbildung kümmern. Die Graf-Recke-Stiftung ist Mitglied der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe.