Auch im Bistum Limburg gibt es Verdachtsfälle von Kindesmissbrauch. Im Kloster Ettal kooperieren die Mönche mit der Staatsanwaltschaft.
Limburg/Ettal. Auch im Bistum Limburg gibt es jetzt Vorwürfe des Kindesmissbrauchs in Einrichtungen der katholischen Kirche. Es geht dabei um Verdachtsfälle aus den vergangenen Jahren sowie um Jahrzehnte zurückliegende Fälle, wie das Bistum am Mittwoch mitteilte. Der CDU-Politiker und Ex-Jesuitenschüler Heiner Geißler warf der katholischen Kirche eine „verlogene Sexualmoral und Körperfeindlichkeit“ vor. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder sprach sich für einen Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch aus, der nicht nur die Kirche betrifft.
Laut dem Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst erstrecken sich die Verdachtsfälle auf „einige Priester“ des Bistums, das weite Teile Hessens und einige Bezirke in Rheinland-Pfalz umfasst. Der Missbrauchsbeauftragte des Bistums, Benno Grimm, sei mit der Untersuchung beauftragt worden. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, werde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Bei den Vorwürfen handele es sich um einen Verdachtsfall aus den 40er und einen aus den 60er Jahren. Beide Beschuldigte sind den Angaben zufolge seit langem verstorben. „Darüber hinaus sind jetzt Vorwürfe bekannt geworden, die sich auf Taten beziehen, die vor einigen Jahren begangen worden sind“, räumte das Bistum ein. Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Grimm gehe bei seiner Untersuchung nach den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz vor, hieß es nur. Bischof Tebartz-van Elst forderte Transparenz und eine schnelle und entschiedene Aufklärung. Die Kirche habe die Pflicht und Schuldigkeit, alles dafür zu tun, dass Vergehen aufgeklärt würden und sich Geschehenes nicht wiederhole. Die Grünen im hessischen Landtag forderten eine sofortige Einschaltung der Staatsanwaltschaft. Die Verdachtsfälle seien keine interne Angelegenheit der katholischen Kirche.
Bundesfamilienministerin Schröder unterstützte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen Vorschlag des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, der einen allgemeinen Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch ins Gespräch gebracht hatte. „Ich finde es falsch, jetzt nur die katholische Kirche an den Pranger zu stellen“, sagte sie. Probleme mit Kindesmissbrauch gebe es in unterschiedlichen Bereichen. „Deshalb ist die Idee gut, alle Akteure zu versammeln, um gemeinsame Strategien zu entwickeln.“ Der Direktor des ebenfalls von Missbrauchsvorwürfen betroffenen Internats der Maristen in Mindelheim, Albert Schuster, kritisierte im Bayerischen Rundfunk die Informationspolitik des Ordens. Das Internat hatte mitgeteilt, dass 2007 sein langjähriger Leiter nach Anzeigen zweier Schüler seinen Posten räumen und Mindelheim verlassen musste.
Der Mann wurde damals zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Schuster beklagte, dass ihn der Orden nicht darüber informiert habe. Sein Vorgänger war demnach mit der Begründung versetzt worden, er habe gesundheitliche Probleme. Geißler sagte der „Frankfurter Rundschau“, die Kirche müsse „von ihrem hohen Ross herunter“, damit sie nicht noch mehr Autorität verliere. „Die katholische Kirche nimmt in Sexualfragen für sich eine sehr hohe Moral in Anspruch. Das Sexualleben steht bei ihr unter dem Verdacht, etwas potenziell Schlechtes zu sein“, kritisierte er. Die Missbrauchsfälle stünden in einem eklatanten Widerspruch zu diesem Anspruch. „Die Kirche verliert ihre Glaubwürdigkeit.“
Unterdessen wurde bekannt, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im oberbayerischen Kloster Ettal nach Darstellung der Abtei auf keine neuen Sachverhalte bezogen haben. Die Untersuchungen hätten zwei Tatkomplexe umfasst, die der Orden und der externe Sonderermittler, der Münchner Rechtsanwalt Thomas Pfister, bereits der Staatsanwaltschaft München II mitgeteilt hätten, hieß es am Mittwoch. So habe es sich um den bereits bekannten Vorwurf sexuellen Missbrauchs gegen einen Pater gehandelt.
In der Erklärung wird darauf verwiesen, dass die Staatsanwaltschaft bezüglich der bereits bekannten und vom Kloster in vollem Umfang der Justizbehörde gemeldeten Sachverhalte Unterlagen gesichtet habe. Diese seien der Justiz beim Gespräch mit Vertretern der Abtei in Ettal übergeben worden. In der vergangenen Woche habe zudem ein weiterer Pater Selbstanzeige erstattet. Über den Inhalt würden aber keine Auskünfte erteilt, da es sich um ein laufendes Verfahren handle, hieß es. Wie eine Sprecherin des Klosters auf Nachfrage sagte, hat dieser Fall nichts mit Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauchs oder Gewalt an Schülern zu tun.
Die Benediktiner betonten, sie hätten bei den Ermittlungen im Kloster umfassend kooperiert. Der Staatsanwaltschaft seien alle Informationen zur Verfügung gestellt worden. Über den Stand der Ermittlungen wird Pfister am Freitag die Öffentlichkeit informieren. Bereits am vergangenen Freitag hatten die von der Münchner Erzdiözese eingesetzten Ombudsleute einen ersten Zwischenbericht vorgelegt. Danach werden vier Benediktinerpatres, von denen einer bereits gestorben ist, verdächtigt, Übergriffe auf Kinder begangen zu haben. Dabei geht es um 20 ehemalige Schüler. Die meisten Vorfälle, darunter auch der gewaltsame Umgang mit Schutzbefohlenen, hätten sich in den 70er und 80er Jahren ereignet. Bei einem Fall von 2005 handele es sich um einen „handfesten sexuellen Missbrauch“.