An Jesuiten-Schulen sollen über 100 Schüler missbraucht worden sein. Bischof Zollitsch hat sich nun entschuldigt und Konsequenzen gefordert.

Bonn. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat sich bei den Opfern von sexuellem Missbrauch an katholischen Schulen entschuldigt. Über die bekannt gewordenen Fälle sei er „zutiefst erschüttert“, sagte Zollitsch zu Beginn der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Freiburg. „In aller Deutlichkeit unterstreiche ich: Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist immer ein abscheuliches Verbrechen. Ich mache mir diese Formulierung von Papst Benedikt aus tiefster Überzeugung zu eigen und entschuldige mich bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens wurden“, sagte Zollitsch. Im Raum der Kirche wiege Missbrauch besonders schwer, weil es ein besonderes Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in den Priester gebe.

Hintergrund der Entschuldigung ist der Missbrauchsskandal, der Ende Januar seinen Ausgang von dem von Jesuiten geführten Berliner Canisius-Kolleg genommen hatte und in dessen Zuge sich bislang mehr als hundert Opfer an Schulen im ganzen Bundesgebiet gemeldet haben. Mindestens 115 Kinder und Jugendliche sollen an Schulen des Jesuitenordens in Deutschland seit den 50er Jahren missbraucht worden sein. Die sexuellen Übergriffe seien nicht nur vereinzelt, sondern systematisch begangen worden, hatte die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens, Ursula Raue, in der vergangenen Woche erklärt.

Die Grünen im Bundestag forderten die Bischöfe auf, eine vollständige Aufklärung in Angriff zu nehmen. Außerdem müssten konkrete Schritte unternommen werden, um Missbrauch künftig zu verhindern, forderte der kirchenpolitische Sprecher Josef Winkler.

Wo immer ein Missbrauchsverdacht vorliege, müsse es eine „lückenlose und absolut transparente Aufklärung“ geben, sagte auch Zollitsch. „Wir deutschen Bischöfe drängen darauf, dass die früheren und teils lange zurückliegenden wie natürlich alle neueren Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen aufgeklärt werden.“ Dafür hätten sich die im Jahr 2002 verabschiedeten Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch bewährt. Allerdings werde man diese überprüfen und über mögliche Änderungen sprechen, sagte Zollitsch. Nach dem Wunsch der Bischöfe sollen zudem staatliche Behörden so schnell wie möglich eingeschaltet werden und Staatsanwaltschaften „allen möglichen Einblick erhalten“.

Nach Zollitschs Worten will die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer bis Freitag dauernden Versammlung aber auch über Fragen der Prävention beraten. „Unsere künftigen Priester müssen menschlich und damit auch in sexueller Hinsicht über die Eignung und nötige Reife für ihr Amt verfügen“, sagt er. Dasselbe gelte für pastorale und pädagogische Mitarbeiter. Zollitsch kündigte für Donnerstag eine Erklärung der Bischofskonferenz zum Missbrauchsskandal an. Außerdem wolle er das Thema bei einem Besuch bei Papst Benedikt XVI im März ansprechen.

Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann warf der katholischen Kirche vor, einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Missbrauchs-Vorwürfen aus dem Weg zu gehen. Die „reine heilige Kirche“ werde scheinbar vom Frevel einiger Mitglieder belastet, doch in Wirklichkeit sei sie daran mit beteiligt, sagte der Theologe dem Deutschlandradio Kultur. Ein Hauptproblem sei der Zölibat, der nur unter enormen Konflikten einzuhalten sei.