Natascha Thieme (42) reiste nach Hiddensee, um ihren Geburtstag zu feiern. Ihr Urlaub wurde durch die dramatische Wetterlage länger als geplant.
Hiddensee. Die Berlinerin Natascha Thieme (42) reiste mit Freund Frank Nuszkowski (46) und ihrem Husky Carlos vergangenen Donnerstag nach Hiddensee, um ihren Geburtstag in Kloster, im Norden der Insel, zu feiern. Ihr Urlaub wurde durch die dramatische Wetterlage länger als geplant. Im Hamburger Abendblatt Online erzählt sie von ihren Erlebnissen:
„Wir hatten am Donnerstag um 14 Uhr gerade noch die letzte Fähre zur Insel bekommen. Auf der Rücktour hatte die Fähre Motorschaden erlitten und lag die ganze Zeit im Hafen. Dadurch ist die Fahrrinne zugefroren. Wir wollten am Sonntag wieder nach Hause. Aber da ging gar nichts mehr.
Wir überlegten, übers Eis zum Festland zu laufen. Aber auf der Internetseite der Reederei wurde davon abgeraten. Einige Einheimische meinten, das wäre kein Problem. Der Weg wäre mit Zweigen abgesteckt. Ein Insulaner hat sogar Menschen mit einem Auto übers Eis befördert. Er ist mitten im Naturschutzgebiet stecken geblieben. Dem droht jetzt richtig Ärger. Bevor das Tauwetter einsetzt, muss er sein Auto irgendwie vom Wasser kriegen. Wir haben uns dann dazu entschlossen, abzuwarten.
Mittwoch früh wurden wir dann ausgeflogen. Wir hielten Kontakt mit unserem Mieterservice. Die wiederum standen mit der Reederei in Verbindung.
Wir hörten Radio und informierten uns im Internet. Dienstag haben wir Leute mit Koffern an unserem Haus Richtung Vitte laufen sehen. Die waren auf dem Weg zum Hubschrauber. Wir haben sofort alles gepackt und sind hinterher. Am provisorischen Landeplatz warteten dann schon etwa vierzig Leute. In dem kleinen Hubschrauber konnten nur vier Menschen mitgenommen werden. Einige Menschen waren angespannt. Es wurde gedrängelt. Dann wurden Nummern verteilt. Dann kam die Schlechtwetterfront. Als der Wind einsetzte, eierte der Hubschrauber ganz schön. Da überlegt man schon, ob man einsteigt.
Wir standen drei Stunden in der Kälte. Zwischendurch haben wir uns in der Bibliothek aufgewärmt. Wir wollten aber auch nicht unseren Platz in der Reihe verlieren. Die Nummern haben dann auch keinen mehr interessiert. Die Organisation war planlos. Durch den Schneesturm konnten wir an diesem Tag nicht ausgeflogen werden. Wir waren am nächsten Tag schon kurz vor acht am Landeplatz und kamen mit dem dritten Flug mit. Wir erhielten Ohrstöpsel. Ich habe meinem Hund die Ohren zugehalten, der war starr vor Schreck, hat aber alles gut überstanden. Der Hubschrauber setzte uns außerhalb von Schaprode ab.
Auf Hiddensee war kein Militär vor Ort. Seitens der Kurverwaltung hieß es, sie hätten mit der Bundeswehr gesprochen. Es sollte ein Transporthubschrauber kommen, der dann nicht mehr auffindbar war. Es kursierten die wildesten Gerüchte. Die Urlauber waren sehr verunsichert. Einige saßen seit Freitag dort fest und waren ziemlich genervt. Die Insulaner hingegen waren sehr entspannt. Sie haben klar gemacht, dass sie nicht von der Insel runter müssen. Das war das Problem der Touristen. Unser Problem hat die wenigsten interessiert. Einerseits verständlich, anderseits nicht das, was man in so einer Situation hören möchte. Wir haben ja Verpflichtungen zu Hause. Ich bin selbstständige Maklerin. Jeden Tag, den ich nicht arbeite, verdiene ich kein Geld. Immerhin erließen einige Vermieter die zusätzlichen Übernachtungskosten oder gaben Rabatte.
Den Versorgungsengpass haben wir deutlich gemerkt. Es ist schon beängstigend, wenn man im Supermarkt steht und die Käsetheke ist komplett leer. In der Fleischtheke lagen noch drei Scheiben Fleisch. Es gab weder Eier noch Milch. Brot gab es bis auf Knäckebrot nicht mehr. Die Regale waren leer, Obst und Gemüse komplett ausverkauft – bis auf ein paar Netze Nüsse und Rosenkohl. Es ist schon erschreckend, wenn man sonst nur gefüllte Supermärkte kennt.
Wir hatten ein Häuschen gemietet und mussten uns selbst versorgen. Abends sind wir essen gegangen. Morgens gab es Toast mit Butter und abgepackte Wurst. Es musste aber natürlich niemand hungern.
Der Urlaub war trotzdem sehr schön. Wir haben uns dick angezogen und sind jeden Tag mit unserem Husky große Touren gelaufen.“