Der 44-jährige Schweizer Helg Sgarbi war gerade erst am Montag in München zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Doch der Anwalt des Erpressers von Milliardärin Susanne Klatten will nun Revision einlegen. Hier sehen Sie Bilder vom Klatten-Prozess.
"Ich lege Rechtsmittel ein, weil ich davon ausgehe, dass es die Staatsanwaltschaft auch macht. Zurücknehmen kann man immer wieder", sagte Anwalt Egon Geis. "Das Rennen ist noch offen - man bleibt am Ball." Die Staatsanwaltschaft hat hingegen noch keine Entscheidung getroffen. "Wir prüfen noch", sagte Oberstaatsanwalt Anton Winkler.
Auch einem mutmaßlichen italienischen Komplizen Sgarbis soll in seiner Heimat der Prozess gemacht werden. Sgarbi selbst droht möglicherweise eine zweite Anklage in Italien. Er gelte dort noch als Beschuldigter, bestätigte Geis. Er rechne aber nicht damit, dass sich der 44-jährige Jurist und Dolmetscher nochmals vor Gericht verantworten muss.
"Einem italienischen Verfahren kann entgegengesetzt werden, dass die Vorwürfe, die die Italiener als Basis für die Bildung einer kriminellen Vereinigung sehen, in Deutschland bereits abgeurteilt wurden." Die Vorwürfe seien identisch, und niemand dürfe wegen derselben Sache zweimal verurteilt werden.
Sgarbi war am Montag vom Landgericht München I wegen gewerbsmäßigen Betrugs und versuchter gewerbsmäßiger Erpressung verurteilt worden. Er hatte Klatten und weitere Frauen verführt und dann mit einer erlogenen Geschichte von einem bei einem Unfall verletzten Kind zur Zahlung von insgesamt etwa 9,3 Millionen Euro gebracht. Allein Klatten gab ihm 7 Millionen Euro. Schließlich versuchte er Klatten und eine weitere Frau mit heimlich gedrehten Videos intimer Begegnungen um weitere Millionen zu erpressen. Die Quandt-Erbin und BMW-Großaktionärin zeigte ihn daraufhin an. "Es war richtig, diesen Weg zu gehen, auch wenn er nicht leicht gewesen ist. Frau Klatten dankt allen, die sie darin bestärkt haben", erklärte Klattens Sprecher dazu.
Sgarbis mutmaßlicher italienischer Komplize muss sich am 24. März im mittelitalienischen Pescara wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht verantworten. Mitangeklagt sind die Frau des Mittsechzigers, seine zwei Kinder und auch Sgarbis Ehefrau. Der Mann war im Juni 2008 unter dem Verdacht festgenommen worden, Kopf einer Betrügerbande zu sein. Er soll möglicherweise auch ein Stelldichein Sgarbis mit Klatten heimlich gefilmt haben. Ende Februar kam der Italiener - Medienberichten zufolge ein ehemaliger Gebrauchtwagenhändler, der nun eine Art Sekte um sich geschart hat - frei und steht nun unter Hausarrest. Bisher hat er alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Auf dem Anwesen des Italieners in den Abruzzen waren in einer Vase 400 000 Euro in 500-Euro-Scheinen gefunden worden, die aus der Klatten-Beute stammen könnten. Ferner wurden an anderen Stellen 1,8 Millionen Schweizer Franken (1,2 Millionen Euro) sowie 160 000 Euro sichergestellt. Die Behörden beschlagnahmten in Italien zudem Immobilien und zahlreiche Autos des Mannes. Daraus könnten die geprellten Frauen auf zivilrechtlichem Wege entschädigt werden, sofern der Nachweis gelingt, dass es sich um ihr Geld handelte. Das genau dürfte jedoch die Schwierigkeit sein, denn Nummern der Geldscheine wurden nicht notiert. Eine der Ex-Geliebten Sgarbis zahlt noch heute an Zins und Tilgung für das Geld, das sie ihm gutgläubig als "Darlehen" gab.
Von Sgarbi selbst wurden nur zwei Autos einkassiert. Dass der 44- Jährige, der zum Verbleib der Millionen wie der intimen Videos vor Gericht geschwiegen hat, nach der Haft das Geld selbst für sich verwenden könnte, gilt für die Ermittler als unwahrscheinlich. "Ich habe erhebliche Zweifel, dass er noch im Besitz seiner Beute ist und sie nach der Strafvollstreckung genießen kann", sagte Gerichtssprecherin Margarete Nötzel.