Im Mordfall Kardelen kann die Polizei inzwischen immer mehr Einzelheiten klären. Die DNA-Spuren haben jetzt ergeben, dass die Achtjährige in der Wohnung des 29-jährigen Türken sexuell missbraucht und ermordet wurde. Die Bilder zu den Fällen Kardelen, Jenisa und Michelle. Bilder von Kardelen.
Paderborn/Ankara. Seit Wochen versucht die Polizei Paderborn das Rätsel um den Mord an der kleinen Kardelen zu lösen. Jetzt sind sich die Ermittler sicher, dass die Achtjährige aus Paderborn bereits in der Wohnung ihres türkischen Nachbarn Ali K. missbraucht und ermordet wurde. Der mutmaßliche Täter hatte die Leiche des Kindes anschließend am vom Tatort 60 Kilometer entfernten Möhnesee versteckt. Über die Frage, wie der arbeitslose Verdächtige ohne Führerschein und Auto das tote Kind dorthin gebracht hat, rätseln die Ermittler.
Die Polizei fahndet nun mit Hochdruck nach dem 29 Jahre alten Nachbar der Familie. Er ist seit dem Fund der Leiche auf der Flucht. Weitere Nachbarn bestätigten, dass sie ihn am 15. Januar zusammen mit seiner Frau gesehen haben, als sie beide die Wohnung mit einem Koffer verließen.
Der flüchtige mutmaßliche Mörder wird in der Region von Izmir vermutet. Im Falle einer Festnahme planen die Türken ein eigenes Strafverfahren gegen Kur. Bei einer Verurteilung müsste er dort mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. Allerdings könne man auch nicht ausschließen, dass K. inzwischen schon wieder in Deutschland sei oder sich in einem anderen Land aufhalte.
Die Polizei in Paderborn hatte gestern mit Hilfe eines DNA-Tests den Verdächtigen im Mordfall Kardelen ermittelt. Dieser hatte eine Visitenkarte von einem türkischen Juwelier am Tatort verloren. Nach intensiver Recherche fanden die Beamten schließlich heraus, dass es sich um Ali K. aus Paderborn handelt, der erst vor einem halben Jahr dorthin gezogen war.
Beamte in der westtürkischen Stadt Aydin haben die Suche nach dem 29-Jährigen aufgenommen. In Aydin lebt der Vater von Kur. Man geht davon aus, dass der Tatverdächtige mehrere Tage bei Verwandten in der türkischen Region Izmir verbracht hat. Sein derzeitiger Aufenthaltsort ist jedoch nach wie vor unbekannt. Ein Polizeisprecher betonte, dass man noch nicht sicher wisse, ob sich Kur derzeit tatsächlich noch in der Türkei aufhalte oder weitergereist sei.
Kurs Eltern beteuerten, ihren Sohn seit drei Monaten nicht gesehen zu haben. "Wir wollen nicht glauben, dass unserer Sohn etwas mit diesem Mord zu tun hat. Niemand wird uns mehr eines Blickes würdigen. Wenn er es getan hat, wird Allah ihn dafür bestrafen", sagte seine Mutter Zuhre Kur. Kurs Vater Hasan ergänzt: "Wenn unser Sohn schuldig ist, muss er seine Strafe bekommen. Die Polizei sagte uns, er könne in Aydin sein, aber wir wissen nicht, wo er ist."
Parallel zur Fahnung in der Türkei, suchen die Beamtem auch in Deutschland weiter. "Es sind immer noch viele Fragen offen, besonders zur eigentlichen Tathandlung." Man müsse nach wie vor klären, wie Kardelen an den rund 60 Kilometer von Paderborn entfernten Möhnesee gelangte und warum die Kleidung des Mädchens dort an der Straße lag. Manche Fragen werde man aber wohl auch erst beantworten können, wenn der Verdächtige gefasst sei.