Im Prozess gegen den Massenmörder Anders Breivik hat die letzte Woche begonnen. Frage nach Zurechnungsfähigkeit bleibt zentral.
Oslo. Mit neuen Aussagen zur umstrittenen Zurechnungsfähigkeit des Täters ist der Prozess gegen den Massenmörder Anders Behring Breivik in die letzte Woche gegangen. Die Rechtspsychiater Terje Tørissen und Agnar Aspaas begründeten am Montag vor dem Osloer Gericht, warum sie den 33-Jährigen für zurechnungsfähig halten. Breivik hatte am 22. Juli vergangenen Jahres bei zwei Anschlägen 77 Menschen getötet.
Tørissen und Aspaas sagten als Sachverständige, dass sie den Täter für „stark narzistisch gestört“, aber nicht für psychotisch halten. Mit genau dieser Diagnose sowie der Einstufung des rechtsradikalen Islamhassers als paranoid schizophren hatten die Rechtspsychiater Torgeir Husby und Synne Sørheim am Ende der Vorwoche begründet, warum sie Breivik als nicht schuldfähig einstufen.
Die Entscheidung des Gerichtes über die Zurechnungsfähigkeit des geständigen, aber nicht reuigen Massenmörders gilt als zentrale offene Frage für die Urteilsverkündung Ende Juli oder Ende August. Breivik selbst will erklärtermaßen als zurechnungsfähig verurteilt werden und nur bei der Einstufung als nicht schuldfähig Berufung einlegen. Bis Freitag stehen die Schlussplädoyers auf dem Programm des Verfahrens, das streckenweise direkt vom norwegischen Fernsehen und in Web-Medien übertragen wird.
Die beiden Rechtspsychiater-Teams hatten den Attentäter in der Haftanstalt Ila ausführlich befragt und ihn während des seit dem 16. April laufenden Gerichtsverfahrens permanent beobachtet. Tørissen sagte, er habe bei diesen Beobachtungen teilweise gezweifelt, ob Breivik vielleicht doch psychotisch sein könne. Er sagte: „Wie ist es möglich, dass er hier bei einer derart ernsten Sache sitzen kann, ohne die geringste Gefühlsregung zu zeigen?“
Breivik hatte am 22. Juli 2011 erst eine Bombe in Oslo platziert, durch die acht Menschen starben. Danach tötete er auf der Insel Utøya 69 Teilnehmer eines sozialdemokratischen Sommerlagers. Er begründet das Verbrechen als „notwendig“, um eine islamische Machtübernahme in Norwegen zu verhindern. (dpa/abendblatt.de)