Die Katholische Kirche in Italien und Umweltschützer reagierten mit Besorgnis auf die erste lebende Zelle mit künstlichem Erbgut.
Rom/München/Washington. Führende Vertreter der Katholischen Kirche Italiens haben besorgt auf die erste Zelle mit komplett künstlichem Erbgut reagiert, die der US-Genforscher Craig Venter geschaffen hat. Die Manipulation des Lebens sei ein Alptraum, der bekämpft werden müsse, sagte Bischof Domenico Mogavero am Freitag in der Zeitung „La Stampa“. Auch Kritiker der Biotechnologie in Deutschland warnten vor den Gefahren solcher Experimente.
Ein Team um Venter hatte am Donnerstag bekanntgegeben, eine Zelle mit komplett künstlichem Erbgut geschaffen zu haben. Die Gene wurden im Labor aus chemischen Elementen erzeugt und in ein Bakterium eingepflanzt, worauf sie die Kontrolle über den kleinen Organismus übernahmen.
Wenn die Zelle in die falschen Hände gerate, könne „die Neuheit der Gegenwart zu einem zerstörerischen Schritt in das unbekannte Morgen“ werden, warnte Mogavero, Leiter des Rechtsausschusses der italienischen Bischofskonferenz. „Der Mensch kommt von Gott, aber er ist nicht Gott.“ Der Mensch habe die Möglichkeit, durch Fortpflanzung Leben zu schaffen, dürfe dies aber nicht auf künstliche Weise tun.
Die Sorge über den Fortschritt in der Genforschung könne in einer Frage zusammengefasst werden, sagte Bruno Forte, Erzbischof von Chieti-Vasto in Mittelitalien, der Zeitung „Corriere della Sera“: „Ist das, was wissenschaftlich möglich ist, auch unter ethischen Gesichtspunkten richtig?“ Er betonte zugleich, dass die Kirche der modernen Forschung nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber stehe.
Die biotechnologie-kritische Organisation Testbiotech warnte eindringlich vor den Gefahren solcher Experimente. „Die Auswirkungen einer Verbreitung synthetischer Gene oder Organismen in der Umwelt können nicht abgeschätzt werden“, erklärte das Institut, das sich auf die Bewertung von Risiken der Biotechnologie spezialisiert hat, am Freitag in München.
Es sei möglich, dass künstliche Gene außerhalb des Labors überdauerten und sich in der Umwelt verbreiteten, „weil sie sich der Kontrolle durch die natürliche Genregulation und evolutionäre Anpassungsmechanismen entziehen können“. Zudem könnte sie im Kontakt mit natürlichen Genen neue unvorhergesehene Eigenschaften entwickeln.
Testbiotech forderte dazu auf, ein Eindringen synthetischer Zellen und Organismen in die Umwelt zu verhindern und die mit solchen Projekten befassten Firmen und Forschungseinrichtungen zu erfassen und zu kontrollieren. Die Entwicklung verlaufe derzeit ohne genauen gesetzlichen Rahmen, erklärte die von dem ehemaligen Greenpeace-Gentechnikexperten Christoph Then geleitete Organisation. Das sei nicht zuletzt deshalb bedenklich, weil sich gefährliche Krankheitserreger und Biowaffen synthetisieren lassen könnten.
Venter hatte erklärt: „Dies ist die erste synthetische Zelle, die je geschaffen wurde.“ Der Durchbruch in der Forschung könne zum Beispiel zur Züchtung künstlicher Bakterien zur Erzeugung von Bio-Kraftstoffen oder zum Einsatz gegen Umweltverschmutzung führen.