Herbert und Zelmyra Fisher sind seit 86 Jahren glücklich verheiratet. Wie das geht, sagt ein Hamburger Paarexperte
James City. Es ist bald ein Jahrhundert her, dass sie einander auf der Grundschule kennenlernten. Anfangs verband die beiden nur Freundschaft. Sie sagt: "Ich fand ihn zwar süß, ruhig und freundlich, aber besonders viel zum Angucken war da nicht." Und doch sind sie noch immer zusammen. An diesem Donnerstag feiern Herbert (104) und Zelmyra (102) Fisher aus James City (US-Bundesstaat North Carolina) ihren 86. Hochzeitstag. Damit halten sie den Guinness-Weltrekord als das am längsten verheiratete Ehepaar. Aber was verbindet Mann und Frau für eine kleine Ewigkeit? Die Fishers schwören, dass es kein Geheimnis für ihre lange Ehe gebe.
Erich Witte, Professor für Sozialpsychologie an der Uni Hamburg, sieht das anders: "Natürlich gibt es ein Rezept für eine funktionierende Beziehung. Dieses Paar hat das auch unbewusst umgesetzt." Witte zufolge stützt sich die Liebe auf fünf Säulen, die alle gleichzeitig stabil gehalten werden müssen. Er ist sicher: "Die Liebe bleibt nicht automatisch so, wie sie einmal war. Man muss seinen Kopf anstrengen und an der Beziehung arbeiten."
Die erste Säule bildet nach Witte die Bereitschaft, sich auch nach Jahren immer wieder zu zeigen, dass man sich liebt. Wie Herbert und Zelmyra Fisher, die stets Händchen haltend auf der Veranda sitzen. Sie leben seit mehr als 50 Jahren in dem Haus, in dem sie ihre fünf Kinder großgezogen haben. Sie lieben es auch nach so vielen Jahren, gemeinsam Zeit zu verbringen. Herbert Fisher erzählt: "Die Kinder sind erwachsen, also sprechen wir jetzt noch mehr miteinander. Wir können unsere Zeit auf der Veranda oder in unseren Schaukelstühlen genießen - zusammen." Damit stärken die beiden bereits die zweite von Witte definierte Beziehungssäule, die Kommunikation untereinander. Zelmyra Fisher beschreibt das Verhältnis zu ihrem Mann: "Wir sind Individuen, aber erreichen mehr zusammen." In der Beziehung sind beide gleichberechtigt, den Titel "Boss" haben sie sich stets geteilt. Diese Machtbalance bildet die dritte Säule, die laut Witte unerlässlich für eine funktionierende Beziehung ist.
Nachdem ihre Kinder ausgezogen waren, haben sie allerdings einige räumliche Veränderungen vorgenommen, damit Herbert Fisher seinem einzigen Laster frönen kann: Baseball gucken. Das tut er oft bis spät in die Nacht. Damit seine Frau in Ruhe schlafen kann, hat das Paar getrennte Schlafzimmer. Bevor er ins Bett geht, sieht Herbert Fisher aber immer noch einmal nach seiner Gattin. Das Rekordehepaar schafft sich damit unbewusst auch die vierte wichtige Beziehungssäule, die Balance zwischen Nähe und Distanz, die sich die Partner voneinander wünschen.
Als fünfte Säule sieht Witte das "Gemeinsam sind wir stark"-Prinzip. Es gehe darum, auch Anregungen von außen zuzulassen. Der Ausgleich von individuellen und gemeinsamen Unternehmungen könne die Beziehung sehr stärken, so der Paarexperte. Für die Fishers ist das kein Problem, sie sind in verschiedenen Kirchengemeinden, der sonntägliche Kirchbesuch findet daher traditionell getrennt statt. In der Bibel lesen die Eheleute aber gemeinsam.
Und weil die beiden gerne helfen, haben sie zum diesjährigen Valentinstag Fragen zu ihrer Beziehung über den Onlinedienst Twitter beantwortet. Dabei ließen sie sich doch einige Ratschläge entlocken. Sie erinnerten zum Beispiel daran, dass die Ehe kein Wettbewerb sei, bei dem immer alles aufgerechnet werden müsse, und empfahlen: "Seid euch einig, dass es in Ordnung ist, auch mal uneinig zu sein." Sie betonten zudem noch einmal: "Wir würden nichts ändern. Es gibt bei unserer Ehe auch kein Geheimnis, wir haben einfach alles Mögliche für uns und unsere Familie getan."
Und diese Familie wird zur Feier des Hochzeitstags zahlreich erscheinen. Neben den fünf Kindern werden zehn Enkel, neun Urenkel und vier Ururenkel sowie zahlreiche andere Verwandte, Nachbarn und Freunde zu Besuch kommen.