Hamburg. Der 57-Jährige, der beim Hamburger Fußball-Verband für den Spielbetrieb zuständig, zieht eine Bilanz für das Jahr 2022
Frank Flatau ist seit dem 4. Juni 2021 Spielausschussvorsitzender des Hamburger Fußball-Verbandes (HFV). Im Interview mit dem Abendblatt nimmt der 57-Jährige Stellung zu den heißen Themen im Hamburger Amateurfußball – und räumt Fehler beim Umgang mit der Auf- und Abstiegsregelung ein.
Hamburger Abendblatt: Herr Flatau, in Ihrer Bewerbungsrede für den Posten des Spielausschussvorsitzenden des Hamburger Fußball-Verbandes sagten Sie, Sie wollten „es einfach mal anders machen“. Nun sind Sie knapp eineinhalb Jahre im Amt. Was haben Sie anders gemacht?
Frank Flatau: Ich glaube, dass unser Team im HFV-Spielausschuss für eine offene, gute Kommunikation mit den Vereinen steht. Bis auf eine Person sind alle Mitglieder ehrenamtlich im Verein tätig. Wir wissen, was die Clubs und ihre Ehrenamtlichen bewegt, fühlen den Puls der Basis. Eine andere Herangehensweise hat darüber hinaus die Pandemie erzwungen. Wir haben vorübergehend mit mehreren kleineren Staffeln inklusive Auf- und Abstiegsrunde gespielt. Das war richtig, um die Saison 2021/22 im Hamburger Amateurfußball sicher zu Ende zu bringen.
Die vorige Saison musste verlängert werden. Der HFV-Spielausschuss hatte vorsorglich reichlich Pufferzeit am Ende der Spielzeit eingebaut. Fühlen Sie sich bestätigt?
Alle Beteiligten dürfen sich bestätigt fühlen. Das war ebenfalls eine richtige Entscheidung.
Heiß diskutiert wurde unter den Clubs die Regelung, bei nur einer Corona-Infektion im Kader ein Spiel absagen zu können. Seit dieser Saison müssen es fünf Spieler sein. Hat der Spielausschuss hier wegen Missbrauch nachjustiert?
Nach unseren Informationen gab es tatsächlich einige Mannschaften, die die alte Regelung ausgenutzt haben. Das hat uns geärgert. Wir haben die Regel daher angepasst. Die neuen Vorgaben sind auch zeitgemäßer, da wir uns im Übergang von der Pandemie zur Endemie befinden.
Amateurfußball: Wird im Lotto-Pokal die Verlängerung abgeschafft?
Eine weitere Änderung ist bis heute gültig: der Verzicht auf die Verlängerung im Lotto-Pokal. Soll das so bleiben?
Anfang des kommenden Jahres wird es einen Ausspracheabend für die Regional- und Oberligisten geben. Separat zudem zwei Ausspracheabende für die Clubs von der Kreisklasse bis in die Landesliga. Wir werden uns nach der Mehrheitsmeinung der Basis richten.
Ist die Mehrheit nicht längst klar? Gibt es nach 90 Minuten Elfmeterschießen, sind die Chancen der Außenseiter auf eine Überraschung höher. Und es gibt nun mal mehr Außenseiter im Pokalfeld…
Wie gesagt, wir werden ein umfassendes Meinungsbild einholen und danach entscheiden. Wir haben den Wegfall der Verlängerung ja eingeführt, um Probleme bei Clubs zu vermeiden, deren Platzkapazitäten in der Corona-Pandemie stark ausgelastet sind. Ich persönlich finde beide Varianten gut.
Stark kritisiert wurde Ihr Spielausschuss für seinen Umgang mit der Oberligaabstiegs- und Landesligaaufstiegsregelung. Die Frage, ob der in der Landesliga 1 nach Meister Niendorfer TSV II platzierte zweite Verein ein Aufstiegsrecht besitzt, wurde in der Saison 2021/22 spät angegangen, erst verneint und schließlich nach dem letzten Spieltag bejaht. Hamm United sollte aus der Oberliga Hamburg absteigen, behielt nach einer Klagedrohung seinen Platz. Was ist da schiefgelaufen?
Wir haben es vor der Saison versäumt, den entsprechenden Passus zu ändern und klar zu definieren. Diese Geschichte hat mich maßlos geärgert. Andererseits ist es nicht möglich, alle Eventualitäten hundertprozentig vorherzusehen.
Aber Niendorf II war spätestens ab Ende Februar als Meister absehbar. Warum wurde da nicht früher gehandelt und so verwirrend kommuniziert?
Ich stimme zu, das ist nicht glücklich gelaufen. Wir hätten das inhaltlich und kommunikativ anders lösen müssen. Als Spielausschuss haben wir unsere Schlüsse gezogen, damit der Umgang mit solchen Fällen künftig deutlich besser gehandhabt wird.
Hamm Uniteds Klassenerhalt wurde erst am 28. Juni bestätigt, eineinhalb Monate nach Saisonschluss. Der Club griff den Spielausschuss in den Medien mehrmals öffentlich an. Wie ist Ihr Verhältnis zu den Verantwortlichen im Hammer Park?
Ich habe kein Problem mit Hamm United. Die Beziehung zu den Verantwortlichen ist normal. Wenn mich jemand anruft, das gilt für alle Vereine, bekommt er eine vernünftige Antwort.
Teurere Stehplätze? Flatau: „Durch Corona sind Mehrkosten entstanden“
Vor der Saison wurde allen Clubs erlaubt, die Eintrittspreise für die Stehplätze zu erhöhen. In der Oberliga Hamburg dürfen jetzt bis zu neun Euro Eintritt genommen werden. Warum?
Die Preise waren vorher lange stabil. Durch Corona sind den Vereinen Mehrkosten entstanden. Das fängt bei den Hygienekonzepten an und hört beim Ordnungsdienst lange nicht auf. Die Schiedsrichtergebühren haben sich beispielsweise ebenfalls erhöht. Wir wollten den Vereinen etwas Spielraum geben, ihre Kosten zu refinanzieren. Es ist ja keine Pflicht, die Spanne bis neun Euro auszureizen. Ein Club kann das tun, für ein Derby oder Topspiel zum Beispiel, muss es aber nicht.
Für die Fans steigen die Preise im Alltag auch. Besteht nicht die Gefahr von weniger Zuschauern?
Das glaube ich nicht. Altona 93 hat seine Eintrittspreise erhöht, aber eine stabile Fanbasis. Beim Topspiel gegen Meister TuS Dassendorf nahm der TSV Sasel acht Euro für einen Stehplatz. Es waren trotzdem 500 Leute da.
YouTube-Star Trymacs hat ein eigenes Fußballteam gegründet und mit dem SC Victoria VIII vierstellige Zuschauerzahlen in der Kreisklasse B. Warum wurde seiner Bitte um höhere Eintrittspreise nicht nachgekommen?
Weil die erlaubten Eintrittspreise in der Kreisklasse B für einen Stehplatz bei zwei Euro für einen Erwachsenen und einem Euro ermäßigt liegen. Sein Team ist aus meiner Sicht eine klasse Sache. Junge Leute generieren mit ihrer Fußballmannschaft große Aufmerksamkeit für den Hamburger Amateurfußball. Aber das ist kein Grund, einer erneuten Erhöhung der Eintrittspreise zuzustimmen, die ja auch für Gästefans gelten würde.
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Was hat es mit der Flutlicht-Initiative zum Energiesparen auf sich?
Uns ging es nicht darum, die Flutlichtspiele vom Freitagabend zu verbannen. Sondern darum, die Plätze am Sonnabend und Sonntag nach 16 Uhr möglichst nicht mehr zu bespielen. Es ist eine Anregung an die Clubs, im Rahmen ihrer Möglichkeiten gesellschaftspolitische Verantwortung zu übernehmen.
Wie ist Ihre Haltung zu einer eventuellen Deckelung der Ablösesummen im Amateurbereich?
Die Gebührenordnung in der Sommertransferperiode nennt recht hohe Zahlen. Beispielsweise zahlen Oberligisten 2500 Euro für die Verpflichtung eines Spielers. In der Wintertransferperiode kann jeder Club über die Ablösesumme frei entscheiden. Das verstehe ich, die Vereine müssen sich ja auch schützen. Die Ablösesummen im Sommer entsprechen nicht meinem Geschmack. Kurzfristig ist dazu allerdings keine Initiative geplant.
Was ist Ihr wichtigstes Anliegen in der kommenden Zeit?
Wir wollen die Kommunikation mit den Vereinen noch weiter verbessern. So sollen unter anderem im Jahr 2023 vier Regionalkonferenzen im Jugendbereich stattfinden, um an den Standorten viele Gespräche zu führen und Probleme vor Ort lösen zu können. Wir werden uns weiter als Dienstleister für die Vereine verstehen. Wenn wir dieses Selbstverständnis überzeugend leben, werden wir den Bedürfnissen der Vereine auch gerecht werden können.