Buxtehude. Lisa und Paula Prior treffen in der Bundesliga aufeinander. Nicht nur Papa Peter, Manager-Legende des BSV, sitzt zwischen den Stühlen.
Für 60 Spielminuten am Mittwochabend sind Paula und Lisa Prior keine Schwestern mehr. „Zumindest vergessen wir dann mal unsere Schwesternschaft“, sagt Lisa Prior, 24, kichernd. Sie empfängt mit Bundesligaaufsteiger SGH Rosengarten-Buchholz um 19.30 Uhr zum Derby in der Nordheidehalle ihre kleine Schwester Paula, 18, mit dem Buxtehuder SV. Und: Beide wollen gewinnen: „Die Favoritenrolle ist klar verteilt. Ich denke, dass das für ‘Buxte’ ein Pflichtsieg ist. Wir brauchen die Punkte unbedingt“, sagt Paula. „Nö! Wir brauchen die Punkte ja fast dringender“, widerspricht Lisa. Ihre Mannschaft kämpft um den Klassenerhalt.
Vater Peter Prior, 58, ist die Manager-Legende des BSV. Auch er will die Zähler, zumal der DHB-Pokalsieger und Vizemeister mit 6:8 Punkten holprig in die Saison gestartet ist. „Ich habe Lisa aber versprochen, dass ich jedes ihrer Tore beklatsche. Und sei es das Siegtor“, sagt der faire Vater. Die Gegnerinnen leben obendrein in einer Zweier-WG in Buxtehude zusammen, zwei Straßen entfernt vom Elternhaus. „Ich bin jetzt öfter mal in die WG gekommen und wollte Lisa vom Training erzählen, auch so taktische Dinge. Und dann dachte ich: Stopp, darf ich das jetzt ausplaudern?!“, berichtet Paula.
Wie wäre es denn, wenn sie in einem Zweikampf aufeinanderträfen, die Rosengarten-Stammspielmacherin Lisa und BSV-Nachwuchsspielmacherin Paula? „Es würde mir doch schwerfallen, da richtig zuzupacken“, gesteht Lisa. Aber wenn die kleine Schwester sie ausspielt oder foult? „Nö, also die Blöße würde ich mir nicht geben!“
Die Priors sind handballverrückt
Es ist nicht ganz sicher, ob Paula zum Einsatz kommt. Die flinke Spielgestalterin rückte zu dieser Saison fest in den Bundesligakader auf und sammelte am Sonntag in Bietigheim (22:27) ihre ersten Saisonminuten. Sie gehört auch zum U19-Nationalteam, an Emily Bölks Seite wurde sie bei der U19-EM im August in Spanien Fünfte. Ob es nicht seltsam sei, als Manager der eigenen Tochter einen Vertrag zu geben? Peter Prior: „Also, Paula darf ja auch nicht unter mir leiden! Wenn wir sie – nur damit ich über jeden Verdacht erhaben bin – noch nicht mit in den Kader nähmen, wäre das ja auch Quatsch.“
Die Priors sind handballverrückt, oder wie BSV-Trainer Dirk Leun sagt: „Die Familie Prior lebt von morgens bis abends Handball, es macht Spaß, mit ihr zusammenzuarbeiten.“ Peter Prior ist seit 48 Jahren im BSV, seit 1999 zuständig für das Bundesligateam. Dann gibt es noch Sohn Finn, 32, der für die Landesligaherren Tore wirft, Tochter Sina, 26, die vor zwei Jahren aufgehört hat, und Mutter Sonja, 59, die spontan das Foto zu diesem Artikel schoss. Auch sie war bei „Buxte“ (natürlich als Spielmacherin) aktiv und trainiert heute die Minis, die F- und E-Jugend. Sie war Paulas erste Trainerin und hatte auch Leuns Zwillinge Finn und Jakob (Jahrgang 2003) unter ihren Fittichen. Welcher Tochter drückt sie die Daumen? „Meine Mama ist halb-halb“, sagt Lisa.
Lisa ist die Abtrünnige
Lisa ist die Abtrünnige, allerdings gab es lange eine Kooperation mit dem kleinen Nachbarn. 2013 bekam Lisa ein Zweitspielrecht, viele Spielanteile und reifte zur Führungspersönlichkeit. Ein Zweitspielrecht kann man nur bis zum 23. Lebensjahr haben, und für Teams in derselben Liga sowieso nicht. Vielleicht könnte Lisa den Sprung zurück zum BSV schaffen, aber derzeit fühlt sie sich sehr wohl bei den „Luchsen“.
Paula prophezeit „ein friedliches, schönes Derby“. Auch die Schwestern-WG sei total harmonisch. Lisa sieht sich als „WG-Mutti“. Für Paula ist es die erste eigene Wohnung. Nach ihrem Abitur 2014 absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Buxtehuder SV (wo sonst?). Seit Oktober studiert sie in Hamburg Psychologie. Fahren die zwei zusammen die Dreißig-Minuten-Strecke zum Spiel? Nein, Paula reist mit dem BSV an. Aber nach der Partie sind sie wieder allerbeste Schwestern.