Lisa Ponomar und Lisa Matviyenko sind in ihrer Altersklasse national Spitze. Nun wollen sich die beiden 16-Jährigen vom Club an der Alster in die Top 500 der Weltrangliste vorarbeiten.
Hamburg. Tenniseltern? Klar, diesen Begriff haben sie schon oft gehört. Liegt ja auch auf der Hand, wenn man vom eigenen Vater trainiert wird. Warum dieses Phänomen gerade in ihrem Sport so verbreitet scheint, können sie auch nicht sagen. Aber dass sie sehr glücklich über die Unterstützung aus der Familie sind, daran lassen Lisa Ponomar und Lisa Matviyenko keinen Zweifel zu. „Bei meinen Eltern kann ich mir sicher sein, dass das, was sie sagen, das ist, was sie wirklich denken“, sagt Lisa Matviyenko, und ihre Clubkameradin, die neben ihr sitzt und an einer Apfelschorle nippt, nickt dazu.
Im Verlauf des Gesprächs wird das häufiger passieren. Matviyenko ist für eine 16-Jährige erstaunlich eloquent, während sich die Schüchternheit der gleichaltrigen Ponomar in Einsilbigkeit ausdrückt. Viel wichtiger ist aber, dass beide auf dem Tennisplatz ihre Leistung für sich und das Familienmodell sprechen lassen, und das tun sie seit Monaten in beeindruckender Manier. In ihrer Altersklasse gehören sie zur nationalen Spitze, sie sind die jüngsten deutschen Damen, die in der Weltrangliste gelistet sind, Matviyenko auf Platz 970, Ponomar nach drei Halbfinalteilnahmen und einem Finalstart bei Turnieren in der Türkei im März sogar auf Platz 874. Im Hamburger Verband, für den sie dank ihrer Einsätze im Zweitligateam des Clubs an der Alster starten, hält man das Duo für die legitimen Nachfolger von Shootingstar Carina Witthöft.
Die 19-Jährige, die im Januar bei den Australian Open ihren zweiten Grand-Slam-Einsatz hatte und derzeit Platz 170 der Tenniswelt belegt, ist für die beiden Schülerinnen ein Vorbild, wie auch die anderen Mitglieder der deutschen Nationalmannschaft. Einmal in der Woche darf Matviyenko derzeit mit Witthöft in der von deren Eltern geleiteten Jenfelder Tennisschule trainieren. „Das ist natürlich der Hammer, von so einer Spielerin lernen zu können“, sagt sie. Ihr Vater Wladimir Lys war früher Witthöfts Coach, derzeit kümmert er sich vor allem um das Wohl seiner Tochter, die in Wandsbek das Matthias-Claudius-Gymnasium besucht und dort großartige Unterstützung erfährt. Trotz ihrer ob diverser Turnierteilnahmen angehäuften Fehlzeiten durfte sie eine Klasse überspringen und baut deshalb gerade ihr Abitur. Erst danach soll die Konzentration ganz auf dem Sport liegen.
Eine Profikarriere ist auch Lisa Ponomars Ziel. Seit sie laufen kann, spielt sie mit Vater Dimitrij Ponomar Tennis. Während Matviyenkos Schwester Eva, 12, längst ebenfalls auf die Filzbälle einschlägt, ist Lisa Ponomar als Einzelkind die ganze Aufmerksamkeit der Eltern sicher. Ihr gefällt das, „weil ich weiß, dass sie nur das Beste für mich wollen“. Um sich auf ihren Sport zu konzentrieren, absolvierte die Ahrensburgerin ihren Schulunterricht von Klasse acht bis zehn über ein Mannheimer Ferngymnasium im Internet, seit vergangenem Sommer besucht sie jedoch wieder die Stormarnschule, die ein Sportprofil entwickelt hat, das Leistungssportler unterstützt.
Überstürzen wollen es beide nicht mit dem Einstieg in die Profitour. Unter die besten 500 Spielerinnen der Welt vorzustoßen, das ist ihre für diese Saison angepeilte Marke. Lisa Matviyenko glaubt, dass ihre Freundin das schaffen kann, „weil sie echt druckvolle Schläge hat“. Umgekehrt hält Lisa Ponomar ihre Mitspielerin, gegen die sie bislang in zwei Vergleichen auf dem Feld zweimal verloren hat, für „eine der besten Grundlinienspielerinnen, sie ist sehr konstant und macht kaum Fehler.“ Als Konkurrentinnen sehen sie sich überhaupt nicht, sagen beide mit Nachdruck. „Es gibt so viele Spielerinnen auf der Welt, da muss ich doch nicht mit einer Freundin in der gleichen Stadt konkurrieren“, sagt Lisa Matviyenko.
Ob man das glauben kann, bleibt abzuwarten. Beide haben ukrainische Wurzeln, Ponomar wurde in Hamburg geboren, Matviyenko verbrachte die ersten fünf Lebensjahre in Kiew, und beide haben den unbedingten Willen zum Erfolg, den man osteuropäischen Tennisspielern nachsagt. „Diesen Kampfgeist habe ich von meinem Vater geerbt“, sagt Lisa Matviyenko, und Lisa Ponomar macht ebenfalls ihren Vater für „meinen Ehrgeiz und meine Disziplin“ verantwortlich. Sie sind zweifellos zwei echte Kinder des Tennis.