Hamburg. Die Hamburger lassen sich nicht hetzen und bewerten die aktuelle Lage positiv. Klar ist inzwischen, wer nicht neuer Coach wird.

Weißer Rauch stieg auch am Donnerstag nicht über dem Millerntor-Stadion auf. Was zugleich bedeutete, dass im Inneren die Köpfe der Entscheider des FC St. Pauli bei der Trainersuche weiter kräftig am Dampfen sind.

Und dennoch: Auf glühenden Kohlen sitzen die Hamburger bei der Nachbesetzung für den an Brighton & Hove Albion verkauften Ex-Cheftrainer Fabian Hürzeler nicht. Im Gegenteil, die Stimmung beim Kiezclub ist ausgesprochen gelassen.

FC St. Pauli gelassen bei der Trainersuche

Während einige Fans und Beobachter der Herausforderung Bundesliga zunehmend besorgt entgegenblicken, und die Freude über den Aufstieg und die Zweitliga-Meisterschaft aus externer Betrachtung langsam in den Hintergrund rückt, bewertet man die Situation innerhalb des FC St. Pauli anders. Was ist denn überhaupt passiert? Diese Frage werfen die Braun-Weißen auf, um ihre Entspannung – nicht zu verwechseln mit Naivität – zu begründen.

Die Antwort aus der negativen Perspektive: Ein Erfolgstrainer weg, der sich allerdings schon bei seiner schwierig gestalteten Vertragsverlängerung im März dieses Jahres nicht mit ganzem Herzen dem Verein verschrieben hatte, weil zu erwarten war, dass sportlich reizvollere Angebote kommen würden. In Marcel Hartel der Topscorer der Zweiten Liga weg, das schmerzt zweifellos.

Was ist passiert? Leistungsträger weg, Geld da

In Aljoscha Kemlein ein Leistungsträger weg, was bei der Leihgabe des 1. FC Union Berlin allerdings eingeplant war. Und mit Eric da Silva Moreira ein Talent auf dem Absprung zu Nottingham Forest, das nach bislang einer Zweitligaminute kommende Saison vermutlich keine all zu große Rolle im Bundesligateam gespielt hätte.

Übrig bleibt eine Mannschaft, der zuzutrauen ist, den Klassenerhalt in der Bundesliga erreichen zu können. Dass weitere wichtige Akteure St. Pauli noch verlassen, ist unwahrscheinlich. Ein Szenario, wie es beispielsweise Vizemeister VfB Stuttgart droht, dessen Team auseinanderfällt, ist auf dem Kiez nicht zu erwarten.

Smith unverkäuflich, Saad mit teurem Preisschild

Insbesondere der durchaus begehrte Spielmacher Eric Smith dürfte für nahezu unverkäuflich erklärt werden. Allenfalls bei Linksaußen Elias Saad soll es Überlegungen gegeben haben, sich einem Verkauf nicht grundsätzlich zu verwehren – mit einer wichtigen Einschränkung: Wenn ein finanziell herausragendes Angebot für den tunesischen Nationalspieler eintrudelt.

Geld, das St. Pauli wie jeder Club zwar immer gebrauchen kann, nach den Hürzeler-Millionen aber nicht mehr ganz so dringlich benötigt. Auch der Verkauf von da Silva Moreira dürfte mindestens 1,5 Millionen Euro einbringen, durch diverse Klauseln und womögliche Weiterverkaufsbeteiligungen vermutlich noch um einiges mehr. Ob der 18-Jährige tatsächlich gut beraten ist, ohne nennenswerte Zweitliga-Erfahrung in die Premier League zu wechseln, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Trainersuche hemmt St. Pauli nicht auf dem Transfermarkt

Überhaupt verfügt der Bundesliga-Rückkehrer nun über eine finanzielle Stabilität wie lange nicht mehr. Ressourcen, die zu Teilen auch in Verstärkungen auf dem Rasen investiert werden sollen.

Dass sich nach wie vor kein unmittelbares Ende der Trainersuche absehen lässt, hemme die Bemühungen um neue Spieler nicht, ist zu hören. Mit den Kandidaten für den Chefposten als Übungsleiter führe Sportchef Andreas Bornemann auch Gespräche über Transferziele der Hamburger, die bislang Mittelfeldspieler Robert Wagner vom SC Freiburg ausgeliehen und Ersatztorwart Ben Voll von Viktoria Köln verpflichtet haben.

Bis zum Trainingsauftakt soll der neue Trainer feststehen

Die Verkündung des nächsten Trainers ist nicht in den nächsten Tagen zu erwarten. Zeitlicher Druck besteht nicht. Am 8. Juli ist Trainingsauftakt.

Wie weit im Vorhinein Klarheit vorherrscht, hat vermutlich nur marginale Auswirkungen. Bis dahin besitzt die Sorgfalt bei der Auswahl höchste Priorität.

Eichner wird nicht Trainer beim FC St. Pauli

Klar ist bislang nur, wer es nicht wird. Christian Eichner, zu dem es Kontakt gegeben haben soll, bleibt Chefcoach des Karlsruher SC und wird kommenden Mittwoch mit dem Zweitligisten in die Saisonvorbereitung einsteigen.

Der 41-Jährige wäre viel zu teuer gewesen. Nachdem seine Ausstiegsklausel am vergangenen Sonnabend verstrichen ist, würde der KSC angeblich bis zu drei Millionen Euro fordern, um Eichner freizugeben.Das wäre nicht nur deutlich über Marktwert, beim FC St. Pauli herrscht, so wird verlautbart, ohnehin die Ansicht vor, es gebe passendere Bewerber als den gebürtigen Sinsheimer.

Mit denen glühen dafür derzeit die Drähte, und das Telefon von Bornemann dürfte auch übers Wochenende heißlaufen. Alles mit dem Ziel, dass bald wirklich weißer Rauch über dem Millerntor aufsteigt und es dann heißt: Habemus Cheftrainer!

Romeo Aigbekaen (19) verstärkt kommende Saison die U 23 des FC St. Pauli. Der deutsch-nigerianische Linksaußen wechselt vom West-Regionalligisten 1. FC Düren.