Hamburg. Ein Monat nach der Meisterfeier wird der Bundesliga-Aufsteiger von personellen Turbulenzen geplagt. Schon wieder droht ein Abgang.

An diesem Donnerstag ist es genau einen Monat her, dass mehr als 40.000 Menschen dicht gedrängt auf dem Spielbudenplatz und der Reeperbahn die Zweitliga-Meisterschaft und damit den Bundesliga-Aufstieg des FC St. Pauli feierten. Die Euphorie rund um den Kiezclub schien grenzenlos, zumal die Hoffnung, dass sich das so miteinander verschworene Team auch in der Bundesliga behaupten und zumindest den Klassenverbleib schaffen kann, ziemlich realistisch schien.

FC St. Pauli leidet unter personellen Turbulenzen

Von all dem ist heute, da schon in zweieinhalb Wochen die Vorbereitung auf die neue Saison startet, fast nichts mehr zu spüren. Erst verabschiedete sich Topscorer Marcel Hartel (28) ablösefrei mit immer noch nicht feststehendem Ziel, dann folgte der immerhin für den Kiezclub finanziell lukrative Transfer von Cheftrainer Fabian Hürzeler (31) zu Brighton & Hove Albion in die englische Premier League. Zudem stellte sich heraus, dass Hürzeler auch noch seinen Torwart- und Standardtrainer Marco Knoop (45) auf die Insel mitnehmen will, was ebenfalls kaum zu verhindern sein wird.

Als wäre das alles nicht schon genug des Ungemachs, kam in der Nacht zu Mittwoch auch noch heraus, dass ein Liga-Konkurrent Brightons ausgerechnet den derzeit mit Titeln höchstdekorierten Spieler des FC St. Pauli intensiv lockt. Als erstes berichtete der Pay-TV-Sender Sky darüber, dass Nottingham Forest Eric Moreira da Silva verpflichten will. Das am 3. Mai 18 Jahre alt gewordene Toptalent war im Juni vergangenen Jahres mit der deutschen U-17-Nationalmannschaft zunächst Europameister und sechs Monate später auch noch Weltmeister geworden.

Eric da Silva Moreira kam schon 2015 zum FC St. Pauli

Statt Vorfreude herrscht derzeit eine gewaltige Verunsicherung rund um den FC St. Pauli. Noch ist nicht klar, wer die Mannschaft künftig trainiert. Ebenso im Dunkeln ist, welche potenziellen Leistungsträger die Mannschaft verstärken sollen. Und auch wenn Eric da Silva Moreira bisher noch kein Faktor im Spiel des Profiteams war, so wäre sein Abgang ein weiteres fatales Signal.

Die beiden internationalen Titel-Triumphe mit der deutschen U-17-Mannschaft waren die bisherigen Höhepunkte in der noch jungen Karriere von Eric da Silva Moreira, der bereits 2015 vom SC Victoria zum FC St. Pauli gewechselt war und hier alle Jugendmannschaften durchlaufen hatte.

Nottingham Forest ärgerte auch schon mal den HSV gehörig

Seit Januar dieses Jahres trainierte der auf der rechten Außenbahn sowohl defensiv als auch offensiv einsetzbare da Silva Moreira regelmäßig unter Chefcoach Fabian Hürzeler im Profiteam mit, spielte überwiegend aber in der U-23-Mannschaft in der Regionalliga Nord (zehn Spiele). Fünfmal aber stand er auch bei einem Zweitligaspiel im Kader und feierte beim 2:0-Sieg in Nürnberg sein Profidebüt, als er in der Schlussphase eingewechselt wurde. Bleibt dieser Kurzeinsatz jetzt etwa sein vorerst einziger Auftritt im deutschen Profifußball?

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Nottingham Forest belegte zuletzt den 17. Platz in der Premier League und schaffte damit gerade noch den Klassenverbleib. Im Jahr davor hatte es auch nur zu Platz 16 in der 20 Teams großen Liga gereicht. Beides war aber durchaus ein Erfolg, denn der Club aus Mittelengland war nach dem Abstieg 1999 aus der Premier League 24 Jahre lang nur zweit- oder drittklassig gewesen. Dabei sind die „Tricky trees“ zumindest älteren HSV-Fans noch in unangenehmer Erinnerung. 1980 bezwang Nottingham den HSV im Endspiel des Europapokals der Landesmeister in Madrid eher glücklich mit 1:0.

Eric da Silva Moreira hat jetzt einen portugiesischen Berater

An diesen größten Triumph anzuknüpfen, wird für Nottingham Forest zweifellos in der näheren Zukunft äußerst schwer, auch wenn sich Eric Moreira da Silva weiter prächtig entwickeln sollte. Dank einer Option, die der FC St. Pauli im Anschluss an einen dreijährigen Fördervertrag gezogen hat, ist das große Hamburger Fußball-Juwel noch zwei Jahre an den FC St. Pauli gebunden. Daher würde bei einem Wechsel in diesem Sommer eine Ablöse fällig.

Nottingham Forest soll rund 1,5 Millionen Euro geboten haben. Eine durchaus stattliche Summe für einen Spieler, der bisher erst einen Kurzeinsatz im deutschen Profifußball aufweist. Andererseits gilt der erfolgreiche Abiturient als überaus großes Talent, das schon jetzt über eine vergleichsweise starke Physis verfügt. Auffällig ist auch seine Dynamik und Flankenqualität mit rechts.

Auch da Silva Moreiras Cousin spielt jetzt in England

Hintergrund des Flirts mit Nottingham Forest dürfte sein, dass Eric da Silva Moreira kürzlich seinen Berater gewechselt hat und jetzt von der portugiesischen Agentur Gestifute betreut wird, die etliche Nationalspieler Portugals unter Vertrag hat. Agenturchef Jorge Mendes war lange Berater von Cristiano Ronaldo, ist in der Premier League sehr gut vernetzt und pflegt intensive Kontakte zu Nottingham. Als prominenteste Spieler hat die Agentur Portugals Stars Ruben Dias (27) und Bernardo Silva (29) von Manchester City in ihrem Portfolio.

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Auch Eric da Silva Moreira hat portugiesische Wurzeln. Sein Vater stammt aus der früheren portugiesischen Kolonie Guinea-Bissau, während seine Mutter Polin ist. Regelmäßig halte er auch Kontakt zu seinem Cousin Diego Moreira (19), berichtete da Silva Moreira einmal im Abendblatt. Der Linksaußen wurde in Belgien geboren, steht beim FC Chelsea unter Vertrag steht und wird ebenfalls von der Agentur Gestifute vertreten.

Im Privatleben spricht der U-17-Weltmeister mehrere Sprachen

„Er bringt mir Französisch und ich ihm Deutsch bei. Portugiesisch sprechen wir auch ein bisschen, aber meistens unterhalten wir uns auf Englisch“, erzählte da Silva Moreira. Sprachprobleme wird er auf der britischen Insel also nicht bekommen, wenn es denn zum Wechsel in die Stadt von Robin Hood kommen.

Auf Nachfrage äußerte sich der FC St. Pauli am Mittwoch wie üblich nicht zum möglichen Wechsel von da Silva Moreira nach Nottingham. Dafür aber blickte der Club doch ein wenig auf die kommende Bundesligasaison hinaus und erklärte, dass trotz des Aufstiegs und der damit erhöhten Nachfrage die Kontingent von Auswärts-Dauerkarten (ADK) von bisher 350 nicht erhöht werden wird.

St. Pauli vergibt weiter maximal 350 Auswärts-Dauerkarten

Mehr noch: Wenn die bisherigen Inhaber ihr Verlängerungsrecht bis zum Fristende am 7. Juli nicht wahrnehmen, wird es keine Nachrücker geben. „Da auch in der Bundesliga einige Gästebereiche nicht so groß sind, werden wir eine Erhöhung des ADK-Kontingents nicht in Erwägung ziehen können. Neben den ADKs sollen auch stets noch Tageskarten angeboten werden, entsprechend bleibt das feste ADK-Angebot begrenzt“, teilte er FC St. Pauli jetzt mit. In der kommenden Saison haben Kiel und Heidenheim (je rund 15.000 Plätze) die kleinsten Stadien in der Bundesliga.