Hamburg. Neues Konzept für den Ballsaal Süd. Für die kommende Saison sind hier bereits knapp 400 Businessseats zu je 3700 Euro abgesetzt worden.

Die Freude kam bei Bernd von Geldern aus dem tiefsten Inneren. Als am späten Ostersonnabend der 1:0-Auswärtssieg des FC St. Pauli beim heimstarken 1. FC Heidenheim unter Dach und Fach gebracht war, umarmte der Geschäftsleiter Wirtschaft auf der Haupttribüne der Voith-Arena jeden Bekannten, der ihm dort begegnete, ganz fest.

„Natürlich denke ich bei so einem Sieg wie zuletzt in Heidenheim immer auch ein bisschen daran, was das für das Geschäftliche bedeutet. Es ist einfach so, dass im Erfolg die allgemeine Stimmungslage viel besser ist. Plötzlich ist das Bier wieder kalt genug, die Bratwurst schmeckt wieder besser und die T-Shirts, die im Regal lagen, werden wieder schneller gekauft“, beschreibt er die emotionalen Befindlichkeiten der Anhänger.

Es liegt auf der Hand, dass nach zehn Siegen in Folge und der damit verbundenen Wandlung vom Abstiegskandidaten zu einem potenziellen Aufstiegsanwärter die Neigung der St.-Pauli-Fans, auch über diverse Nebensächlichkeiten zu meckern, wenig ausgeprägt ist.

St. Paulis Ballsaal wird komplett neu gestaltet

In diesen Wochen aber geht es für von Geldern und seine gesamte Crew der Vermarktung auch um ein großes, mutiges und mit finanziellen Risiken verbundenes Projekt. Wie berichtet, wird in der Sommerpause der VIP-Bereich in und auf der Südtribüne des Millerntor-Stadions komplett neu gestaltet. Dies betrifft vor allem den Ballsaal Süd, in dem sich die Inhaber der Business-Seats vor und nach dem Spiel sowie in der Halbzeitpause aufhalten und Speisen und Getränke konsumieren.

Um das hier derzeit oft herrschende Gedränge zu vermeiden, wird es künftig nur noch 650 statt bisher 1000 Business-Seats auf der Südtribüne geben. Die übrigen 350 Plätze werden von der neuen Saison an als normale Sitzplatzkarten (Publictickets) ohne Catering angeboten.

Business-Seats kosten 3700 Euro bei St. Pauli

Allerdings kosten künftig die Business-Seats auf der Südtribüne 3700 Euro netto für die gesamte Saison. Das sind teilweise bis zu 50 Prozent mehr als bisher. Die große Frage war daher, wie diese erhebliche Preiserhöhung angenommen wird und ob die geplanten Verbesserungen wie ein neu gestaltetes Ambiente, deutlich weniger Enge, qualitativ bessere Speisen und die Möglichkeit, Auswärtsspiele in der neuen, in diesem VIP-Bereich angesiedelten Fan-Kneipe zu verfolgen, angenommen werden.

„Wir haben alle etwa 170 Kundinnen und Kunden, die bisher Business-Seats auf der Südtribüne hatten, persönlich angeschrieben und angerufen. Unser Ziel war es die bestehenden Verträge umzuschreiben und an die neuen Bedingungen ab Sommer anzupassen. Dazu haben wir in vier Präsenzveranstaltungen die Pläne vorgestellt und inhaltlich erklärt“, berichtet der 57 Jahre alte von Geldern. Man habe mit allen „eine gute Lösung“ gefunden.

Konkret sieht dies so aus, dass einige Kunden auf die Haupttribüne wechseln, wo ein Business-Seat in der kommenden Saison noch zum bisherigen Preis von 3000 bis 3300 Euro angeboten wird. Andere haben die Zahl ihrer gebuchten Business-Seats reduziert. Viele aber haben sich entschlossen, nichts zu verändern und die höhere Summe zu zahlen.

Kündigungswilliger Kunde ließ sich überzeugen

 Zu ihnen gehört auch der langjährige Business-Seat-Kunde Christoph Schleuter aus Sittensen. „Ursprünglich wollte ich diesmal kündigen, weil ich die Preiserhöhung in dieser Form nicht akzeptiert habe. Letztlich hat mich aber nach einigen Gesprächen das Konzept doch überzeugt. Ich probiere es jetzt aus und behalte meine erst einmal vier Karten“, sagte er am Donnerstag dem Abendblatt auf Nachfrage.

Das Zwischenergebnis der Verkaufsbemühungen kann sich sehen lassen. Von den 550 Business-Seats, die in den Verkauf gegangen sind, wurden laut von Geldern bereits knapp 400 abgesetzt. Rund 100 Plätze sind für die Angehörigen der Spieler vorgesehen.

„Ich bin guter Dinge , dass wir alle 550 Plätze komplett verkaufen werden. Dahinter steckt aber auch viel Arbeit unseres Vertriebsteams. Von selbst geht es nicht“, stellt von Geldern klar. Ab sofort können auch neue Interessenten diese Plätze für die neue Saison buchen.

Umbau schon vor der Siegesserie beschlossen

„Natürlich hilft uns jetzt der sportliche Erfolg dabei“, räumt von Geldern ein. „Aber ich betone, dass wir die Umbaumaßnahme angekündigt haben, als wir noch Tabellen-15. waren. Wir waren und sind von der Sache grundsätzlich überzeugt – ähnlich wie wir davon überzeugt waren, dass es richtig ist, unsere Trikots in Eigenregie herzustellen.“

Auf keinen Fall habe man Preise anheben wollen, was angesichts gestiegener Kosten ohnehin notwendig gewesen wäre, ohne das Produkt deutlich zu verbessern.

Bei den 39 Logen gibt es unterdessen zum Saisonwechsel lediglich einen Abgang eines Kunden, der umgehend ersetzt werden konnte. „Seit Jahren gibt es hier sehr wenig Fluktuation“, sagt von Geldern. Bei den rund 1000 Business-Seats, die auf der Haupttribüne für die gesamte Saison vergeben geben muss, habe es bis zum Stichtag 31. März eine Kündigungsquote von „rund fünf Prozent“ gegeben.

St. Pauli verlängert Dauerkarten im Mai

Bei den „normalen“ 15.500 Dauerkarten im „Public-Bereich“ wird die Verlängerungs- und Verkaufsphase erst im Mai anlaufen. Erfahrungsgemäß kommen hier von Saison zu Saison nur rund 100 Tickets zu neuen Besitzern, die davor jahrelang auf der Warteliste gestanden hatten. Hier spielt der sportliche Erfolg eine eher untergeordnete Rolle.