Hamburg. Zwei Top-Ten-Spieler und zwei French-Open-Sieger schlagen im Juli in Hamburg auf – und vielleicht sogar Sandplatzkönig Nadal.

Wenn am Rothenbaum Tennis- und Hockeyplätze unter Holzlatten verschwinden, VIP-Zelte, Getränke- und Wurststände aufgebaut werden, kündigen sich große Sportereignisse an. Vom 28. Juni bis 7. Juli schlagen die Beachvolleyballer zur Weltmeisterschaft in Harvestehude auf, zwei Wochen später 32 Tennisprofis zu den Hamburg European Open (20. bis 28. Juli). Als jetzt Veranstalter Peter-Michael Reichel (66) und Turnierdirektorin Sandra Reichel (47) im Club an der Alster ihr Personaltableau für das mit 1,713 Millionen Euro dotierte Tennisturnier vorstellten, taten sie dies mit einem Lächeln. „Wir können eines der stärksten Teilnehmerfelder der vergangenen zehn Jahre präsentieren“, sagte Peter-Michael Reichel.

Der Topstar kommt wie im Vorjahr aus Österreich: Dominic Thiem (25), Vierter der Weltrangliste, derzeit zweitbester Sandplatzspieler der Welt, der bei den French Open in Paris in diesem wie im vergangenen Jahr nur vom Spanier Rafael Nadal im Finale besiegt werden konnte. 2018 schied er am Rothenbaum im Viertelfinale aus. „Jetzt komme ich, um hier zu siegen“, sagt Thiem.

Im italienischen Tennis-Rowdy Fabio Fognini, der 2013 in Hamburg gewann, in dieser Woche erstmals unter den Top Ten der Weltrangliste steht, ist ein Sandplatzspezialist sein wohl größter Herausforderer. Fognini feierte acht seiner neun Turniersiege auf diesem Belag. In der Jahreswertung wird der 32-Jährige sogar auf Rang acht geführt. „Er ist einer der formstärksten Spieler auf der Tour“, sagt Sandra Reichel.

Rothenbaum-Macher hoffen auf Nadal

Das Teilnehmerfeld ist wie in den den vergangenen Jahren eine Mischung aus wenigen absoluten Weltklassespielern wie Thiem und Fognini, starken Sandplatz- und aufstrebenden Spielern mit Potenzial. Dazu gehören der Chilene Cristian Garin (23), der in diesem Jahr in München und Houston (USA) siegte, beide Male auf Sand, der Serbe Laslo Djere (24), 17. der Jahreswertung, Vorjahressieger Nikolos Bassi­laschwili (27) aus Georgien, 17. der Weltrangliste, und der 21 Jahre alte Russe Andrei Rubljow, den zuletzt Verletzungen auf Rang 81 zurückwarfen, in der Szene aber als künftiger Top-Ten-Spieler gehandelt wird.

Mit Jan-Lennard Struff (29) und Altmeister Philipp Kohlschreiber (35) stehen bisher nur zwei Deutsche über ihre Weltranglistenpositionen im Hauptfeld. Struff spielt dieses Jahr seine beste Saison, hat sich bis auf Platz 38 der Weltrangliste vorgeschlagen und ist im Ranking hinter Alexander Zverev (Nummer fünf) derzeit zweitbester deutscher Tennisprofi. Eine der vier Wildcards erhält Rudolf Molleker (18), der sich 2019 bei den Australian und French Open über die Qualifikation ins Hauptfeld spielte. Der Stuttgarter Yannik Maden (29) ist ein weiterer Freiplatz-Kandidat.

Große Hoffnungen, noch einen weiteren Topspieler zu engagieren, hegen die Reichels nicht. Der Grieche Stefanos Tsitsipas (20), Weltranglistensechster, ließ sich trotz intensiver Bemühungen nicht von einem Start in Hamburg überzeugen. Rafael Nadal (33), sagt Peter-Michael Reichel, könnte eventuell ein Thema werden, sollte er Anfang Juli in Wimbledon früh ausscheiden. Der Termin des Hamburger Turniers, eine Woche vor Beginn der nordamerikanischen Hartplatzsaison, bleibt ein Problem.

Umbau erhöht Chance auf Damenturnier

„Wir müssen viel Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Sandra Reichel, „die Vorzüge des Rothenbaums werden sich aber herumsprechen, besonders wenn nächstes Jahr die Modernisierung der Anlage abgeschlossen ist. Dann haben wir noch mehr gute Argumente auf unserer Seite.“ Ein zusätzliches Damenturnier bleibt für Juli 2020 eine Option. Die Chancen stünden 50:50, schätzen die Reichels. Mögliche logistische Probleme, etwa zu wenig Trainingsplätze und Umkleidekabinen, wie sie die Herrentennis-Organisation ATP befürchtet, würden im Zuge des Umbaus ausgeräumt.

Kevin Krawietz und Andreas Mies hingegen mussten nicht lange überzeugt werden, sie sagten spontan zu. Die Spiele der French-Open-Sieger im Doppel werden „selbstverständlich auf dem Centre-Court“ (Sandra Reichel) angesetzt. „Ich freue mich, bei solch einem tollen Turnier aufzuschlagen. Ich war schon einige Male als Zuschauer vor Ort. Es ist etwas ganz Besonderes, dort nun auch spielen zu dürfen“, sagte Mies. Krawietz/Mies könnten am Rothenbaum Historisches leisten. Zuletzt gewann mit Jürgen Faßbender/Hans-Jürgen Pohmann 1974 ein deutsches Duo in Hamburg.

Mit den neuen Veranstaltern kehrt das NDR-Fernsehen an den Rothenbaum zurück. Im Livestream zeigen ndr.de und sportschau.de von Mittwoch- bis Sonnabendnachmittag zwei ausgewählte Spiele auf dem Centre-Court, das Finale am Sonntag wird live im NDR-Fernsehen übertragen. „Wir freuen uns, dass dieses Traditionsturnier in neuem Glanz erstrahlt. Das Starterfeld verspricht Tennis auf höchstem Niveau“, sagt NDR-Sport-Redaktionsleiter Matthias Cammann.