Die russischen Leichtathleten dürfen wegen systematischen Dopings nicht bei Olympia in Rio starten. Nun ist das IOC am Zug.
Lausanne. Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat den Einspruch von 68 russischen Leichtathleten und des Nationalen Olympischen Komitees (ROC) gegen den Olympia-Ausschluss abgelehnt. Dies teilte das CAS am Donnerstag in Lausanne mit. Nach dem Urteil in letzter Instanz muss Russland nun fürchten, wegen staatlich gelenkten Dopings komplett von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro, die am 5. August eröffnet werden, ausgeschlossen zu werden.
Die wichtigste Reaktion kam prompt aus Moskau. „Es bleibt dabei: ein möglicher Boykott der Spiele wird nicht erwogen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) wollte das CAS-Urteil abwarten, bevor es über einen kompletten Sommerspiele-Bann der Russen entscheidet. Das IOC-Exekutivkomitee wird am Sonntag tagen. Verkündet werden könnte die Entscheidung entweder noch am gleichen Tag oder am Montag. Es wäre der erste Ausschluss eines Landes von Olympia wegen nachgewiesenen systematischen Dopings.
Der CAS bestätigte, das die Entscheidung des Weltverbandes IAAF regelkonform war und stellte fest, dass das ROC keine Leichtathleten für die Rio-Spiele nominieren darf. Die IAAF hatte Russlands Leichtathletikverband am 13. November 2015 wegen umfassenden Dopings suspendiert und die Sperre für internationale Wettkämpfe am 17. Juni über die Rio-Spiele hinaus verlängert.
Russland hält weiter dagegen
„Wir werden über weitere Schritte nachdenken. So möchten wir die Sache nicht belassen“, kündigte Sportminister Witali Mutko an. Der Weltverband IAAF begrüßte die Entscheidung: „Das Urteil hat gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Sportler geschaffen.“ Und Clemens Prokop, der deutsche Verbandspräsident, betonte: „Das ist ein wichtiges Zeichen für die Doping-Bekämpfung und die Glaubwürdigkeit des Sports.“
Allerdings ließ die IAAF die Tür zu Olympia für Sportler aus Russland offen, die nachweislich nicht in das Doping-System in ihrer Heimat involviert waren. Bisher wurde von der IAAF zwei Athletinnen das Sonderstartrecht erteilt: 800-Meter-Läuferin Julia Stepanowa, Kronzeugin des umfassenden Sportbetrugs in ihrer Heimat, und Weitspringerin Darja Klischina, die in Florida lebt, erhielten die Genehmigung. Ob sie bei Olympia antreten werden, ist offen.
Das IOC wird das CAS-Urteil bei der Entscheidung über einen Ausschluss aller Russen von den Rio-Spielen berücksichtigen. Grundlage für eine Sanktionierung wird aber vor allem der Bericht von Richard McLaren sein, der im Auftrag der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) die Doping-Anschuldigungen in Russland untersuchte.
Folgt ein Komplettausschluss von Olympia?
In dem WADA-Report wurde nicht nur festgestellt, dass auf Anordnung staatlicher Behörden im Kontrolllabor bei den Winterspielen 2014 in Sotschi positive Doping-Proben von russischen Athleten vertauscht und verfälscht wurden. Zwischen 2012 und 2015 sind laut McLaren zudem 643 positive Proben russischer und ausländischer Sportler in rund 30 Sportarten aussortiert worden. Außerdem sollen Doping-Proben von der Leichtathletik-WM 2013 in Moskau und der Schwimm-WM 2015 in Kasan manipuliert worden sein.
Ein Komplettausschluss Russlands von Olympia hat viele Befürworter, es gibt aber auch Athleten und Verbände, die eine pauschale Verurteilung ablehnen. So forderten 14 Nationale Anti-Doping-Organisationen in einem offenen Brief an IOC-Präsident Thomas Bach den Ausschluss. Ebenso sprach sich die Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes dafür aus.
Dagegen regte DOSB-Präsident Alfons Hörmann einen Teilausschluss der russischen Mannschaft an. „Ich würde die 20 Sportarten, in denen man Russland systematisches Doping nachgewiesen hat, ausschließen“, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes im Interview der „Bild“-Zeitung. Die Zahl 20 begründete er damit, dass von 28 Sommersportarten 20 betroffen seien, „in denen es nun zumindest einzelne klare Nachweise von Doping gibt“.