Hamburg. DOSB-Präsident Hörmann freut sich über die Zustimmung der Grünen. Die Kapitulation Berliner Politiker kann er indes nicht verstehen.
Der Bürgermeister hatte gute Laune, als er am Dienstagmittag im Gästehaus des Hamburger Senats vor die Presse trat. Das lag nicht in erster Linie an dem vorzüglichen Menü, bestehend aus Kartoffelsuppe mit Rauchlachs, Rinderfilet und Ochsenbacke an Petersilienwurzelpüree sowie einer Hamburger Gebäckmischung, das er im Beisein einer Delegation aus hochrangigen Vertretern des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sowie aus Politik und Sport in Hamburg eingenommen hatte. Vielmehr freute sich Olaf Scholz über die Worte, die DOSB-Präsident Alfons Hörmann für Hamburgs Pläne fand, sich für Olympische Sommerspiele 2024 oder 2028 zu bewerben.
Daten und Fakten zur Bewerberstadt Hamburg
Zum wiederholten Mal lobte der 54-Jährige, der am Vormittag in Begleitung von Generaldirektor Michael Vesper und dem im Vorstand für die Olympiabewerbung zuständigen Bernhard Schwank 75 Minuten lang im Rathaus mit Mitgliedern des Senats diskutiert hatte, das Konzept der Stadt als „herausragend“. Vor allem zeigte sich Hörmann beeindruckt davon, dass auch die gegenüber Olympia kritisch eingestellten Grünen konstruktiv an einer für eine breite Mehrheit tragbaren Bewerbung mitarbeiten wollen. „Die Landesvorsitzende hat mir versichert, dass ihre Partei das Konzept nicht nur nicht torpedieren, sondern es mit einer breiten Mehrheit unterstützen werde“, sagte Hörmann. Katharina Fegebank formulierte zurückhaltender, war vom Treffen mit der DOSB-Spitze aber ebenfalls angetan: „Es war wichtig, sich über die wichtigen Streitfragen auszutauschen. Das Thema Olympia beschäftigt uns derzeit in den Koalitionsverhandlungen. Wir haben unsere Positionen dargestellt, grundsätzlich sind Olympische Spiele eine faszinierende Idee“, sagte die Grünen-Landeschefin.
Dass ihre Parteikollegen in Berlin das nicht so empfinden und den Kampf gegen Hamburg ebenso aufgegeben haben wie andere namhafte Politiker aus der Hauptstadt, kann Hörmann nicht verstehen. „Ich weiß nicht, wie man in Berlin darauf kommt, dass das Rennen schon entschieden sei. Ich werde zum jetzigen Zeitpunkt keine Prognose abgeben, weil das nicht seriös wäre“, sagte er. Beide Bewerbungen seien so stark, dass man damit international reüssieren könne. Dies habe er dem Berliner Senat in der vergangenen Woche bei einem Besuch ebenso deutlich gemacht wie nun auch den Hamburger Kollegen. Noch lägen zudem die Ergebnisse der Umfragen unter 1500 Personen in beiden Bewerberstädten, die am vergangenen Wochenende beendet worden waren, nicht vor. Diese sollen am kommenden Dienstag im Anschluss an eine Präsidiumssitzung in der DOSB-Zentrale in Neu-Isenburg präsentiert werden.
Die Irritationen in Berlin, wo die Olympiafragen zum Teil mit einem Stimmungsbarometer zur Beliebtheit von Landespolitikern verknüpft worden waren, habe man mittlerweile ausräumen können, sagte Hörmann. „Wir haben das in der vergangenen Woche erfahren und sehr ernst genommen. Aber Forsa-Chef Manfred Güllner hat uns versichert, dass es keinerlei Beeinflussung gegeben hat.“ Am Dienstagnachmittag wollte Christian Sachs, Leiter des DOSB-Hauptstadtbüros, bei einem Besuch der Berliner Forsa-Dependance letzte Zweifel über Ungereimtheiten auslöschen.
Daten und Fakten zur Bewerberstadt Berlin
Über die Bedeutung der Umfrageergebnisse für die Kür der Kandidatenstadt, die am 21. März in der Frankfurter Paulskirche durch die DOSB-Mitgliederversammlung bestätigt werden soll, herrscht weiterhin Unklarheit. Hörmann bekräftigte erneut, dass sie „von zentraler Bedeutung, allerdings auch nicht allein ausschlaggebend“ seien. Fakt ist: Der DOSB will nach dem Desaster mit der Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2022, die in einem Bürgerentscheid durchfiel, die Stimmung in der Bevölkerung ausloten, bevor im September das Referendum ansteht. Im September 2014 hatten sich in einer Forsa-Umfrage 48 Prozent der Berliner und 53 Prozent der Hamburger für Spiele in ihrer Stadt ausgesprochen. Im Februar ermittelte Emnid in Hamburg 68 Prozent Zustimmung.
„Für uns ist sowohl die Höhe des Wertes als auch die Entwicklung wichtig“, sagte Hörmann. Liegt eine Stadt mit deutlichem Abstand – 15 Prozent plus – vor der anderen, wäre das vorentscheidend. Über die weiteren Bewertungskriterien will das DOSB-Präsidium am 10. März abschließend beraten und diese dann ebenfalls öffentlich machen. Auf jener Sitzung soll dann auch darüber befunden werden, welche der neun Präsidiumsmitglieder über den nationalen Olympiakandidaten abstimmen dürfen. So könnte Gudrun Doll-Tepper als Vorstandsmitglied des Berliner Landessportbundes ebenso als befangen gelten wie DOSB-Vize Leistungssport Ole Bischof, der in Hamburg wohnt.
Am 15. März werden die Entscheider im Frankfurter Hotel Lindner zur Tagung mit den nationalen Sportverbänden zusammentreten. Auf dieser Sitzung und dann noch einmal einen Tag später, wenn die DOSB-Führung mit Vertretern von Gewerkschaften, Kirchen, dem Städtetag, Transparency International und weiteren Experten aus allen gesellschaftlichen Bereichen zusammentrifft, haben die Sportsenatoren Frank Henkel (Berlin) und Michael Neumann die Chance, ihr Konzept in einer auf 15 Minuten begrenzten Präsentation erneut vorzustellen. Am Abend des 16. März wird das DOSB-Präsidium dann seine Empfehlung aussprechen, die fünf Tage später in der Paulskirche nur noch bestätigt werden soll. Erst dann wird Olaf Scholz wissen, ob seine gute Laune berechtigt war.